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§ 9 Die Lehre vom Verwaltungsakt, Grafiken und Mindmaps von Verwaltungsrecht

lich als „einseitige” Regelungen der Behörde ergehen. Durch die „Einseitigkeit” der Regelung unterscheidet sich der Verwaltungsakt vom ...

Art: Grafiken und Mindmaps

2021/2022

Hochgeladen am 28.06.2022

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Maximilian Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2009
§ 9 Die Lehre vom Verwaltungsakt
I. Begriff des Verwaltungsakts
1
Der Begriff des Verwaltungsakts wurde in der 1. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts aus der
französischen Rechtssprache in den deutschen Rechtskreis übernommen, hat hier aber schon
frühzeitig einen spezifischen, von der französischen Rechtslehre abweichenden Sinngehalt er-
fahren1. Er ist eine typisch juristische Zweckschöpfung und als solche ein Kernbegriff des
allgemeinen Verwaltungsrechts.
Während der Verwaltungsakt früher aufgrund des weitgehend vorherrschenden Enumerationsprinzips in
der Verwaltungsgerichtsbarkeit2 von entscheidender Bedeutung für die Frage war, ob überhaupt verwal-
tungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen das Verwaltungshandeln möglich war, ist er heute nur noch für
die Form des Rechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten ausschlaggebend: Die Aufhebung des
Verwaltungsakts kann nur mit der „Anfechtungsklage”, die Verurteilung der Behörde zum Erlass eines
Verwaltungsakts nur mit der „Verpflichtungsklage” begehrt werden. Damit zusammen hängt die Beson-
derheit, dass nur gegen Verwaltungsakte3 ein „Widerspruch” möglich, aber auch – im Hinblick auf seine
drohende Unanfechtbarkeit erforderlich ist (vgl. § 68 VwGO). Der Verwaltungsakt ist weiterhin be-
deutsam für das von der Behörde einzuhaltende Verfahren 9 VwVfG) sowie die besondere Be-
standskraft des Verwaltungshandelns (§§ 48, 49 VwVfG). Insofern ist er ein unverändert wichtiges
Instrument insbesondere der Massenverwaltung4. Er ist schließlich als Vollstreckungstitel” wesentli-
che Grundlage r die zwangsweise Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Pflichten durch die Behörde
mittels Verwaltungszwangs. Angesichts des damit verbundenen, eigenständigen Eingriffsgehalts, der in
der Wahl der Handlungsform „Verwaltungsakt” liegt, ist diese auf eine spezifische normative Legitima-
tion angewiesen5.
2
Nach der Legaldefinition des § 35 Satz 1 VwVfG ist Verwaltungsakt „jede Verfügung, Ent-
scheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfal-
les auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach
außen gerichtet ist”.
Danach erhält der Begriff des Verwaltungsakts fünf wesentliche Merkmale, die es nachfolgend
näher zu erläutern gilt: (1) Hoheitliche Maßnahme (auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts),
(2) einer Behörde (3) mit Regelungscharakter, (4) gerichtet auf Außenwirkung, (5) einen Ein-
zelfall betreffend.
1. Hoheitliche Maßnahme
3
Der Handlungstyp des Verwaltungsakts ist zunächst gekennzeichnet als (hoheitliche) Maß-
nahme”, deren Erscheinungsformen „Verfügung” und „Entscheidung” lediglich beispielhaft
besonders hervorgehoben sind. Maßnahme in diesem Sinne ist jedes zweckgerichtete, auf eine
rechtliche Regelung hinzielende Handeln. Dieses ist nicht auf eine bestimmte Form etwa die
der schriftlichen oder mündlichen Anordnung beschränkt, sondern kann auch durch Zeichen
oder andere Mittel (konkludent) erfolgen. Maßnahme ist auch, wie sich aus § 37 Abs. 4 VwVfG
ergibt, ein von einem Träger öffentlicher Verwaltung veranlasstes und damit ihm zurechenbares
1 Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 2; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 15 mwN.
2 Siehe Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 3.
3 Ausnahme: § 126 Abs. 3 BRRG; vgl. unten § 12 Rn. 7.
4 Bachof, VVDStRL 45, 279.
5 Siehe oben § 3 Rn. 16 ff, § 7 Rn. 17.
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Maximilian Wallerath, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2009

§ 9 Die Lehre vom Verwaltungsakt

I. Begriff des Verwaltungsakts

Der Begriff des Verwaltungsakts wurde in der 1. Hälfte des vergangenen Jahrhunderts aus der

französischen Rechtssprache in den deutschen Rechtskreis übernommen, hat hier aber schon

frühzeitig einen spezifischen, von der französischen Rechtslehre abweichenden Sinngehalt er-

fahren^1. Er ist eine typisch juristische Zweckschöpfung und als solche ein Kernbegriff des

allgemeinen Verwaltungsrechts.

Während der Verwaltungsakt früher aufgrund des weitgehend vorherrschenden Enumerationsprinzips in der Verwaltungsgerichtsbarkeit^2 von entscheidender Bedeutung für die Frage war, ob überhaupt verwal- tungsgerichtlicher Rechtsschutz gegen das Verwaltungshandeln möglich war, ist er heute nur noch für die Form des Rechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten ausschlaggebend: Die Aufhebung des Verwaltungsakts kann nur mit der „Anfechtungsklage”, die Verurteilung der Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts nur mit der „Verpflichtungsklage” begehrt werden. Damit zusammen hängt die Beson- derheit, dass nur gegen Verwaltungsakte^3 ein „Widerspruch” möglich, aber auch – im Hinblick auf seine drohende Unanfechtbarkeit – erforderlich ist (vgl. § 68 VwGO). Der Verwaltungsakt ist weiterhin be- deutsam für das von der Behörde einzuhaltende Verfahren (§ 9 VwVfG) sowie die besondere Be- standskraft des Verwaltungshandelns (§§ 48, 49 VwVfG). Insofern ist er ein unverändert wichtiges Instrument insbesondere der Massenverwaltung^4. Er ist schließlich als „ Vollstreckungstitel ” wesentli- che Grundlage für die zwangsweise Durchsetzung öffentlich-rechtlicher Pflichten durch die Behörde mittels Verwaltungszwangs. Angesichts des damit verbundenen, eigenständigen Eingriffsgehalts, der in der Wahl der Handlungsform „Verwaltungsakt” liegt, ist diese auf eine spezifische normative Legitima- tion angewiesen^5.

2

Nach der Legaldefinition des § 35 Satz 1 VwVfG ist Verwaltungsakt „jede Verfügung, Ent-

scheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfal-

les auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach

außen gerichtet ist”.

Danach erhält der Begriff des Verwaltungsakts fünf wesentliche Merkmale, die es nachfolgend

näher zu erläutern gilt: (1) Hoheitliche Maßnahme (auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts),

(2) einer Behörde (3) mit Regelungscharakter, (4) gerichtet auf Außenwirkung, (5) einen Ein-

zelfall betreffend.

1. Hoheitliche Maßnahme

Der Handlungstyp des Verwaltungsakts ist zunächst gekennzeichnet als (hoheitliche) „ Maß-

nahme ”, deren Erscheinungsformen „Verfügung” und „Entscheidung” lediglich beispielhaft

besonders hervorgehoben sind. Maßnahme in diesem Sinne ist jedes zweckgerichtete, auf eine

rechtliche Regelung hinzielende Handeln. Dieses ist nicht auf eine bestimmte Form etwa die

der schriftlichen oder mündlichen Anordnung beschränkt, sondern kann auch durch Zeichen

oder andere Mittel (konkludent) erfolgen. Maßnahme ist auch, wie sich aus § 37 Abs. 4 VwVfG

ergibt, ein von einem Träger öffentlicher Verwaltung veranlasstes und damit ihm zurechenbares

(^1) Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 2; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 15 mwN. (^2) Siehe Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 3. (^3) Ausnahme: § 126 Abs. 3 BRRG; vgl. unten § 12 Rn. 7. (^4) Bachof, VVDStRL 45, 279. (^5) Siehe oben § 3 Rn. 16 ff, § 7 Rn. 17.

Produkt mit Entscheidungs- oder Steuerungscharakter^6 , das Ergebnis eines automatisierten

Verwaltungsablaufs ist (z.B. mit Hilfe der automatisierten Datenverarbeitung erstellter Steuer-

bescheid, automatische Ampelsteuerung).

Die Maßnahme muss „ hoheitlicher ” Natur sein. Das ist der Fall, wenn es sich um eine einseitig

regelnde^7 Maßnahme aufgrund öffentlichen Rechts handelt; der besonderen Erwähnung in § 35

Satz 1 VwVfG, dass es sich um die Regelung eines Einzelfalles „auf dem Gebiet des öffentli-

chen Rechts” handeln müsse, bedarf es streng genommen nicht mehr, da eine hoheitliche Maß-

nahme ohnehin nur als öffentlich-rechtliche denkbar ist^8.

