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Abitur Lernzettel Powi
Q
Q1.1 Verfassung und Verfassungswirklichkeit: Rechtsstaatlichkeit & Verfassungskonflikte
- Grundrechte und Rechtstaatlichkeit in der Verfassung (insbesondere Art. 1, 20, 79 _GG)
- Parlament, Länderkammer, Bundesregierung und Europäische Institutionen im_ _Gesetzgebungsprozess (insbesondere Spannungsfeld Exekutive – Legislative)
- Rolle des Bundesverfassungsgerichts (insbesondere Spannungsfeld Legislative –_ _Judikative)
- Veränderung des Grundgesetzes aufgrund gesellschaftlicher Wandlungsprozesse_ _anhand eines Beispiels
- Das politische Mehrebenensystem vor dem Hintergrund politischer Theorien zur_ Gewaltenteilung und Gewaltenverschränkung ((…) Montesquieu, Locke) Menschenrechte: Gelten weltweit für alle Menschen. Grundrechte: Ist die Bezeichnung der Menschenrechte im Grundgesetz, die für alle Menschen gelten, die in Deutschland leben. Bürgerrechte: Rechte für Menschen, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen, zum Beispiel das Wahlrecht oder das Recht auf Zugang zu öffentlichen Ämtern in Behörden oder Gerichten. Grundgesetz: Als ranghöchste Rechtsquelle der Bundesrepublik Deutschland regelt das Grundgesetz (GG) in verbindlicher Weise die Grundordnung des Staates und dabei insbesondere auch die wesentlichen Prinzipien der deutschen Staatstruktur. vom 23. Mai 1949 Einigkeit, Recht und Freiheit Präambel:
- Verantwortung vor Gott und den Menschen
- Gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa
- Frieden der Welt dienen Grundrechte und Rechtstaatlichkeit in der Verfassung (Art. 1, 20, 79) Artikel 1 Abs.1 GG Menschenwürde Absatz 1: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Absatz 2: „Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“
Absatz 3: „Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.“
- Würde des Menschen ist in der Rechts- und Verfassungsordnung der BRD der oberste Verfassungsgrundsatz, an dem sich alles staatliche Handeln orientiert
- auf Artikel 1, der Menschenwürde baut das Grundgesetz auf, Menschenwürde als Grundlage von Freiheit
- Von der Menschenwürde als oberstem Verfassungswert, leiten sich alle anderen Grundgesetze, die das Verhältnis Staat/Bürger regeln, ab
- Erhalt der Menschenwürde gilt als primärer Staatszweck
- Staat ist für den Menschen da, nicht andersherum
- Mensch steht im Mittelpunkt des staatlichen Geschehens
- Träger der Menschenwürde ist jeder Mensch von der Geburt bis zum Tod
- Menschenrechte : ein Katalog bestimmter, den Einzelnen gegenüber der öffentlichen Gewalt individuell zustehender Freiheits- und Gleichheitsrechte Bsp: Recht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2), Religionsfreiheit (Art. 4), Versammlungsfreiheit (Art. 8) Freiheitsrechte im Grundgesetz Grundgesetz kennt zwei Freiheiten:
- Freiheit Deutschlands
- Freiheit der in Deutschland Lebenden Freiheit Deutschland ist die Grundlage für die Freiheit der in Deutschland Lebenden Grundgesetz steht im Dienste der Freiheit der Menschen, dafür hat es eine „freiheitlich – demokratische“ Grundordnung errichtet, Kern dieser Grundordnung sind die Menschen- und Grundrechte in den Artikeln 1 – 19. Staat braucht Rechtfertigung, wenn er diese Freiheit einschränken will Freiheit wird vom Grundgesetz nicht grenzenlos gewährt, die Ausübung der Freiheit darf für den Anderen nicht zu Zwang oder Unfreiheit führen Ausübung der Freiheit darf nicht die Grundrechte des Anderen oder die im Grundgesetz formulierten Staatsziele und staatlichen Grundsätze erheblich verletzen Artikel 1-19 sind Grundrechte Bsp: Artikel 19 Abs. 4 Satz 1 „Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“ Artikel 20 (1) „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ (2) „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt“ (3) „Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“ (4) „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“
Artikel 79 Ewigkeitsklausel (1) „Das Grundgesetz kann nur durch ein Gesetz geändert werden, das den Wortlaut des Grundgesetzes ausdrücklich ändert oder ergänzt.“ (2) „Ein solches Gesetz bedarf der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestages und zwei Dritteln der Stimmen des Bundesrates.“ (3) „Eine Änderung diese Grundgesetzes, durch welche die Gliederung des Bundes in Länder, die grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung oder die in den Artikeln 1 und 20 niedergelegten Grundsätze berührt werden, ist unzulässig.“ durch Ewigkeitsklausel sind Änderungen der Artikel 1 und 20 ausgeschlossen Durch die „Ewigkeitsklausel“ Art.79 Abs.3 GG werden Menschenwürde wie auch Volkssouveränität, Gewaltenteilung und die Strukturprinzipien (Rechtsstaat, Sozialstaat, Bundesstaat (Art.20 GG)) zu überzeitlichen, unaufhebbaren Grundlagen des bundesdeutschen Staates. DNA des Staates ist das, was in Artikel 1 und 20 steht, deshalb gilt dafür die Ewigkeitsgarantie aus Artikel 79 Abs. 3. Veränderung des Grundgesetzes aufgrund gesellschaftlicher Wandlungsprozesse
- Grundgesetzänderung für das Sondervermögen Am 3. Juni 2022 wurde die Grundgesetzänderung (Artikel 87a) in Verbindung mit dem geplanten Bundeswehr – Sondervermögen beschlossen. Die Kreditaufnahme soll nicht auf die Schuldenregel des Artikels 115 des Grundgesetzes angerechnet werden. Dafür soll im Grundgesetz ein neuer Absatz 87a eingefügt werden. insgesamt schon 54 Mal geändert worden seit der Ausfertigung am 23. Mai 1949 Art. 146 GG „Diese Grundgesetz, das nach der Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem die Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Rolle des Bundesverfassungsgerichts (Hüter der Verfassung) Wird nicht von sich aus tätig, muss von einer Person oder Institution angerufen werden Zuständigkeit in Art. 93 und 100 GG niedergeschrieben Verfassungsbeschwerde: jeder Bürger kann das Gericht anrufen, der glaubt, durch die öffentliche Gewalt in seinen Grundrechten verletzt worden zu sein Verfassungsbeschwerde kann erst dann eingelegt werden, wenn der Rechtsweg ausgeschöpft ist Normenkontrolle: es wird kontrolliert, ob ein Gesetz, eine Norm, mit dem Grundgesetz übereinstimmt Zwei Arten von Normenkontrollen; Konkrete Normenkontrolle: wenn ein Gericht bei einer Verhandlung zu der Überzeugung gelangt, dass das anzuwendende Gesetz nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist, muss das Verfahren unterbrochen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt werden Abstrakte Normenkontrolle: auf Antrag der Bundesregierung, Landesregierung oder mindestens eines Drittels der Bundestagsabgeordneten prüft das