Maßnahmen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts setzen zunächst voraus, dass es sich überhaupt um Maßnahmen auf der „ Rechtsebene ” handelt. Erkennt man die Möglichkeit einer „rechtsfreien” Sphäre bei der Ausübung staatlicher Gewalt an, und dies dürfte allenfalls im Rahmen von „Gnadenentscheidun- gen” in Betracht zu ziehen sein^9 , so scheidet insoweit die Annahme eines Verwaltungsakts von vornhe- rein aus. Aufgrund „öffentlichen Rechts” ergeht eine Maßnahme, wenn sie auf eine Norm gestützt ist, die notwendigerweise einen Träger hoheitlicher Gewalt voraussetzt. Es kommt nicht darauf an, ob die Maßnahme tatsächlich ihre Grundlage in einer Norm des öffentlichen Rechts findet, wenn die Behörde erkennbar die Befugnis zu einseitiger hoheitlicher Regelung für sich in Anspruch genommen hat^10.

Keine „hoheitlichen” Maßnahmen sind Maßnahmen aufgrund des privaten Rechts. Das schließt nicht aus, dass eine aufgrund öffentlichen Rechts getroffene Maßnahme – als „privatrechtsgestaltender” Ver- waltungsakt – auch Rechtswirkungen im Hinblick auf die Gestaltung privatrechtlicher Rechtsverhältnis- se haben kann, so die Bodenverkehrsgenehmigung nach § 22 BauGB, die Vorkaufsrechte nach §§ 24 ff BauGB, die Entscheidung über die Rückübertragung von Eigentum nach § 3 VermG, die Zustimmung der Hauptfürsorgestelle zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen nach § 85 SGB IX sowie die Überleitung eines Anspruchs durch den Sozialhilfeträger nach § 93 SGB XII^11.

Aus dem Merkmal der „Hoheitlichkeit” der Maßnahme folgt, dass Verwaltungsakte grundsätz-

lich als „ einseitige ” Regelungen der Behörde ergehen. Durch die „Einseitigkeit” der Regelung

unterscheidet sich der Verwaltungsakt vom öffentlich-rechtlichen Vertrag. Das schließt nicht

aus, dass in Einzelfällen der Erlass eines Verwaltungsakts auch an die Mitwirkung des Betrof-

fenen geknüpft sein kann; auch in diesen Fällen des „mitwirkungsbedürftigen” Verwaltungsakts

bleibt jedoch die von der Behörde getroffene Regelung als solche der eigentliche Geltungs-

grund für die angeordnete Rechtsfolge^12.

2. Behörde

Eine als Verwaltungsakt zu qualifizierende Maßnahme kann nur durch eine „ Behörde ” erge-

hen. § 1 Abs. 4 VwVfG beschreibt als Behörde im Sinne des Verwaltungsverfahrensgesetzes

„jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt”. Aus dem Umstand, dass

(^6) Siehe auch Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 2. (^7) Teils wird das Merkmal der „Einseitigkeit” auch dem Element der „Regelung” zugeordnet (so z.B. Stober,

in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 38; Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 33). In der praktischen Prüfung gehen beide Merkmale ineinander über, systematisch kennzeichnet die „Hoheitlichkeit” allerdings auch die Einsei- tigkeit einer öffentlich-rechtlichen Regelung. (^8) Ebenso Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 40.

(^9) Siehe § 3 Rn. 3. Andernfalls stellte sich die Frage nach dem Vorliegen eines „Justizverwaltungsakts”, vgl.

hierzu Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 35 mwN. (^10) Vgl. § 1 Rn. 41; s.a. nachfolg. Rn. 42 (^11) Hierzu BVerwGE 41, 115, 116; Ossenbühl, DVBl 1990, 965 mwN. (^12) Vgl. unten Rn. 59.

3. Regelung

Die als Verwaltungsakt zu qualifizierende Maßnahme muss einen besonderen „Regelungsge-

halt” aufweisen, d. h. sie muss als solche eine eigene Rechtswirkung entfalten, indem sie auf

eine unmittelbare Änderung oder Konkretisierung eines Rechtsverhältnisses gerichtet ist.

Der Verwaltungsakt lässt sich daher auch kennzeichnen als eine verbindliche, in einer bestimm-

ten Angelegenheit die Rechtsfolge „abschließend” bestimmende (und insoweit stets „Entschei-

dungscharakter” tragende^22 hoheitliche Anordnung. Hierzu zählen sowohl Ge- und Verbote

(„Verfügungen“) wie auch Rechtsverhältnisse gestaltende (insbesondere „Genehmigungen”

und „Erlaubnisse”) oder feststellende Entscheidungen.

Der „Regelungscharakter” der Maßnahme hebt den Verwaltungsakt entscheidend vom schlicht

hoheitlichen und rein tatsächlichen Verwaltungshandeln ab. Der Regelungsgehalt einer behörd-

lichen Maßnahme kann sich auch aus einer entsprechenden normativen „Typisierung” als

„verbindliche” hoheitliche Entscheidung ergeben, so bei Genehmigungen, Erlaubnissen und

Ernennungen oder bestimmten, gesetzlich vorgeschriebenen Registereintragungen (z.B. die Ein-

tragung in die Handwerksrolle, das Baulastverzeichnis^23 oder entsprechende, gesetzlich ausge-

staltete Bescheinigungen wie die Bescheinigung nach § 2 Abs. 2 des Investitionsgesetzes sowie

die über die Anerkennung einer Wohnung als „steuerbegünstigt“^24 oder die Entscheidung über

die Informationsgewährung nach §§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 4 IFG).

Fehlt es an einer entsprechenden normativen Aussage, so sind Registereintragungen (z. B. die Eintra- gung in das Verkehrszentralregister^25 oder in die Einwohnermeldekartei^26 ) wie auch Bescheinigungen lediglich als Ausprägungen „schlichten” Verwaltungshandelns ohne Regelungsgehalt zu werten.

Die Ablehnung eines Antrages hat jedenfalls dann Verwaltungsaktsqualität, wenn das abge-

lehnte Verwaltungshandeln seinerseits als Verwaltungsakt anzusehen wäre (z. B. die Ableh-

nung einer „Bewilligung” oder „Genehmigung” oder die Mitteilung an den Bewerber um eine

ausgeschriebene Beamtenstelle, die Stelle sei einem Mitbewerber übertragen^27. Die jüngere

Rechtsprechung wie auch das Schrifttum^28 gehen zunehmend darüber hinaus und messen jeder

förmlichen Ablehnung einer beantragten Amtshandlung Regelungsgehalt bei, unabhängig da-

von, ob deren Vornahme ein Verwaltungsakt oder schlichtes Verwaltungshandeln wäre.

Die Rechtsprechung will gar die Auskunft als solche als Verwaltungsakt behandeln, wenn sie im Rah- men eines der Behörde ausdrücklich eingeräumten Abwägungsprozesses ergeht und so der Erteilung oder Verweigerung der Auskunft ein eigenes Verfahren vorgeschaltet ist. Konsequenz dieser Auffassung ist, dass der Anspruch auf Auskunftserteilung in derartigen Fällen nur mit der Verpflichtungsklage, nicht mit der allgemeinen Leistungsklage verfolgt werden kann^29. Einem solchen „Abwägungsmodell folgen inzwischen auch §§ 7, 9 Abs.4 IFG für Auskünfte nach dem Informationsfreiheitsgesetz.

(^22) Siehe Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 24 mwN. (^23) Siehe § 1 Abs. 1 HandwO, § 78 Abs. 1 S. 2 LBauO NW. (^24) Hierzu BVerwG, NVwZ 1988, 941; BVerwGE 60, 111 f. (^25) BVerwGE 77, 268.

(^26) Lässig, JuS 1990, 463 f.; s. aber auch NdsOVG, DVBl 1972, 505. (^27) BVerwG, NVwZ 1989, 158; allgemein: BremOVG, NJW 1989, 926; Steiner, JuS 1984, 859. (^28) BVerwG, NVwZ 1986, 1011; VGH BW, NJW 1991, 2786; Bull/Mehde, VerwR § 18 Rn. 699; Lässig, JuS

1990 462; Mengel, Die Verwaltung 1990, 377, 388; Robbers, DÖV 1987, 276. (^29) S.a. BVerwGE 31, 301 (Nennung eines Informanten eines Landesamtes für Verfassungsschutz); krit. Berl-

OVG, NVwZ-RR 1997, 33.