Bundesverfassungsgericht, ob Bundes- oder Landesrecht mit dem Grundgesetz übereinstimmen Entscheidet außerdem über die Verfassungsmäßigkeit von Parteien und kann Parteien verbieten Organstreitigkeiten: Verfassungsstreitigkeiten zwischen Organen, Meinungsverschiedenheiten über die Rechte und Pflichten von Bund und Ländern Aufbau Sitz: Karlsruhe Gegründet: 1951 Amtszeit: 12 Jahre, Altersgrenze: 68 Jahre Präsident: Vorsitzender eines Senats (1. Senat), Vizepräsident: Vorsitzender eines Senats (2. Senat) Besteht aus zwei Senaten Wahlausschuss des Deutschen Bundestages wählt die Hälfte der Richter jedes Senats Bundesrat wählt die Hälfte der Richter jedes Senats Judikative: Bundesverfassungsgericht wacht darüber, dass Parlamente, Regierungen und Gerichte das Grundgesetz einhalten, es kann ordnungsgemäß beschlossene Gesetze aufheben, wenn sie gegen das Grundgesetz verstoßen. Vor dem Bundesverfassungsgericht können Grundgesetzverstoße von Ländern, Fraktionen und auch Bürgern im Wege der Verfassungsbeschwerde vorgebracht werden. ein Staatsorgan zum Schutz, nicht zur autonomen Änderung der Verfassung die Wahrung des Grundgesetzes begründet und begrenzt die Kompetenzen des Gerichts Spannungsfeld Legislative – Judikative
- Judikative darf sich nicht für die bessere Gesetzgebung halten
- Darf sich nicht in das Geschäft von Parlament und Regierung einmischen
- Verfassungsgericht soll notfalls die Belange der Minderheit auch gegen eine politische Mehrheit schützen
- Legislative wählt die Judikative (Bundestag und Bundesrat) Parlament
- Steht im Mittelpunkt der Demokratie, wird von den Bürgern gewählt
- Wahl des Parlaments durch die Bürger erzeugt für dieses eine demokratische Legitimation Bundeskanzler
- Artikel 63, 64, 65, 69
- Vertrauensfrage Art. 68 GG
- Unterliegt bei der Regierungsbildung „Proporzüberlegungen“ parteipolitische Interessen der Koalitionspartner, Besetzung von unterschiedlichen Geschlechtern, Berücksichtigung der ostdeutschen genauso wie der westdeutschen Bevölkerung
Horizontale Ebene (Bundesebene) Gesetzgebende Gewalt (Legislative) Art. 38 – 48 Bundestag, Art. 50 – 53 Bundesrat, Art. 71, 73 ausschließliche Gesetzgebung Vollziehende Gewalt (Exekutive) Bundesregierung, Bundeskanzler, Bundesminister, Art. 80, 87 Bundeseigene Verwaltung Rechtsprechende Gewalt (Judikative) Art. 92 – 104 Bundesverfassungsgericht, Oberste Gerichtshöfe Horizontale Ebene Gesetzgebende Gewalt (Legislative) Parlamente der Länder = Landtag, Art. 72, 74 konkurrierende Gesetzgebung, Gesetzgebung der Länder Vollziehende Gewalt (Exekutive) Landesregierung, Ministerpräsident, Landesminister, Art. 85 Auftragsverwaltung, Landtagsverwaltung, Kreisverwaltung, Gemeindeverwaltung Rechtsprechende Gewalt (Judikative) Gerichte der Länder, Landesverfassungsgericht, Obergerichte Vertikale Ebene der Gewaltenteilung ist die Trennung zwischen Bund und Ländern. Begriff und Funktion von Gewalten(ver)teilung und Gewalteneinschränkung: Art. 20 Abs. 2 Satz 2 - Gewaltenteilung im Grundgesetz -Sinn der Gewaltenteilung ist die Verhinderung einer Willkürherrschaft. Staatsgewalt wird dadurch auf verschiedene Mächte verteilt. Staatliche Gewalt wird nicht geteilt, sondern nur verteilt. -Kein Organ kann legal über die gesamte Staatsgewalt verfügen (organisatorische Gewaltenteilung) -Amtsträger der einen Gewalt können zeitgleich nicht Amtsträger einer anderen Gewalt sein (personelle Gewaltenteilung, Inkompatibilität)
- Gewaltenverschränkung bedeutet, dass nicht alle drei Gewalten miteinander verbunden sind, Legislative und Exekutive sind miteinander verbunden, Judikative dagegen nicht. Es bedeutet außerdem, dass es gegenseitige Einflussnahme und Überschneidungen zwischen den Gewalten gibt. Beispiel für Gewaltenverschränkung:
- Misstrauensvotum: die Legislative, der Bundestag kann den Bundeskanzler, die Exekutive abberufen.