Demgegenüber fehlt es an einem Regelungscharakter bei der Aufbewahrung bzw. Vernich-

tung erkennungsdienstlicher Unterlagen durch Strafverfolgungsbehörden, bei dem Widerruf

ehrenrühriger Äußerungen, der „spontanen” Auskunftserteilung, bei behördlichen Hinweisen,

Empfehlungen oder Warnungen^30.

Das dürfte auch für die Bekanntgabe von „ Smog-Alarm ” nach §§ 40, 49 Abs. 2 BImSchG gelten. Die- ser lässt sich nur dann ein eigenständiger Regelungsgehalt beimessen, wenn man in ihr die verbindliche Feststellung der an eine (konkret ermittelte) „austauscharme Wetterlage” geknüpften besonderen Pflich- tenlage sieht^31 – eine Deutung, die angesichts der gesetzlichen Rechtsfolgeanordnung nicht unbedingt überzeugend erscheint^32.

An einer Regelung fehlt es weiterhin bei einem bloßen Hinweis der Behörde auf die Rechtsla-

ge oder auf einen bereits früher ergangenen Bescheid. Dagegen ist die Ablehnung eines Antra-

ges auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Unanfechtbarkeit eines Verwaltungsakts stets

(verfahrensrechtliche) Regelung und damit Verwaltungsakt, auch wenn die Behörde nicht in

eine erneute Prüfung der Sach- oder Rechtslage eingetreten ist, sondern lediglich auf die

„Unanfechtbarkeit” des Erstbescheides verweist (sog. „wiederholende Verfügung“): Die Ab-

lehnung des Antrages enthält die (gegebenenfalls konkludente) verbindliche Verneinung des

Anspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG und die negative

Ermessens-ausübung nach § 51 Abs. 5 in Verbindung mit § 48 Abs. 1 bzw. 49 Abs. 1 VwVfG^33.

Mit der Anerkennung der Verwaltungsaktsqualität ist allerdings nicht ohne weiteres die (erneute) ge- richtliche Überprüfbarkeit der Rechtmäßigkeit des unanfechtbar gewordenen Verwaltungsakts eröff- net: Hat die Behörde ohne erneute Prüfung der Sach- oder Rechtslage das Wiederaufgreifen des Verfah- rens abgelehnt, so kann die Entscheidung gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob die Voraussetzun- gen des § 51 Abs. 1 VwVfG vorliegen oder ob die Behörde ermessensfehlerfrei ein Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt hat^34. Ist die Behörde dagegen auf Antrag des Betroffenen in eine erneute sachliche Prüfung eingetreten und hat sie aufgrund dieser Prüfung den ursprünglich ergangenen Be- scheid inhaltlich bestätigt (sog. „ Zweitbescheid “), so wird damit die volle gerichtliche Überprüfbarkeit der Sachentscheidung (wieder) eröffnet^35.

Gegebenenfalls ist durch Auslegung zu ermitteln, ob eine behördliche Maßnahme Regelungs-

charakter trägt oder einer eigenen, verbindlichen Rechtsfolgeanordnung entbehrt^36. Regelungs-

charakter kommt einer Maßnahme nur zu, wenn sie erkennen lässt, dass eine „verbindliche”

Rechtsfolgeanordnung beabsichtigt ist; die Beifügung einer Rechtsmittelbelehrung oder die

Androhung von Verwaltungszwang (die ihrerseits Verwaltungsakt ist) ist hierfür maßgebliches

Indiz^37.

So enthält die schlichte „ Zahlungsaufforderung ” – im Gegensatz zum verbindlichen, als Vollstre- ckungsgrundlage fungierenden „Leistungsbescheid” – keine selbständige Rechtsfolgeanordnung; sie ist daher kein Verwaltungsakt. – Regelmäßig ist auch eine formularmäßige Abwicklung publikumsnaher Leistungsverwaltung (sog. „Schalterakt”) kein Verwaltungsakt, was nicht ausschließt, dass ein entspre- chender Vorgang der Massenverwaltung aus besonderem Anlass auch zum Gegenstand einer verbindli-

(^30) Hierzu BVerwGE 71, 186; BayVGH, NJW 1986, 3221; s.a. oben § 2 Rn. 17. (^31) So Bull/Mehde, VerwR § 18 Rn. 705; Appel/Melchinger, VerwArch 84 (1993), 377 f. (^32) Vgl. Kluth, NVwZ 1987, 961; abw. Maurer, VerwR § 9 Rn. 21. (^33) BVerfGE 27, 304; BVerwGE 57, 345; Maurer, JuS 1976, 31.

(^34) OVG NW, NVwZ 1995, 1138; Meyer/Borgs, VwVfG § 48 Rn. 74 f, § 51 Rn. 4. (^35) BVerwGE 44, 334; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 31. (^36) BVerwGE 41, 306; BVerwG, NVwZ 1988, 52. (^37) Siehe BVerwG, NVwZ 1988, 52. Eine fehlende „Außenwirkung” kann hierdurch jedoch nicht überspielt

werden; vgl. Schenke, DÖV 1990, 1013.

4. Gezielte Außenwirkung

Die Regelung der Behörde muss auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein.

Dadurch, dass die Regelung (bestimmungsgemäß) eine unmittelbare Rechtswirkung Dritten

gegenüber entfaltet, unterscheidet sich der Verwaltungsakt von bloß verwaltungsinternen Maß-

nahmen.

Die Behörde muss die Außenwirkung der Regelung beabsichtigt haben. Ohne die Intention der

Außenwirkung erhält die Maßnahme einer Behörde auch dann keine Verwaltungsaktsqualität,

wenn sie sich rein tatsächlich über den verwaltungsinternen Bereich hinaus auf „Außenstehen-

de” auswirkt. So wird eine als verwaltungsinterne Maßnahme getroffene innerdienstliche Rege-

lung nicht deshalb zum Verwaltungsakt, weil sie ausnahmsweise Außenwirkung entfaltet, wie

etwa eine mit einer Ortsveränderung verbundene dienstliche Umsetzung^48.

Im Hinblick auf die fehlende (intendierte) Außenwirkung sind daher intrabehördliche Maßnahmen , die lediglich Regelungen im internen Bereich treffen (z.B. eine Dienstpostenbewertung^49 ), keine Ver- waltungsakte. Innerbetriebliche Weisungen im Rahmen verwaltungsrechtlicher „Sonderverhältnisse“^50 haben keine Verwaltungsaktsqualität, wenn sie nur eine Regelung im sog. „Betriebsverhältnis“ der Wahrnehmung des jeweiligen konkreten Amtes, nicht aber in dem die persönlichen Beziehungen des Amtswalters zu seinem Dienstherrn bestimmenden „Grundverhältnis” treffen^51. Im beamtenrechtlichen „Betriebsverhältnis” ergehen „amtsadressierte” Anordnungen, die den Bediensteten lediglich in seiner Funktion als Amtswalter über die allgemeine Amtswahrnehmungspflicht^52 betreffen (z. B. Art der Auf- gabenerledigung, Arbeitsplatzgestaltung). Das „Grundverhältnis” ist berührt, wenn die persönliche Rechtsstellung des Bediensteten betroffen ist (z. B. Besoldung, Urlaub, Versetzung, Entlassung). Ähn- lich wird bei den sonstigen Sonderverbindungen darauf abgestellt, ob die Maßnahme den jeweiligen Adressaten [z. B. Schüler^53 , Strafgefangenen] lediglich in der Art seiner Einordnung in den „Betrieb” oder in seiner persönlichen Rechtsstellung – über den internen Betriebsablauf hinaus – betrifft (insbe- sondere durch Begründung, Veränderung oder Beendigung des Status des jeweiligen Rechtssubjekts). Die Unterscheidung zwischen „Betriebsverhältnis” und „Grundverhältnis” ist zwar nicht ohne Kritik geblieben^54 , dürfte aber trotz der Schwierigkeiten einer Abgrenzung im einzelnen als im wesentlichen zutreffende Entscheidungshilfe beizubehalten sein^55 , auch wenn die damit ursprünglich verbundene Vor- stellung eines „rechtsfreien” (und damit „gerichtsfreien”) Betriebsverhältnisses heute überwunden ist.

Weisungen von vorgesetzten Stellen an nachgeordnete Dienststellen des gleichen Hoheits-

trägers sind ebenfalls keine Verwaltungsakte. Gleiches gilt nach herrschender Meinung^56 bei

Weisungen gegenüber selbständigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Auftrags-

angelegenheiten (Pflichtaufgaben nach Weisung)^57. Dagegen tragen Aufsichtsmaßnahmen ge-

genüber juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Selbstverwaltungsangelegenheiten

(^48) BVerwGE 60, 144 ff. Damit ist die Frage des Rechtsschutzes als solchen indes noch nicht beantwortet,

vgl. Art. 19 Abs. 4 GG sowie BVerwG, DVBl 1981, 495. (^49) BVerwGE 36, 218. (^50) Hierzu oben § 4 Rn 51 ff. (^51) Grundlegend Ule, VVDStRL 15 (1957), 152 ff. (^52) Vgl. Schnapp, Amtsrecht und Beamtenrecht, 1977, S. 155. (^53) Näher Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 76 f; Ossenbühl, DVBl 1977, 809 Fn. 50.

(^54) Vgl. Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 46; Paetzold, DVBl 1974, 454 f. mwN. (^55) Ebenso Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 56; s.a. Menger, VerwArch. 68 (1977), 175 f. (^56) BVerwG, DÖV 1992, 536; Forsthoff S. 572; Kopp/Ramsauer, VwVfG § 35 Rn. 101 vgl. demgegenüber

Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 78 f. (^57) Siehe hierzu oben § 6 Rn. 70.

grundsätzlich „Verwaltungsaktscharakter”, da hier die „Außenwirkung” beabsichtigt ist^58.

Angesichts der „finalen” Ausrichtung des Verwaltungsakts ist es jedenfalls nicht angängig, die Frage der Rechtsqualität einer aufsichtsbehördlichen Weisung allein von ihrer Rechtmäßigkeit, d.h. der Über- schreitung des Weisungsrechts, abhängig zu machen^59. Verneint man daher die Verwaltungsaktsqualität einer aufsichtsbehördlichen Weisung im übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinde, so wird diese auch nicht dadurch zum Verwaltungsakt, dass sie tatsächlich die Grenzen der Weisungsbefugnis gegen- über der Gemeinde überschreitet^60.

Beteiligungserklärungen dritter Behörden im Rahmen „ mehrstufiger” Verwaltungsakte^61 wer-

den regelmäßig als Maßnahmen zu werten sein, die eine das Verwaltungsverfahren abschlie-

ßende Entscheidung lediglich vorbereiten; als solche weisen sie selbst keine

Verwaltungsaktsqualität auf^62.

Selbst wenn der Erteilung bzw. Versagung der Zustimmungserklärung durch die dritte Behörde Verwaltungsaktsqualität zuzuerkennen sein sollte, folgt hieraus noch nicht ein selbständiges Klagerecht des Antragstellers, etwa im Baugenehmigungsverfahren, gegenüber der Beteiligungsbehörde. Die mög- liche Verwaltungsaktsqualität der ablehnenden Entscheidung dieser Behörde ändert nichts daran, dass die Entscheidung der Beteiligungsbehörde unmittelbare Rechtswirkungen nur im Verhältnis zu der fe- derführenden Genehmigungs-(Erlaubnis-)behörde entfaltet und nur unselbständige Verfahrenshand- lung im Rahmen des eigentlichen Genehmigungsverfahrens darstellt.

Die Frage der Rechtmäßigkeit einer Verweigerung des Einverständnisses etc. durch die dritte

Behörde kann daher, wie sich auch aus § 44a VwGO ergibt, nur im Rahmen einer Klage gegen

die Genehmigungsbehörde ( inzidenter ) überprüft werden^63.

Der Gesichtspunkt, dass einem behördlichen Handeln nicht gleichzeitig zwei gegensätzliche rechtliche Qualifikationen zukommen können^64 , schließt diese Konsequenz nicht aus: Die Bejahung der Verwaltungsaktsqualität der Beteiligungserklärung ändert nichts daran, dass es sich dabei um ein (ledig- lich unmittelbare Rechtswirkungen zwischen zwei Hoheitsträgern entfaltendes) unselbständiges Verwal- tungshandeln im Rahmen eines weiteren (Genehmigungs- etc.) Verfahrens handelt. Dementsprechend steht auch die Tatsache, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung einer Satzung im Rahmen eines Rechtssetzungsverfahrens ergeht, keineswegs deren Qualifizierung als „Verwaltungsakt” in ihren Rechtswirkungen gegenüber der Selbstverwaltungskörperschaft entgegen^65.

Entsprechendes gilt für die Anordnung einer Behörde gegenüber einer anderen Behörde, soweit

erst deren (die Anordnung vollziehende) Entscheidung unmittelbare Rechtswirkungen gegen-

über dem Bürger entfaltet: Ausschlaggebend ist hier, dass dem Bürger mangels unmittelbarer

rechtlicher Betroffenheit keine Klagebefugnis zusteht, selbst wenn die Anordnung aufgrund

ihrer die (einem anderen Rechtsträger zugehörende) angewiesene Behörde unmittelbar binden-

de Wirkung Verwaltungsaktsqualitäten besitzt.

Beispiel : Die Anordnung der Straßenverkehrsbehörde an eine Gemeinde als Straßenbehörde zur An- bringung eines Verkehrsschildes stellt aufgrund der darin liegenden, gezielten Einwirkung auf die plane-

(^58) Insoweit unstr., siehe nur BVerwGE 19, 123; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 44 mwN. (^59) Missverständlich BayVGH, DÖV 1978, 100; OVG NW, OVGE 7, 139; Püttner, VerwR S. 101. (^60) So zutreffend Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 43; s.a. Krause S. 131. (^61) Z.B. §§ 14 II, 19 IV, 31 I und II, 36 I, 37 II BauGB; § 9 II FStrG; s.a. § 5 III JÖSchG; näher Rn. 65 - 67.

(^62) Vgl. vorstehend zu Rn. 21. (^63) BVerwGE 26, 40 ff; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 63; Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 58;

zu den Ausnahmen: Kopp/Ramsauer, VwVfG § 35 Rn. 42. Abweichend Fickert, DVBl 1964, 173 f. (^64) Anders BVerwG, DÖV 1994, 346 f. mwN. (^65) Im Ergebnis ebenso BVerwGE 95, 133; BVerwG, DÖV 1994, 346; s.a. Schenke, JZ 1996, 1059.

gelungen gegenüber verschiedenen, der Person nach feststehenden Adressaten, deren rechtliches Schick- sal i.d.R. unabhängig voneinander ist (sog. „Sammelverfügung“)^73.

b) Wendet sich die Anordnung an eine im Zeitpunkt ihres Erlasses unbestimmte Vielzahl von

Personen zur Regelung einer unbestimmten Zahl von Lebenssachverhalten, so handelt es sich

um eine generelle und abstrakte Anordnung.

Eine solche Anordnung läge z. B. vor bei dem Gebot „Alle Personen haben unverzüglich einen Schutz- raum aufzusuchen, wenn ein bestimmtes Signal ertönt”. Regelungen dieser Art können nur in Form ei- nes Rechtssatzes (als Rechtsnorm) erfolgen.

c) Die Regelung kann ausnahmsweise auch individuell/abstrakt sein, d. h. sich lediglich an

einen (oder mehrere bestimmte) Adressaten wenden, diesem aber ein Verhalten aufgeben, das

in unbestimmt vielen Lebenssachverhalten zu beachten ist.

Um eine solche Regelung handelt es sich, wenn dem Adressaten (etwa im Hinblick auf Steinbruch- arbeiten) aufgegeben wird, „immer dann, wenn ein bestimmtes Signal ertönt, einen Schutzstand aufzu- suchen“.

Diese Fälle individuell/abstrakter Anordnungen werden aus Gründen der größeren Sachgerech-

tigkeit (Form der Bekanntgabe, Rechtsschutz) noch als Regelungen von „Einzelfällen” angese-

hen; sie können damit – im Ergebnis unstreitig^74 – in Form von Verwaltungsakten ergehen.

d) Die Regelung kann schließlich auch generell/konkret ausgestaltet sein, d. h. sich in einer

bestimmten Situation an eine unbestimmte Vielzahl von Adressaten wenden. Es ist dies einer

der drei Fälle, die nach § 35 Satz 2 VwVfG als „ Allgemeinverfügung ” anzusehen sind. Allge-

meinverfügung ist danach u.a. ein Verwaltungsakt, der sich „an einen nach allgemeinen Merk-

malen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet”.

Ein gängiges^75 Beispiel für eine derartige ( personenbezogene ) „Allgemeinverfügung” ist die nach ei- nem Gasrohrbruch ergehende polizeiliche Aufforderung an alle Personen, die sich in den umliegenden Häusern aufhalten, die Häuser unverzüglich zu verlassen. Entsprechendes gilt für die polizeiliche Auflö- sung einer nicht angezeigten Demonstration und das Gebot an die Teilnehmer, sich vom Ort der De- monstration ohne Verzug zu entfernen.