- Bundestag und Bundesrat (Legislative) wählen die Richter am Bundesverfassungsgericht (Judikative)
- Bundesregierung bringt Gesetzentwurf ein (Exekutive), Bundestag entscheidet darüber (Legislative)
- Abgeordneter (Legislative) gleichzeitig Minister (Exekutive) Checks and Balances (zu deutsch Überprüfung und Ausgleich oder Hemmungen und Gegengewichte) bezeichnet ein System zur Herstellung und Aufrechterhaltung staatlicher Gewaltenteilung. Angestrebt wird die gegenseitige Kontrolle von Verfassungsorganen und ein partielles Gleichgewicht der Macht zwischen ihnen. Die Gewaltenteilung will gleichzeitig die getrennten Gewalten in ein System gegenseitiger Abhängigkeit und Hemmung bringen. Sozialer Rechtsstaat ergibt sich aus sozialer Gerechtigkeit (Art. 1,1 GG und Art. 20,1 GG) und Gesetzlichkeit (Art. 28,1 GG und Art. 20,3 GG) Soziale Gerechtigkeit: Soziale Gerechtigkeit als Verpflichtung des Staates zum sozialen Handeln Gesetzlichkeit: Freiheitsrechte des Einzelnen und Bindung des staatlichen Handelns an das Gesetz (Rechtssicherheit, Rechtsgleichheit, Rechtsschutz) Grundsätze des Rechtsstaates: Rechtsbindung: Bindung der Legislative an die Verfassung Gesetzesvorbehalt: dem Gesetzgeber durch die Verfassung erteilte Befugnis, ein Grundrecht unmittelbar durch Gesetz einzuschränken Rechtssicherheit: garantiert dem Einzelnen die gleiche rechtliche Wertung und das Vertrauen darauf, dass eine von den Gerichten getroffene Entscheidung durchgesetzt wird Rechtsgleichheit: Gleichbehandlung gleich liegender Sachverhalte Gewaltenteilung nach Montesquieu und Locke John Locke (1632-1704) englischer Philosoph, Entwurf stammt aus dem Jahr 1687
- Stellte den Bürger in den Mittelpunkt
- Trennung zwischen gesetzgebender und ausführender Gewalt
- Bürger hatten Anspruch auf den Schutz des Lebens, des Eigentums, der Freiheit und des Vermögens
- Wollte Bürgern die ihnen zustehende Macht geben
- Sprach sich für eine rechtliche Gleichstellung zwischen Repräsentanten der gesetzgebenden Gewalt und Bürgern aus, dadurch Verhinderung des Machtmissbrauches
- Legislative sollte mit Gesetzen reagieren, die für alle galten
- Wollte eine „Ausbalancierung“ der Gewalt, zwischen Exekutive und Legislative
- Schutz vor Machtmissbrauch bestimmte das Denken Lockes
- „Schwäche der menschlichen Natur, die immer bereit ist, nach der Macht zu greifen.“
- Bezeichnung „Bürger“ traf nicht auf wirklich alle Bürger zu
- Legislative oberste politische Macht
erarbeitet, über den Bundestag und Bundesrat erneut abstimmen. Bundestag und Bundesrat entsenden je 16 ihrer Mitglieder in den Vermittlungsausschuss. Können sie sich dabei nicht einigen , ist das Gesetz, sofern es ein Zustimmungsgesetz ist, damit gescheitert.
- Nach der Verabschiedung des Gesetzes wir es dem zuständigen Minister und dem Bundeskanzler zur Unterzeichnung vorgelegt. Anschließend muss der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnen. Kann nur Unterschrift verweigern, wenn er der Auffassung ist, dass es gegen die Verfassung verstößt. Das Gesetz wird im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt in Kraft.
Initiativrecht
Ein Initiativrecht, also das Recht, Gesetzentwürfe in den Bundestag einzubringen, haben die Bundesregierung, der Bundestag und der Bundesrat. Die Bundesregierung hat das Initiativrecht nur als Ganzes, ein Bundesminister allein darf kein Gesetz einbringen. Der Bundesrat muss die Initiative mit der Mehrheit seiner Stimmen beschließen. Für eine Initiative „aus der Mitte des Bundestages“ sind eine Fraktion oder fünf Prozent der Abgeordneten nötig. Der Bundestag muss sich mit den Gesetzesvorlagen beschäftigen und abschließend über sie abstimmen. (> Gesetzgebung) Gesetzgebungsprozess auf europäischer Ebene
- Kommission unterbreitet einen Vorschlag
- Vorschlag geht an Parlament und Rat
- Parlament legt Standpunkt fest, Rat stimmt zu
- Gesetz angenommen
- Legt der Rat einen abweichenden Standpunkt fest, geht der Entwurf wieder ins Parlament