Diese Fälle von Allgemeinverfügungen sind deshalb wenig problematisch, weil der betroffene

Personenkreis im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung zwar häufig nicht namentlich bekannt,

aber zahlenmäßig doch fest umgrenzt und damit eindeutig „nach allgemeinen Merkmalen be-

stimmt” ist. Schwierigkeiten bereiten hingegen jene Fälle, in denen der von der Anordnung be-

troffene Personenkreis veränderbar ist, so bei dem Verbot, mit gewissen Lebensmitteln in ei-

nem bestimmten Seuchengebiet zu handeln^76 , oder dem mehrere Tage vor einer geplanten De-

monstration bekanntgegebenen Verbot, an einem bestimmten Ort zu demonstrieren, oder auch

der Bekanntgabe von Smog-Alarm (sofern man ihr überhaupt „Regelungsgehalt” beimisst)^77.

Die Praxis ist in diesen Fällen weitgehend auf eine Regelung durch Verwaltungsakt angewiesen^78 ; Rechtsprechung und Schrifttum haben dies in unterschiedlichem Umfang^79 akzeptiert. In der Tat erhält

(^73) Vgl. Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 35; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 71. (^74) OVG NW, OVGE 16, 289 f.; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 34.

(^75) Siehe Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 36 mwN. (^76) Vgl. BVerwGE 12, 87. (^77) Hierzu Jacobs, NVwZ 1987, 105; Jarass, NVwZ 1987, 98; abl. Ehlers, DVBl 1987, 976; s.a. oben Rn. (^78) Vgl. aber auch § 33 OBG NW, § 4 Abs. 4 BekVO NW. (^79) Vgl. BVerwGE 12, 87; OLG Celle, NJW 1972, 1767; Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 36;

die (personenbezogene) Allgemeinverfügung wesentlich ihr Gepräge durch diekonkrete Situation ”, die Anlass der Regelung ist. Demgegenüber hat die „Bestimmbarkeit” des Personenkreises keine eigene Bedeutung; sie korrespondiert vielmehr mit der Konkretheit des zu regelnden Ereignisses: Aus der Be- stimmtheit dieses zeitlich und örtlich begrenzten Ereignisses ergibt sich letztlich auch die Bestimmbar- keit des betroffenen Personenkreises^80.

e) Allgemeinverfügung ist nach § 35 Satz 2 VwVfG auch ein Verwaltungsakt, der die „ öffent-

lich-rechtliche Eigenschaft einer Sache “ regelt. Es handelt sich hierbei um spezifisch sachbe-

zogene Regelungen, die verschiedentlich^81 als „dingliche“, von anderen^82 als „adressatlose”

Verwaltungsakte bezeichnet werden. Hierzu zählen insbesondere die Widmung, Entwidmung

(Einziehung) und Umstufung öffentlicher Straßen.

Als sachbezogene Allgemeinverfügungen können weiterhin ergehen die Benennung einer Straße^83 , die Schutzbereichsanordnung nach § 2 SchutzBG^84 sowie die Eintragung eines Bodendenkmals in eine Denkmalliste^85 , soweit nicht eine ausdrückliche gesetzliche Festlegung auf eine andere Handlungsform vorgesehen ist^86 , eine Möglichkeit, die dem Gesetzgeber jedenfalls in dem Zwischenbereich der „Allge- meinverfügung” zwischen typischer Einzelfallregelung und genereller Regelung grundsätzlich nicht verwehrt ist.

f) Zu den Allgemeinverfügungen zählt schließlich auch ein Verwaltungsakt, der die „ Benut-

zung einer Sache durch die Allgemeinheit ” regelt (§ 35 Abs. 2, 3. Altern. VwVfG). Der Ge-

setzgeber hat hier erklärtermaßen den früheren Streit über die Rechtsnatur verkehrsrechtlicher

Regelungen in Form von Verkehrszeichen^87 beendet und diese – wenn auch sprachlich höchst

missverständlich – als Verwaltungsakte (in der Form der Allgemeinverfügung) deklarieren wol-

len.

Er hat sich damit im Ergebnis der Auffassung angeschlossen, die entsprechenden Regelungen seien „Allgemeinverfügungen“^88 , sprachlich aber an der These von der Rechtsnatur der Verkehrsschilder als „dingliche” Verwaltungsakte^89 angelehnt. Letzteres ist wenig überzeugend, weil die primär verhaltens- lenkenden Verkehrsschilder bei lebensnaher Betrachtung nur schwerlich als die Benutzung einer Sache („Verkehrsfläche”) regelnd angesehen werden können^90. Immerhin legen die „Abstufungen” innerhalb des § 35 VwVfG eine erweiternde, bei öffentlichen Straßen durch die Bestimmungen über den Gemein- gebrauch^91 gedeckte Auslegung des § 35 Satz 2, 3. Alternative nahe: Anstelle des nach der 1. Alternative

Forsthoff S. 210; Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 74; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 72; dagegen J. Martens, DVBl 1968, 328. (^80) Ähnl. Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 46; weitergeh. VGH BW, NVwZ-RR 1997, 225. (^81) Siehe Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 81 ff mwN. (^82) Forsthoff S. 384, 388. (^83) VGH BW, NJW 1981, 1749; OVG NW, DVBl 2007, 1578. (^84) BVerwG, NVwZ 1985, 39; Meyer/Borgs, VwVfG § 35 Rn. 71; a.A. Tiemann, NVwZ 1984, 761. (^85) Vgl. § 3 DSchG NW; wie hier Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 37; Meyer/Borgs, VwVfG

§ 35 Rn. 71; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 45 Rn. 82; Kümmer, DÖV 1980, 840. (^86) Z.B. § 5 DSchG NW; § 19d WHG, § 11 WassG MV; §§ 29, 45 LandschG NW. (^87) Siehe amtl. Begr. zu § 31 des Entwurfs eines VwVfG – BT-Drucks. 7/910 S. 57; BayVGH, DVBl 1979,

742; Obermayer, NJW 1980, 2388 („Rechtsnorm“). (^88) BVerfG, NJW 1965, 2395; BVerwGE 27, 181; BGHSt. 20, 125. Zur Frage der „aufschiebenden Wirkung”

eines Widerspruchs gegen ein Verkehrszeichen s. unten § 10 Rn. 16; zur Ahndung der Missachtung eines später aufgehobenen Verkehrszeichens: BGH, NJW 1969, 2024 ff; Gerhards, NJW 1978, 87 mwN. (^89) OVG NW, NJW 1967, 1630; Niehues, DÖV 1965, 319 f; s.a. - zur Bekanntgabe - BVerwGE 102, 316;

krit. hierzu Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 39 mwN. (^90) Vgl. insoweit auch Maurer, JuS 1976, 490. (^91) Siehe unten § 15 Rn. 3.

chen Grundsätze sind bereits in anderem Zusammenhang aufgezeigt worden^97. Der nachfolgende Über- blick befasst sich deshalb ausschließlich mit den zuerst genannten Unterscheidungen und den damit verbundenen rechtlichen Fragen.

1. Einteilung nach dem Inhalt

Auf den Inhalt stellt es die Unterscheidung zwischen ge- und verbietenden, gestaltenden oder

feststellenden Verwaltungsakten ab.

a) Ge- oder verbietende Verwaltungsakte sind auf ein bestimmtes Tun, Dulden oder Unterlas-

sen gerichtet (z. B. Ordnungsverfügung, Abgabenbescheid). Es handelt sich hierbei um die

klassische Form des Verwaltungsakts in Gestalt der „Verfügung”. Nur Verfügungen sind im

eigentlichen Sinne vollstreckungsfähig und, sofern ihnen nicht Folge geleistet wird, vollstre-

ckungsbedürftig^98.

b) Gestaltende Verwaltungsakte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Rechtsverhältnis

unmittelbar begründen, ändern oder aufheben, ohne hierbei auf einen Befehl zurückzugreifen.

Hierzu zählen alle statusbegründenden Verwaltungsakte (insbes. Einbürgerungen, Ernennun-

gen, Namensänderungen), die sachbezogenen Allgemeinverfügungen (§ 35 Satz 2, 2. Altern.

VwVfG) sowie alle Genehmigungen und Erlaubnisse.

Bei den Erlaubnissen wird traditionell wie folgt unterschieden^99 : Das Gesetz kann ein bestimmtes, typi- scherweise sozialschädliches Verhalten generell verbieten, aber die Möglichkeit einer Befreiung von diesem Verbot für atypische Einzelfälle vorbehalten^100. Es handelt sich hier um ein „ repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt”. Befreiungen von einem entsprechenden Verbot erfolgen regelmäßig durch „Ausnahmebewilligung“^101 bzw. „Dispens“^102. Diese stehen durchweg im Ermessen der Behörde^103 und setzen im Einzelfall die „Unschädlichkeit” des an sich verbotenen Tuns voraus. Der Anspruch auf er- messensfehlerfreie Entscheidung über eine Ausnahmebewilligung oder einen Dispens kann sich aller- dings im Einzelfall zu einem Anspruch auf Bewilligung (Erteilung) verdichten, wenn die Versagung eine unverhältnismäßige Beschränkung eines Grundrechts bedeuten würde^104.

Denkbar ist jedoch auch, dass ein an sich zulässiges Handeln des Bürgers durch das Gesetz vorsorglich verboten wird, um der Behörde Gelegenheit zur Prüfung zu geben, ob das entsprechende, i.d.R. sozial- verträgliche Vorhaben im Einzelfall mit der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung in Einklang steht („ präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt“ oder „Kontrollerlaubnis“). Hier ist die Behörde ver- pflichtet, die Erlaubnis zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entge- genstehen, so etwa bei der Baugenehmigung oder einer gewerberechtlichen Erlaubnis^105. Im Zweifel wird man, dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgend, ein „präventives Verbot mit Erlaubnisvor- behalt” und nicht ein „repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt” anzunehmen haben.

Der gestaltende Verwaltungsakt kann sich auch auf ein Rechtsverhältnis des privaten Rechts

(^97) Siehe vorstehend § 7 Rn. 33 ff., § 9 Rn. 35 f. (^98) S. unten § 13 vor I; zur Doppelnatur (Ge- und Verbot) von „Halteverboten” BVerwG, DÖV 1978, 374 f. (^99) Zu weiteren (neueren) Unterscheidungen siehe unten § 10 Rn. Regulierung (^100) Z.B. § 31 BauGB, § 60 VII LBauO NW, § 56 GewO, § 7 WHG, § 8 FStrG, § 18 StrWG NW. (^101) Um eine „Ausnahmebewilligung” handelt es sich, wenn die verbietende Vorschrift selbst einen speziellen

Ausnahmevorbehalt enthält, z.B. § 31 I BauGB. (^102) Ein „Dispens” liegt vor, wenn eine Vorschrift allgemein die Möglichkeit der Befreiung von an sich zwin-

genden Bestimmungen gewährt, z.B. § 31 II BauGB. (^103) Zur Zulässigkeit der Ermessenseinräumung BVerfGE 9, 353; BVerwGE 14, 90 f; s.a. oben § 7 Rn. 43. (^104) Vgl. BVerfGE 19, 294 f.; BVerwGE 19, 247; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 46 Rn. 41. (^105) Z.B § 4 BImSchG; § 2 GastG; § 55 GewO; § 88 LBauO NW; s.a. §§ 4, 10 StVZO;

beziehen, so z. B. die Bodenverkehrsgenehmigung nach §§ 19 ff BauGB, die Ausübung des

Vorkaufsrechts nach §§ 24 ff BauGB, die Entscheidung über die Rückübertragung von Ver-

mögenswerten nach § 3 des Ges. zur Regelung offener Vermögensfragen oder die Überleitung

des Anspruchs des Hilfeempfängers gegen Dritte durch den Sozialhilfeträger nach § 93 SGB

XII; es handelt sich dann um einen „ privatrechtsgestaltenden ” Verwaltungsakt^106.

c) Feststellende Verwaltungsakte enthalten die verbindliche Feststellung bzw. Verneinung ei-

nes Rechtsverhältnisses oder rechtlich erheblicher Eigenschaften von Personen oder Sachen.

Gegenüber einer bloßen „Mitteilung” oder schlichten Bescheinigung setzt der feststellende

Verwaltungsakt eine final auf die Bewirkung einer bestimmten Rechtsfolge gerichtete hoheitli-

che Erklärung i. S. einer „abschließenden” Regelung voraus^107.

Feststellende Verwaltungsakte sind z.B. die Namensfeststellung, die Eintragung in die Wählerliste, die Bescheinigung der Staatsangehörigkeit^108 , die (nur durch eine Aufnahmeprüfung überwindbare) verbind- liche „Schulwahlempfehlung“^109 , die Feststellung der Versicherungspflicht, die Bestimmung des Ein- heitswertes eines Grundstücks sowie die Anerkennung eines Gebäudes als „steuerbegünstigter Woh- nungsbau”, nach dem BVerwG^110 gar die „Rüge” eines Rechtsbeistandes durch die Aufsichtsbehörde wegen einer Pflichtverletzung.

Feststellenden Charakter haben grundsätzlich alle einen Antrag ablehnenden , ein Recht ver-

neinenden Verwaltungsakte. Ein bedeutsamer Unterfall des feststellenden Verwaltungsakts ist

der sog. „ festsetzende ” Verwaltungsakt^111 , der die Konkretisierung einer Leistungspflicht oder

ihrer Voraussetzungen zum Gegenstand hat (z. B. Steuerfestsetzungen, Rentenbescheid, Wohn-

geldbescheid, Festsetzung des Besoldungsdienstalters nach § 23 Abs. 2 BBesG).

Eine besondere Ausformung des feststellenden Verwaltungsakts ist der „streitentscheidende” Verwal- tungsakt, d. h. ein Verwaltungsakt, mit dem eine unbeteiligte Behörde, der ausnahmsweise die Befugnis zur Streitentscheidung übertragen ist^112 , in einem häufig formalisierten Verfahren über ein zwischen zwei oder mehreren Personen streitiges Rechtsverhältnis entscheidet^113. Hierzu zählen z. B. die Ent- scheidungen nach § 35 BJagdG, §§ 6 ff Eisenbahnkreuzungsgesetz, § 10 Ges. zum Schutz gegen Flug- lärm, § 114 GWB sowie die Entscheidungen der Enteignungsbehörde nach §§ 112 ff BauGB.

Verschiedentlich werden auch sog. „ beurkundende ” Verwaltungsakte als Sonderform des fest-

stellenden Verwaltungsakts oder als eigene Kategorie von Verwaltungsakten^114 angesehen. Die

öffentliche Beurkundung als solche stellt jedoch – mangels eigenen Regelungsgehalts – noch

keinen „Verwaltungsakt” dar, sondern ist lediglich tatsächliche Grundlage für eine Beweislast-

verschiebung (z. B. §§ 60 PStG, 415 ZPO)^115. Allerdings kann mit der Beurkundung oder der

Eintragung in ein Register eine verbindliche Regelung verbunden sein, die ihrerseits als gestal-

tender oder feststellender Verwaltungsakt anzusehen ist, so der Veränderungsnachweis einer

Katasterbehörde^116 , die „Grenzvermarkung” durch Setzen eines Grenzsteins oder die Eintragung

(^106) Hierzu insbes. Manssen, Privatrechtsgestaltung durch Hoheitsakt, 1994; s.a. oben Rn. 5. (^107) Siehe hierzu Hoffmann-Becking, DÖV 1972, 202 sowie oben Rn. 23. (^108) BVerwGE 41, 227; vgl. aber auch BayVGH, DVBl 1977, 108 f. (^109) OVG NW, NVwZ-RR 2008, 791; hierzu Beucamp, NVwZ 2009, 280. (^110) BVerwGE, NJW 1984, 1051. (^111) Siehe Ossenbühl, DÖV 1967, 246 f.

(^112) BVerwGE 2, 208 f; OVG RhPf, DÖV 1980, 223; hiergegen Achterberg, VerwR § 20 Rn. 81 ff. (^113) Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 46 Rn. 7. (^114) BVerwG, NJW 1966, 610; Forsthoff S. 210; Ule/Laubinger § 48 Rn.17, § 56 Rn. 3. (^115) So zutreffend Krause, S. 355; s.a. BVerwG, DVBl 1985, 967 f. (^116) BVerwG, NJW 1966, 609 f; OVG NW, NJW 1993, 217.

Trifft die unterschiedliche Wirkung ein und denselben Adressaten, so handelt es sich um einen

Verwaltungsakt mit „ Mischwirkung ”^125. Ein Verwaltungsakt mit Mischwirkung liegt vor bei

der teilweisen Ablehnung eines Antrages (z.B. Genehmigung unter einer Auflage, Bewilligung

einer niedrigeren als der beantragten Geldleistung) oder der Geltendmachung einer niedrigeren

als der gesetzlich gebotenen Abgabenschuld durch die Behörde (z.B. ein irrtümlich zu niedrig

bemessener Erschließungsbeitrag): Die Festsetzung der Abgabenschuld in einer bestimmten

Höhe enthält – sofern sie nicht ausdrücklich das Gegenteil zum Ausdruck bringt – zugleich die

Feststellung, dass der Abgabenpflichtige in dieser, aber auch nur in dieser Höhe leistungspflich-

tig ist^126.