- Parlament stimmt zu, angenommen, stimmt nicht zu, wieder in den Rat
- Bei Unstimmigkeiten kann Vermittlungsausschuss einberufen werden Subsidiaritätsprinzip: - Man versucht alles auf kleinstmöglicher Ebene zu regeln - Wo die EU nicht allein zuständig ist, darf sie nur tätig werden, wenn ein Ziel auf europäischer Ebene besser erreicht werden kann - EU darf nur innerhalb der Zuständigkeiten tätig werden, die ihr von den Mitgliedsstaaten übertragen wurden - Verstößt die EU gegen dieses Prinzip, können die Mitgliedsstaaten vor dem EuGH klagen Q1.2 Herausforderungen der Parteiendemokratie _- Politische Parteien als klassische Möglichkeiten der Partizipation
- Aufgabe und Funktionen von Parteien und Populismus
- Alternative Formen politischer Beteiligung und Entscheidungsformen (insbesondere Volksentscheid)
- Nationale Wahlen und Wahl des Europaparlaments im Zusammenhang mit entsprechenden Parteiensystemen, Bildung der jeweiligen Exekutive
- Modelle des Wählerverhaltens, Wahlforschung_
_- Veränderungen von Parteiensystem und Parteientypen, innerparteiliche Demokratie
- Identitäre versus Repräsentative Demokratie
- Demokratietheorien der Gegenwart (Pluralismustheorie, deliberative_ Demokratietheorie) Parteien: Verankerung GG Art. 21 Parteienprivileg
- Gründung der Parteien ist frei, innere Ordnung muss freiheitlich-demokratischen Grundordnung entsprechen
- Wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit
- Müssen Rechenschaft über Finanzierung, Verwendung der Mittel abgeben
- Parteien, die freiheitlich-demokratische Grundordnung verletzen sind verfassungswidrig, können vom Bundesverfassungsgericht verboten werden
- Ziele der Parteien sind im Parteiprogramm niedergeschrieben
- Sind verfassungsrechtlich, notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung
- Nach Art.21 Abs.1 GG und dem Parteiengesetz von 1967 innere Ordnung demokratisch (Wahl aller Parteiorgane, gleiches Stimmrecht aller Mitglieder, Parteitag als oberstem Entscheidungsorgan)
- Großer politischer Einfluss der Parteien = Offenheit für Bürger:innen zur Mitwirkung Funktionen von Parteien in der Bundesrepublik
- Rolle als Mittler zwischen Gesellschaft und Staat
- Sechs Jahre keine Teilnahme an Bundestags- oder Landtagswahl =Verlust ihrer Rechtsstellung als Partei
Auswahlfunktion:
- Rekrutierung und Auswahl von Kandidaten für Ämter
- Vereinigungen von Bürgern, die Ämter, Karrieren, Posten und Beförderungen zu vergeben haben
- Problematisch, wenn Machtpositionen um ihrer Selbstwillen erobert werden, es nicht um Durchsetzung von Inhalten geht
- Partizipationsfunktion: ermöglichen den Bürger:innen die Beteiligung/Mitgestaltung bei politischen Entscheidungen/ Programmmitgestaltung
Legitimierungsfunktion:
- Tragen durch ihre Funktionen zur Begründung des politischen Systems und zur Konsensstiftung bei, Akzeptanz der politischen Ordnung
- Bundesrepublikanische Demokratie (Parteienstaat) bietet Regelungen zur Konfliktlösung zwischen den Parteien und innerhalb einer Partei
Interessenausgleichfunktion:
- Parteien integrieren breit gestreute Gruppeninteressen
- Versuchen zwischen den Interessen einen Kompromiss zu finden
- Und eine eigene parteieinheitliche Position zu finden Programmfunktion:
- Bündeln und integrieren die Interessen der Bevölkerung Programmerstellung für Wahlen mit dem Ziel, in Regierungsverantwortung Programm umzusetzen
Stammwähler:
- Immer dieselbe Partei wählen, ohne sich wirklich mit der Programmatik zu beschäftigen, Stammwählerschaft nimmt seit Jahren ab
Wechselwähler:
- Wechselbereitschaft kann an Auflösung sozialen Milieus oder in Enttäuschung des politischen Establishments liegen
- Anteil der Wechselwähler nimmt zu
Protestwähler:
- Wähler, die ihre Stimmung nicht aus Überzeugung, sondern zur Signalisierung der eigenen Unzufriedenheit abgeben
- Davon profitieren oft neue Parteien an den politischen Rändern Nichtwähler: stellen die größte Wählergruppe dar Wahlrechtsgrundsätze sind in Artikel 38 GG formuliert.
Funktionen von Wahlen für das politische System?
- Repräsentation des Volkes
- Jede soziale Gruppe muss sich an dem politischen Wettbewerb beteiligen können
- Nur dann kann behauptet werden, dass das gesamte Volk repräsentiert wird
- Repräsentative Demokratien erfordern Mehrheitsentscheidungen - Legitimation und Kontrolle von politischer Herrschaft
- Durch Wahlen legitimieren die Wähler:innen bestimmte Personen, politische Funktionen auszuüben
- Diese sind legitimiert für alle und im Namen aller Entscheidungen zu treffen
- Opposition muss immer Chance haben an die Macht zu kommen, deshalb regelmäßige Wahlen - Integration der Meinungen
- Durch Wahlen erfolgt eine Integration des gesellschaftlichen Pluralismus und die Bildung eines politisch aktionsfähigen Gemeinwillens
- Nicht immer geht aus dem Wahlprozess eine handlungsfähige Regierung hervor
- Wahlergebnis spiegelt eine Willensartikulation der Wähler:innen wieder
- Wahlsystem kann die Integration der Wählerschaft fördern und hemmen
Erklärungsansatz für Wahlverhalten:
Soziologische Erklärungsansatz:
- Soziale Umfeld relevant, Wahlverhalten ist Gruppenverhalten
- Zugehörigkeit zu verschiedenen sozialen Gruppen mit festen politischen Verhaltensnormen bestimmt die individuelle Wahlentscheidung
- Soziale Umfeld (sozioökonomischer Status, Konfessionszugehörigkeit, Größe des Wohnorts) beeinflusst politischen Meinungsbildungsprozess
- Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft, Handwerkermilieu, Konfessionszugehörigkeit haben auch heute noch einen hohen Vorhersagewert für die Wahlentscheidung
- Das Erklärungsmodell sieht das Individuum im Zentrum sozialer Einflusskreise
- Kurzfristige Änderungen der Wahlentscheidung können mit diesem Modell nur unzureichend erklärt werden Der individualpsychologische Erklärungsansatz:
- Wahlverhalten ist Ausdruck einer individuellen psychologischen Beziehung zu einer Partei
- „Michigan-Modell“ oder „Ann Arbor-Modell“ bezeichnete Erklärungsansatz, Kern davon ist die individuelle Parteiidentifikation
- Damit ist längere emotionale Bindung von Wählern an Partei gemeint
- Wahlentscheidung resultiert aus drei Faktoren:
- Parteiidentifikation (wird erworben bei der politischen Sozialisation durch Elternhaus, Freundeskreis oder Mitgliedschaft in politischer Organisation
- Kandidatenorientierung (Bewertung der Kandidaten)
- Einstellung zu politischen Streitfragen (Issue-Orientierung) Modell des rationalen Wählers:
- Mensch entscheidet danach mit welcher Wahlentscheidung er für sich den maximalen politischen oder ökonomischen Nutzen ziehen kann
Funktionen eines Wahlsystems:
Repräsentation Gesellschaftliche Interessen und Meinungen müssen im Parlament vertreten sein Benachteiligten Gruppen und strukturellen Minderheiten muss eine faire Repräsentation gewährleistet werden Konzentration/Regierungsfähigkeit Wahlsystem muss die Bildung einer regierungsfähigen Mehrheit ermöglichen (Minderheitsregierungen eingeschlossen) Regierungsfähigkeit kann an Lebensdauer der Kabinette sowie der Häufigkeit vorgezogener Neuwahlen gemessen werden Partizipation/Personalisierung Wähler kann auf parteipolitische und personelle Zusammensetzung des Parlaments Einfluss nehmen Führt zu „gelebten Verbindung zwischen Wählern und Gewählten“ Wahlsystem sollte dazu beitragen, dass die Wähler zur Wahl ermuntert werden Einfachheit/Transparenz Wahlsystem muss für alle verständlich sein Wähler müssen nachvollziehen können, was mit ihrer Stimme passiert Zu kompliziertes Wahlsystem erhöht ungültige Stimmabgaben und drückt die Wahlbeteiligung
Gründe für Wahlenthaltung
Politikverdrossenheit:
Wahl des Deutschen Bundestages
- Erststimme (Bundesrepublik ist in 299 Wahlkreise eingeteilt) mit der Stimme wählt man einen Kandidaten (relative Mehrheitswahl) ein gewählter Direktkandidat kommt auf jeden Fall ins Parlament, auch wenn seine Partei an der 5% - Hürde scheitert
- Zweitstimme (Partei, Einzug über Landeslisten) Verhältniswahl Überhangmandate:
- Hat eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate errungen, als ihr über den Zweitstimmen nachzustehen, erhält sie Überhangmandate Ausgleichsmandate:
- Vergabe zusätzlicher Sitze an Parteien, um Überhangmandate von anderen Parteien auszugleichen, damit die Sitzverteilung nach dem Verhältnis der Zweitstimmen gewahrt bleibt Sperrklausel (5%-Hürde):
- Partei braucht in einer Wahl einen prozentualen Anteil von fünf Prozent, um ins Parlament einzuziehen
- Soll einer „Zersplitterung“ des Parlaments vorbeugen … wer nicht wählt entscheidet nicht, sondern lässt geschehen Höhepunkt Wahlbeteiligung: 1972, ca. 91 Prozent seitdem sinkt die Wahlbeteiligung, Nichtwähler machen größte Partei aus Europawahl
- In der Vergangenheit wurden Spitzenpositionen wie die Präsidentschaft der Europäischen Kommission von den Regierungschefs hinter verschlossenen Türen des Europäischen Rates ausgehandelt
- Europäische Parteien werden immer mehr, wie „klassische“, nach Ämtern strebende Parteien
- Versuchen durch ihre Beteiligung am Wahlkampf einen Beitrag zur Entstehung eines „europäischen Bewusstseins“ zu schaffen Wahl des EU – Parlaments
- Wird alle 5 – Jahre von den Bürgern gewählt und ist somit das Einzige direkt gewählte EU – Organ
- Anzahl der Abgeordneten aus jedem Mitgliedsland orientiert sich an der Bevölkerungsgröße des Mitgliedsstaates
- Im Parlament sitzen die Abgeordneten in länderübergreifenden Fraktionen
- Parlament wählt den Kommissionspräsidenten auf Vorschlag des EU – Rats
- EU – Kommission ist das Exekutivorgan der EU
Vergleich der Wahlen Bundestag Europäisches Parlament Vorschlag für „Regierungschef“ Bundespräsident Europäischer Rat (Staats- und Regierungschefs der Mitgliedsstaaten) Wahl des „Regierungschefs“ Absolute Mehrheit der Abgeordneten Absolute Mehrheit der Abgeordneten Regierungskoalition Zumeist gebildet Bisher nicht gebildet Bestimmung der Minister bzw. Kommissare Vorschlag durch Regierungschef; ernannt durch Bundespräsidenten Entsandt aus den Mitgliedsstaaten; als Gesamtgruppe durch EP zu bestätigen Zahl und Zuschnitt der Ministerien bzw. Kommissariate Von Regierungschef bestimmt; faktisch in Koalitionsverhandlungen festgelegt Ein Kommissariat pro Mitgliedsstaat Deliberative Demokratietheorie nach Jürgen Habermas:
- Unterscheidet zwischen „kommunikativer Macht“ und „administrativer Macht“ „Kommunikative Macht“: Macht, die tatsächlich vom Volk ausgeht „Administrative Macht“: Macht, die vom Staat und seinen Institutionen ausgeht beide Machtformen aufeinander angewiesen, „administrative Macht“ notwendig, zur Sicherstellung eines Rahmens für Versammlungen, Umsetzung der Beschlüsse in positives Recht „Administrative Macht“ auch auf „kommunikative Macht“ angewiesen, da jene durch diese erst überhaupt vollauf legitimiert werde „Kommunikative Macht“: Ein Ergebnis von Deliberation, von Verfahren der Beratung und der Meinungs- und Willensbildung in Diskursen alle Teilnehmer streben einen Konsens an, der auf rationale Weise erreicht wird alle sollen aus der Einsicht heraus der besten Argumentation zustimmen („zwangloser Zwang des besseren Arguments“) an den Diskursen/ Beratungen über verbindliche Regelungen dürfen alle Betroffenen teilnehmen, sich einbringen und Beiträge leisten Deliberative polls: Eine zurzeit (z.B. auf EU – Ebene) häufiger angewendete deliberative Methode, bei der eine repräsentative Auswahl an Bürgern (ein Wochenende) über ein ausgewähltes politisches Problem diskutiert; die veröffentlichten Ergebnisse des Diskurses können den politischen Entscheidungsträgern und der Öffentlichkeit als Entscheidungs- und Meinungsbildungsgrundlage dienen.
Volonté de générale Ausdruck, der auf das Gemeinwohl eines politischen Körpers gerichteten Willen. Rousseau grenzt diesen Gemeinwillen gegenüber der volonté de tous , der Summe der Einzelinteressen, und der volonté de la majorité , dem Willen der Mehrheit, ab. Repräsentative Demokratie („Konkurenztheorie“ Die Federalist Papers waren eine Serie von 85 Artikeln, die 1787/88 in verschiedenen New Yorker Zeitungen veröffentlicht wurden und die Bevölkerung des Staats New York dazu bewegen sollten, der 1787 entworfenen aber noch nicht ratifizierten föderalen Verfassung der Vereinigten Staaten von Amerika zuzustimmen.