Will die Behörde später eine Korrektur des Abgabenbescheides vornehmen, um doch noch die gesetz- lich gebotene (höhere) Abgabenschuld anfordern zu können, so richtet sich die Zulässigkeit der Rück- nahme des Bescheides nach den Grundsätzen über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte^127. Stellt man sich demgegenüber auf den Standpunkt, der Abgabenbescheid enthalte keinerlei Aussage darüber, dass eine höhere Schuld nicht bestehe, so stellt sich die „Rücknahmeproblematik” überhaupt nicht. In diesem Fall trifft der nachfordernde Bescheid auf einen noch „ungeregelten” Sachverhalt, der keine Änderung des ursprünglichen Bescheides voraussetzt^128.

Wirkt sich ein Verwaltungsakt gegenüber mehreren Personen rechtlich unterschiedlich aus, so

handelt es sich um einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung (Doppelwirkung)^129 , so eine unter

Verletzung nachbarschützender Vorschriften erteilte Baugenehmigung, ein im Interesse eines

Anliegers aufgestelltes Halteverbotsschild^130 oder eine gewerberechtliche Genehmigung, die in

Nachbarrechte oder ein rechtlich geschütztes Konkurrenzverhältnis eingreift^131. Im Hinblick auf

den teilweise belastenden Charakter entsprechender Regelungen bedarf es hier grundsätzlich

einer konkreten gesetzlichen Ermächtigung zum Erlass des Verwaltungsakts. Verwaltungsakte

mit Doppelwirkung sind sämtlichen Betroffenen gegenüber (gesondert) bekanntzugeben (§ 41

Abs. 1 VwVfG). Sie werden gegenüber den einzelnen Betroffenen jeweils in dem Zeitpunkt

wirksam, in dem der Verwaltungsakt ihnen bekanntgegeben wird (§ 43 Abs. 1 VwVfG).

Daraus folgt, dass der Adressat einer Gaststättenerlaubnis im Verhältnis zur Erlaubnisbehörde bereits zu dem Zeitpunkt Inhaber einer „wirksamen” Erlaubnis ist und damit die Gaststätte betreiben „darf”, in dem ihm die Erlaubnis zugegangen ist. Im Verhältnis zu dem betroffenen Nachbarn gilt dies jedoch erst dann, wenn die Erlaubnis auch diesem gegenüber amtlich zur Kenntnis gegeben wurde^132. Unab- hängig hiervon kann – ggf. muss – der Nachbar jedoch schon vor amtlicher Bekanntgabe der Erlaubnis an ihn Widerspruch gegen diese einlegen. Aufgrund der regelmäßig „aufschiebenden Wirkung” dieses Rechtsbehelfs (§ 80 Abs. 1 S. 2 VwGO)^133 ist die Erlaubnis alsdann für die Dauer des Widerspruchs- verfahrens so zu behandeln, als ob sie auch im Verhältnis zum Inhaber noch nicht wirksam wäre, sofern

(^125) So Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 46 Rn. 24. (^126) Siehe Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 51 Rn. 23; Schwerdtfeger § 4 Rn. 39; a.A. BVerwG, NVwZ 1988,

940; HessVGH, NJW 1981, 597; Kopp/Ramsauer, VwVfG § 48 Rn. 69; Stelkens, JuS 1984, 933. (^127) Sehr str., wie hier Stober in: W/B/S/K, VerwR I § 51 Rn. 23; Schwerdtfeger § 4 Rn. 39; Martens, NVwZ

1983, 132; Merten, NJW 1983, 1997; Schenke, DÖV 1983, 328; s.a. BVerwGE 30, 154 (belast. Verwal- tungsakt, dessen Rücknahme eine „Abwägung zwischen Rechtssicherheit und Rechtmäßigkeit” voraussetzt); a.A. BVerwG, NVwZ 1983, 613; HessVGH NJW 1981, 597 mwN. (^128) Das wird nicht hinreichend berücksichtigt von BVerwG, NVwZ 1988, 738.

(^129) § 80a VwGO spricht von letzterer. (^130) Vgl. BVerwGE 37, 112 ff. (^131) Siehe oben § 8 Rn. 92 ff. (^132) Näher Rn. 122 f. (^133) Anders bei der Baugenehmigung; siehe § 212a Abs. 1 BauGB.

nicht die Behörde auf dessen Antrag die sofortige Vollziehung angeordnet hat (§ 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Betreibt der Inhaber trotz aufschiebender Wirkung des Widerspruchs die Gaststätte weiter, so kann der Nachbar hiergegen einstweiligen Rechtsschutz nach § 80a Abs. 1 Ziff. 2 VwGO^134 beanspru- chen.

3. Einteilung nach den Beteiligten

Im Gegensatz zum öffentlich-rechtlichen Vertrag ist der Verwaltungsakt durch die „Einseitig-

keit” der mit ihm verbundenen hoheitlichen Anordnung gekennzeichnet. Eigentlicher Geltungs-

grund für die angeordnete Rechtsfolge ist damit stets die von der Behörde getroffene obrigkeit-

liche Regelung. Das schließt nicht aus, dass der Erlass eines Verwaltungsakts im Einzelfall

auch an die Mitwirkung des Betroffenen oder einer anderen Stelle geknüpft sein kann; diese

bilden dann eine zusätzliche, Autonomie des Adressaten wahrende Voraussetzung (Bedingung)

für ein rechtmäßiges oder wirksames Tätigwerden der Behörde durch Verwaltungsakt^135. Aus

der Möglichkeit der Mitwirkung mehrerer Beteiligter beim Zustandekommen des Verwal-

tungsakts resultiert die nachfolgende Unterscheidung zwischen (streng) einseitigen, mitwir-

kungsbedürftigen und mehrstufigen Verwaltungsakten.

a) Der (streng) „einseitige ” Verwaltungsakt ergeht ohne Mitwirkung des Betroffenen; er ist der

Normalfall der Einzelfallregelung, so die ordnungsbehördliche Verfügung, der Beitragsbe-

scheid, der Widerruf einer Erlaubnis.

b) Der „ mitwirkungsbedürftige ” Verwaltungsakt bedarf der Kooperation mit dem Adressaten,

um rechtmäßig oder wirksam zustande zu kommen.

aa) Regelmäßig ist das Mitwirkungserfordernis nicht Wirksamkeitsvoraussetzung, sondern blo-

ße Rechtmäßigkeitsvoraussetzung. Ein ohne Mitwirkung des Betroffenen ergehender Verwal-

tungsakt ist daher zwar wirksam, aber anfechtbar, weil rechtswidrig.

Typischerweise unterliegen Verwaltungsakte im Hinblick auf den besonderen Regelungsgegenstand einem Mitwirkungserfordernis, so die Widmung einer Straße, die Pauschalbesteuerung, die Verwarnung bei gleichzeitiger Erhebung eines Verwarnungsgeldes (§ 56 OWiG) oder die Befreiung von einem ge- setzlichen Verbot durch eine Erlaubnis bzw. Genehmigung.

bb) Zustimmungsabhängige Verwaltungsakte^136 setzen die Mitwirkung des Adressaten voraus,

um überhaupt wirksam ergehen zu können. Es handelt sich hierbei um rechtsgestaltende Ver-

waltungsakte, bei denen die Änderung der Rechtslage von der ausnahmslos erforderlichen Zu-

stimmung des Betroffenen als Wirksamkeitsvoraussetzung^137 abhängig gemacht wird. Fehlt

die auch in Form eines Antrages oder ggf. konkludent erteilbare Zustimmung, so ist der Ver-

waltungsakt unwirksam und damit nichtig^138. Zustimmungsabhängige Verwaltungsakte sind

insbes. die Beamtenernennung, die Einbürgerung sowie die Entlassung aus der deutschen

Staatsangehörigkeit.

(^134) Hierzu Kopp, NJW 1991, 526; Stelkens, NVwZ 1991, 218. (^135) Hierzu auch Bumke, Verwaltungsakte § 35 Rn. 70; Stober, in: W/B/S/K, VerwR I § 46 Rn. 29 f;

Stelkens/Stelkens, in. S/B/S, VwVfG § 35 Rn. 154 mwN. (^136) Zur unterschiedlichen Begrifflichkeit: Faber, VerwR § 20 II Fn.12. (^137) Generell ablehnend: Gusy, DVBl 1983, 1226; F. Kirchhof, DVBl 1985, 659. (^138) Ebenso Ruffert, in: Erichsen/Ehlers, VerwR § 20 Rn. 65; Forsthoff S. 213; von „schwebender Unwirk-

samkeit” spricht W/B/S/K, VerwR I § 46 Rn. 29 f (abzulehnen im Hinblick auf den damit verbundenen Schwebezustand).

4. Einteilung nach Regelungsdauer und Regelungsumfang

a) Nach der zeitlichen Dauer der durch den Verwaltungsakt erzeugten Rechtswirkungen wer-

den Verwaltungsakte mit Dauerwirkung und solche ohne Dauerwirkung unterschieden.

Bedeutsam ist die Unterscheidung vor allem für die Frage nach dem Zeitpunkt , auf den für die Beurtei- lung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts im Rahmen der Anfechtungsklage abzustellen ist. Anders als bei Verwaltungsakten ohne Dauerwirkung kommt es hier auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung an^146. Ein weiterer Unterschied zeigt sich bei der Rücknahme bzw. dem Widerruf von Verwaltungsakten mit Dauerwirkung. Das betrifft sowohl die Voraussetzungen wie die Rechtsfolgen. So führt die gebotene Abwägung bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung regelmäßig nur zu einer Auf- hebung ex nunc^147.

Verwaltungsakte mit Dauerwirkung begründen ein auf Dauer angelegtes Rechtsverhältnis, das

in seiner rechtlichen Bewertung von dem Fortbestehen der bei Erteilung des Verwaltungsakts

zugrunde gelegten Rechtslage abhängt.

Beispiele : Der Rentenbescheid, die Bewilligung von Wohngeld für einen bestimmten Zeitraum, die Ge- werbeerlaubnis sowie die Fahrerlaubnis, aber auch die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, sowie die Einweisung Obdachloser in eine fremde Wohnung^148.

Für das Vorliegen eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung genügt nicht eine Regelung, die

sich in einer einmaligen Feststellung oder Rechtsgestaltung erschöpft, auch wenn sie (wie z. B.

die Baugenehmigung oder Enteignung) mit einer dauerhaften Änderung der Rechtslage verbun-

den ist. Erforderlich ist vielmehr eine sich ständig neu aktualisierende Rechtsfolge , deren

Aufrechterhaltung rechtswidrig wird, wenn die jeweils geforderten rechtlichen Voraussetzun-

gen nicht (mehr) gegeben sind^149.

Keine Dauerwirkung entfalten namentlich Verwaltungsakte, deren Rechtswirkungen sich auf ein punk- tuelles Ge- oder Verbot bzw. eine einmalige Konkretisierung oder Änderung der Rechtslage beschrän- ken. So fehlt es an einer Dauerwirkung bei der Ablehnung einer Genehmigung oder Erlaubnis wie auch bei deren Rücknahme, ebenso bei einer Abrissverfügung wie auch einer Bodenverkehrsgenehmigung^150.

In der Regel unterliegen nur Verwaltungsakte mit Dauerwirkung dem Widerruf bei einer Ver-

änderung der Sach- oder Rechtslage nach § 49 Abs. 2 Ziff. 3 und 4 VwVfG (sofern keine

rückwirkende Rechtsänderung vorliegt) oder dem Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfah-

rens nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG.

b) Die Unterscheidung von Verwaltungsakten nach ihrem Regelungsumfang stellt es auf die

Vollständigkeit und Endgültigkeit der getroffenen Regelung ab und betrifft damit vor allem den

„abschließenden” Charakter der Verwaltungsentscheidung im Hinblick auf den zu regelnden

Sachverhalt. Ihre Bedeutung liegt insbesondere auf dem Gebiet „komplexer” Entscheidungen;

von daher ist sie in den letzten Jahren zunehmend in den Vordergrund des Interesses gerückt.

(^146) BVerwG NJW 1993, 1729, 1730; kritisch dazu Felix, NVwZ 2003, 385, 387.

(^147) Maurer, VerwR § 11 Rn. 33. (^148) Siehe Rokohl, VR 1993, 74. (^149) BVerwGE 59, 160; NdsOVG, NVwZ 1993, 1017; Bull/Mehde, VerwR Rn. 198; Kleinlein, VerwArch 81

(1990), 172 f; Manssen, ZfSH/SGB 1991, 225 ff. (^150) OVG NW, OVGE 31, 121; Stelkens/Stelkens, in: St/B/S, VwVfG § 35 Rn. 149; Ule/Laubinger § 61 Rn.

21 mwN.

Normalerweise trifft der Verwaltungsakt – dem Grundsatz der Verwaltungseffektivität entspre-

chend – eine abschließende , verbindliche Entscheidung zu dem regelungsbedürftigen Sachver-

halt. Mitunter kann sich die von der Behörde getroffene Entscheidung aber auch darauf be-

schränken, lediglich eine „ Teilfrage ” endgültig zu regeln und die weiteren regelungsbedürfti-

gen Fragen einer zusätzlichen, abschließenden Entscheidung zu überlassen^151 oder eine „ vor-

läufige ” Regelung zu treffen, die die „endgültige” Entscheidung noch (begrenzt) offen lässt.

So regelt der Vorbescheid abschließend einzelne Genehmigungsvoraussetzungen eines geneh-

migungspflichtigen Vorhabens wie eines Bauvorhabens, einer Anlage nach § 9 BImSchG oder

eines Kernkraftwerks nach § 7a AtomG.

Der Vorbescheid nimmt damit in einem „ gestuften” Verfahren einzelne Elemente der endgültigen Ge- nehmigungsentscheidung vorweg (z. B. die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eines Bauwerks oder den Standort eines geplanten Kernkraftwerks)^152. Die Projektierung größerer Vorhaben wird so für den An- tragsteller besser kalkulierbar^153.

Die Teilgenehmigung bezieht sich auf einen gegenständlich begrenzten Teil eines Vorhabens,

z.B. die Ausschachtung der Baugrube oder die Errichtung eines Gebäudeflügels, und führt so zu

einer abschließenden, endgültigen Regelung, auch wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ge-

samtziel einer weiteren, ergänzenden Genehmigungsentscheidung bedarf.

Der vorläufige Verwaltungsakt trifft eine lediglich auf eine „Anspruchswahrscheinlichkeit”

gestützte Regelung, die unter den Vorbehalt einer späteren abschließenden Entscheidung ge-

stellt ist^154.

Beispiele : Bewilligung einer „Beihilfe” für die Verwendung von Magermilch zu Futterzwecken „vorbe- haltlich des Ergebnisses der Betriebsprüfung”; vorläufige Beihilfeberechnung nach Ungültigkeitserklä- rung der maßgeblichen Beihilfevorschrift vor Neuerlass einer anderen; Honorarbescheide unter dem Vorbehalt der nachträglicher Berichtigung bei Änderung der Bewertungsgrundlagen.

Der vorläufige Verwaltungsakt ist ein Sonderfall des (end-)befristeten Verwaltungsakts, wenn

vorgesehen ist, dass später auf jeden Fall eine abschließende Entscheidung erfolgen soll^155. Er

ist auflösend bedingt , wenn sich der Vorbehalt lediglich auf eine abweichende Entscheidung

bezieht, die nach abschließender Prüfung erforderlich werden sollte. Seine Besonderheit liegt

darin, dass er insofern dem „Vorbescheid” ähnlich das Verwaltungsverfahren abstuft^156 : Bei

seinem Erlass sind noch nicht sämtliche Voraussetzungen, die für eine abschließende positive

Entscheidung erfüllt sein müssen, nachgewiesen, es besteht jedoch eine hinreichende Wahr-

scheinlichkeit dafür, dass ihr Nachweis bei einer abschließenden Prüfung erbracht wird.

Die Zulässigkeit vorläufiger Regelung durch Verwaltungsakt kann sich aus einer spezialgesetzlichen Ermächtigung ergeben (z.B. §§ 11 f GastG, 33 KrW/AbfG, 20 PBefG, 74 Abs. 3 VwVfG, 9a WHG, !§! TKG, 164 f AO, 20 Abs. 1 BAföG, 42 f SGB I). Soweit eine solche nicht besteht, wird sie aus dem

(^151) So bei einer gesonderten Feststellung der Kostentragungspflicht dem Grunde nach“ aufgrund der unmit-

telbaren Ausführung einer Maßnahme; s. OVG Berl, NVwR RR 2000, 649 f; abl. Würtenberger/Heck- mann/Riggert, Polzeirecht in BW, 5.Aufl. 2002 Rn. 794 f. (^152) Siehe VerwGE 69, 99 ff; BVerwG, NVwZ 1986, 208. (^153) J. Martens, NVwZ 1987, 106 f; Ronellenfitsch, DVBl 1989, 851. (^154) BVerwGE 67, 99, 103; BSGE, 81, 86 ff; OVG NW, NVwZ 1991, 588; Eschenbach, DVBl 2002, 1247 ff. (^155) Im einzelnen str., s. BVerwGE 67, 101 f; Kemper, DVBl 1989, 982; Schenke, DV 1991, 344. (^156) Ähnl. Tiedemann, DÖV 1981, 788; Peine, DÖV 1986, 859; s. demgegenüber Kemper, DVBl 1989, 984.