- geschrieben von drei Gründervätern der Vereinigten Staaten von Amerika
- Alexander Hamilton, John Jay und James Madison (späterer US – Präsident)
- Mensch rational und Träger von Einzelinteressen (nützlich und legitim), Gemeinwohl steht nicht a priori fest
- Entscheidungsverfahren in nach Repräsentationsgedanken gebildeten Institutionen, dürfen aber nicht zu viele und nicht zu wenige Mitglieder haben
- Sonst zu wenig Legitimation oder zu viel Behinderung bei der Entscheidungsbildung
- Gewaltenteilung unbedingt notwendig, um Erstarken von Partikularinteressen zu verhindern
- Parteien sind ausdrücklich erwünscht, wenn auch Vertreter von Partikularinteressen in öffentlichen Institutionen
- Geht darum, durch ein Institutionensystem und dessen innere Verflechtungen sicherzustellen, dass sich nicht eine Fraktion mittels „Intrigen“ durchsetzt
Volksentscheid:
Durch Volksentscheid kann an Stelle des Landtags das Volk selbst Gesetze erlassen. Initiative Begehren Entscheid auf Bundesebene nicht zulässig regional auf Länderebene verfassungsrechtlich möglich (Art. 124 der Hessischen Verfassung)
- (ausgenommen Bereiche: Haushalt, Abgaben, Besoldungen)
- Initiative (Gesetzesvorlage)
- 2% Unterschriften
- Dann Landtag ja/nein
- Mehrheit = 20% der Wahlberechtigten Gesetz wird von der Regierung (inkl. eigener Meinung) dem Landtag unterbreitet, übernimmt der Landtag den Entwurf, entfällt der Volksentscheid Volksentscheid: nur „Ja“ oder „Nein“, Mehrheitsprinzip Quorum:
- Notwendige Anzahl an Stimmen, die benötigt wird, damit eine Wahl oder Abstimmung gültig ist, Quoren sollen die Überrepräsentanz von Minderheiten verhindern, die bei zu geringer Beteiligung entstehen könnten.
Inwiefern sind direktdemokratische Elemente geeignet, um Politikverdrossenheit entgegenzuwirken? Bezogen auf Volksentscheid Pro:
- Repräsentativität
- Akzeptanz
- Transparenz
- Schnelligkeit
- Zufriedenheit
- Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts
- Stärkt Diskurs
- Verantwortungsübernahme durch Bürger
- Intensive Diskussion von hochpolitischen Fragen
- Diskussion wird nicht von Personaldebatten überlagert, sondern nur von Sachlage
- Stimme des Bürgers hat unmittelbaren Einfluss auf Sachentscheidung Contra:
- Teilnahme geringer als bei allgemeinen Wahlen
- Teilnahme geringer je häufiger Volksabstimmungen und je komplizierter Sachfrage ist
- Vor allem Menschen aus höheren und mittleren Schichten mit höherem Bildungsabschluss und Männer stimmen ab noch größere soziale Schieflage
- Nicht Volk initiiert Volksabstimmung, sondern Initiatoren, die finanzielle und organisatorische Ressourcen haben
- Mehrheit kann noch geringer in der Bevölkerung verankert sein, als bei politischen Wahlen, wenn Interessengruppe gleichgesinnte sehr stark mobilisieren konnte
- Viele entscheiden über wenig Betroffene
- Stimmen können mehr Gewicht bekommen, als ihnen zusteht
- Herunterbrechen auf Ja/Nein Entscheidungen
- Populismus
- Inkompetenz/ Uninformiertheit
- Zu kostenintensiv und umständlich
- Desinteresse der Bevölkerung
- Umsetzung schwierig
- Überforderung
- Spaltung der Gesellschaft
- Zeigt soziale Misslage/Spaltung der Gesellschaft
- Einflussmöglichkeit enorm hoch
- Werden von Interessengruppen finanziert/ kann richtige Werbekampagne führen Ergebnis: Interessen der weniger gebildeten und niedriger gebildeten sozialen Schichten einer Gesellschaft sind repräsentativen Institutionen besser aufgehoben als in Entscheidungen, die „das Volk“ trifft. Formen demokratischen Regierens: