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Prüfungsaufgaben SH Latein 2019
Art: Abiturprüfungen
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Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schriftliche Abiturprüfung Schleswig-Holstein 2019 Kernfach Latein Thema: Ist Philosophie überflüssig?
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(^1) incurrere ... in m. Akk. jemanden treffen (^2) credere hier: überlassen (^3) in solido in Sicherheit (^4) fortuitis non indigēre ohne Zufälligkeiten auskommen (^5) in summum perducta (Pl. n.) Dinge, die vollkommen sind (^6) incrementi locus Raum für Wachstum (^7) Ergänze: id , quod (^8) Ergänze: fortuna dat ... detrahit (^9) Ergänze: Virtus libera est (^10) adversus m. Akk. in Richtung auf (^11) apparatus (Pl.) terribilium Vorbereitungen schrecklicher Dinge (^12) Ergänze: sapiens tenet ... mutat (^13) ex vultu ~ in vultu (^14) dura ... secunda (Nom. Pl. n.)
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(^15) perire sensurus sit er könnte als Verlust empfinden (^16) Ergänze und ordne: Sapiens enim in possessione unius rei est: virtutis. (^17) ab hoc (Gemeint ist der König.) (^18) in praedam cedere geplündert werden (^19) ipsum (Gemeint ist Stilbon.) (^20) victor hier Adjektiv: siegreich (^21) testari hier: beweisen
Umfang des lateinischen Textes: 208 Wörter
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schriftliche Abiturprüfung Schleswig-Holstein 2019 Kernfach Latein Thema: Ist Philosophie überflüssig?
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Einleitung:
Seneca und Schopenhauer behandeln eine grundsätzliche Frage des menschlichen Daseins: Sie nehmen Stellung zum Verhältnis des Menschen zu seiner engsten Umwelt, aber auch zum Verhältnis des Menschen zu sich selbst.
Ergebnisse:
Seneca geht bei seiner Darstellung vom Ideal des stoischen Weisen (z. B. Z.
Es geht beiden um eine Veränderung des Menschen: Seneca macht dies daran deutlich, dass er den Weisen als leuchtendes Vorbild setzt, Schopenhauer durch den Appell „wir sollten“ (Z. 1).
Den Schlüssel für eine erfolgreiche Veränderung sehen beide in einer Veränderung der inneren Einstellung des Menschen (Seneca, Z. 4: in se / Schopenhauer, Z. 2-3).
Schopenhauer geht in seinem Text – wie Seneca v. a. in Z. 21 bis 25 – auf konkrete Beispiele für Besitztümer ein. Beide erwähnen das Hab und Gut (Seneca, Z. 22: patrimonium / Schopenhauer, Z. 4: „Eigenthum“) und Kinder (Seneca, Z. 22: filias / Schopenhauer, Z. 4: „Kind“); die übrigen Aspekte stimmen zwar nicht überein, immerhin aber ähneln sich folgende Aspekte: Körper (Seneca, Z. 3: corporis ) und „Gesundheit“ (Schopenhauer, Z. 4). Seneca und Schopenhauer betrachten Menschen und menschliche Beziehungen offenbar als Besitz (Seneca, Z. 20 ff. / Schopenhauer, Z. 1).
Seneca betont, dass die Menschen und Dinge um uns herum im Grunde weniger wichtig sind; der einzige wertvolle Besitz sei die virtus (z. B. Z. 14 f.). Schopenhauer sieht das anders; er zweifelt nicht daran, dass auch Mitmenschen, Tiere und Gegenstände wertvoll sind (Z. 6: „Werth der Dinge“), und möchte sogar, dass wir uns dieser Werte immer wieder bewusst werden.
Seneca entwickelt in seinem Text die Vorstellung, der Mensch müsse frei davon sein, Verluste zu empfinden (z. B. Z. 14: perire sensurus sit ), Schopenhauer setzt aber gerade auf dieses Gefühl (Z. 5 f.); er möchte es sogar antizipieren (Z. 1-3).
Fazit:
Die Positionen Senecas und Schopenhauers unterscheiden sich im Anspruch an die Menschen, in der Wertschätzung der Güter und in der Zielsetzung. Wahrscheinlich wird der Philosoph Schopenhauer auch weitere und höhere
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Widerspruch vor.
Der Vorwurf der Heuchelei kann auch darauf beruhen, dass Seneca eine Philosophie der Vernunft und Mitmenschlichkeit vertrat, den Mord an Agrippina aber billigte.
Dieser Vorwurf lässt sich schwer ausräumen. Den Muttermord mit politischer Vernunft oder Notwendigkeit zu rechtfertigen, wäre zwar eine denkbare Möglichkeit; sie würde aber wegen der Affekte, die wohl im Spiel waren, nicht vollends überzeugen.
Senecas Schüler ist der Tyrann Nero. In seinen Briefen gibt sich Seneca aber als kundiger Lehrer und Seelenlenker.
Neros Herrschaft war zu Beginn keine Schreckensherrschaft. Der negative Einfluss Poppeas und des Tigellinus sowie vielleicht unveränderliche Dispositionen Neros dürfen Seneca nicht angerechnet werden. Seine Schrift De clementia zeigt, dass er Anstrengungen unternimmt, seinen Schüler auf die richtige Bahn zu lenken.
Es scheint einen grundsätzlichen Widerspruch zu geben zwischen der Rolle des nachdenklichen Philosophen und der des handelnden Politikers.
Die stoische Philosophie sieht vor, dass sich die Menschen im Gemeinwesen engagieren sollen: Ein „Glück im Winkel“ ist nicht das Lebensziel.
Seneca lehrt, dass man den Tod gelassen hinnehmen soll – Sokrates ist das Vorbild. Sein eigenes Sterben orientiert sich zwar an diesem Vorbild, doch zeigt Seneca dabei auch Emotionen.
Seneca sieht sich selbst nicht als vollkommenen Menschen an, als einen zweiten Sokrates. Außerdem ist die Darstellung von Senecas Tod geprägt von der nicht unbedingt wohlwollenden Sicht des Tacitus.
Der Vorwurf, dass Seneca ein Amateurphilosoph sei, könnte darauf beruhen, dass er sich Zeit seines Lebens politisch betätigt hat, sogar an höchster Stelle, und seine schriftstellerische Tätigkeit demgegenüber als „Hobby“ erscheint.
Diese Sichtweise lässt außer Acht, dass es für einen Römer ungewöhnlich gewesen wäre, ein „Berufsphilosoph“ zu sein, und Seneca seine Tätigkeit (und erzwungene Untätigkeit) wie kaum ein anderer Römer philosophisch begleitet hat.
Im Vorwurf schwingt auch mit, dass Senecas Philosophie nicht wertvoll genug sei: Man könnte ihm vorhalten, dass er sein Denken nicht systematisch entfalte, sondern eher essayistisch.
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Die Kritik verfängt nur dann, wenn man eine bestimmte Vorstellung davon hat, wie ein Philosoph denken und schreiben muss. Philosophie kann aber auch anders vermittelt werden.
Ein zweiter Grund könnte Senecas Philosophie als minderwertig erscheinen lassen: Er sei nicht der Begründer einer neuen Lehre.
Auch hier stellt sich die Frage nach der Definition dessen, was einen Philosophen ausmacht. Er muss nicht immer ein Erfinder einer gänzlich neuen Denkweise sein; er kann auch Vorhandenes weiterdenken.
Ein dritter Grund könnte darin bestehen, dass Senecas Philosophie zu wenig in die Tiefe gehe: Sie sei „nur“ praktische Lebensphilosophie.
Dieser Vorwurf trifft alle Philosophien, die sich mit den tatsächlichen Gegebenheiten des Daseins beschäftigen. Es ist fraglich, ob eine abstrakte und akademische Philosophie die eigentliche ist. Außerdem geht Seneca durchaus in die Tiefe; er setzt als geschickter Lehrer nur immer zunächst beim Konkreten an und holt seine Leser dort ab.
Fazit:
Der Vorwurf, Seneca sei ein Heuchler gewesen, lässt sich weitgehend ausräumen. Seine problematische Rolle bei der Ermordung Agrippinas bleibt aber als Widerspruch zwischen Leben und Lehre bestehen. Das Urteil darüber, ob Seneca ein unbedeutender Amateurphilosoph gewesen ist, hängt davon ab, wie man die Begriffe „Philosoph“ und „Philosophie“ definiert. Ist die Definition nicht zu eng gefasst, lässt sich der Vorwurf entkräften. Insgesamt erscheint die massive Kritik an Seneca unangemessen.
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schriftliche Abiturprüfung Schleswig-Holstein 2019 Kernfach Latein Thema: Heimat und Exil
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(^1) versari leben (^2) rigere m. Abl. überhäuft sein mit (^3) submovere abhalten (^4) sera Riegel (^5) tegere bedecken (^6) continuari m. Dat. sich anschließen an (^7) nisi cum außer wenn (^8) Felicem Nioben ( Akkusativ des Ausrufs; angerufen wird hier die mythische Königin Niobe, die für ihren Hochmut von den Göttern mit der Tötung ihrer vierzehn Kinder bestraft wurde und sich später in einen Stein verwandelte.) (^9) ponere sensum m. Gen. das Gefühl verlieren für (^10) saxea facta (Nom. Sg. f.) in Stein verwandelt
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(^11) Vos (Gemeint sind die Schwestern des Phaeton, die sich in Pappeln verwandelten, als
sie wehklagend seinen Sturz mit dem Sonnenwagen vom Himmel beobachteten.) (^12) populus Pappel (^13) ora (Pl. n.) Münder (^14) admitti sich verwandeln dürfen (^15) Ordne: requies somnusque, medicina publica curae; publicus hier: allgemein üblich (^16) orbus m. Abl. ohne (^17) in m. Akk. hier: zu (^18) Sarmaticus Sarmatisch ( Die Sarmaten waren ein Nomadenvolk, das auch am
Schwarzen Meer siedelte. ) (^19) fera vinc(u)la grausame Fesseln (^20) percipere erkennen (^21) admonitus boni Erinnerung an das Glück
Umfang des lateinischen Textes: 192 Wörter
Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schriftliche Abiturprüfung Schleswig-Holstein 2019 Kernfach Latein Thema: Heimat und Exil
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Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur Schriftliche Abiturprüfung Schleswig-Holstein 2019 Kernfach Latein Thema: Heimat und Exil
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Der Autor nutzt ein typisches Motiv der Exilliteratur, um den Verbannten als unglücklich bzw. heimwehkrank darzustellen: die – hier unablässig fließenden - Tränen (V. 9: Fine carent lacrimae ).
Auch durch das Motiv der todesähnlichen Schockstarre, ebenfalls typisch für die Exilliteratur, inszeniert er das Leid des verbannten Dichters als unerträglich (V. 9: stupor / V. 10: similis morti … torpor ).
Ovid setzt mythologische Vergleiche ein, mit denen er deutlich macht, dass das Elend des verbannten Dichters andere sehr schlimme Schicksale noch übertreffe: Sogar Niobe und den Schwestern Phaetons sei es nämlich trotz ihres großen Leids (V. 11: quamvis tot funera vidit / V. 13 f.: clamantia fratrem … ora ) noch besser ergangen, da sie durch ihre Verwandlungen in Stein und Pappeln ihr Unglück nicht mehr hätten spüren müssen (V. 12: posuit sensum saxea facta mali / V. 14: cortice velavit populus ora ). Ihm hingegen stünden derartige Fluchtmöglichkeiten nicht zur Verfügung (V. 15 f.).
Die Sehnsucht danach, das Verbannungsschicksal nicht mehr spüren zu müssen, hebt Ovid außerdem durch die Selbsttröstung seines elegischen Ichs mit dem Heilmittel Schlaf (V. 17 f.: medicinaque publica curae somnus ) hervor, der immerhin eine zeitlich begrenzte Flucht vor dem Leid bedeuten könnte (V. 18: solitis nox venit orba malis ).
Die Erwartung des Lesers, dass der Verbannte also im Schlaf eine Ruhepause vom Leid finden werde, wird jedoch gleich im folgenden Vers durch das Mittel der Kontrastierung ad absurdum geführt: Das genaue Gegenteil tritt ein: Die Nacht bringt keine Ruhe, sondern Albträume, die das elegische Ich erschrecken (V. 19 : Somnia me terrent ) und das Unglück (V. 19: veros imitantia casus / V. 20: damna ) fortsetzen bzw. noch steigern (V. 21 f.).
Mit den Träumen von Rom, den Freunden und seiner Frau, welche resignativ als Trugbilder des Glücks klassifiziert werden (V. 23: decipior melioris imagine somni ), inszeniert Ovid den verbannten Dichter wiederum als heimwehkrank.
Eine Steigerung wird darauf noch durch die Feststellung erzeugt, dass diese schönen Träume das mentale Befinden des elegischen Ichs nicht nur nicht kurzzeitig verbessern könnten, sondern durch die Erinnerung an das Glück sogar noch verschlimmerten (V. 28: peior ab admonitu fit status iste boni ).
Im gesamten Text wird der verbannte Dichter als einsamer Mensch inszeniert, da an keiner Stelle bei der Schilderung seiner Not von Hilfe oder Trost durch Mitmenschen vor Ort die Rede ist.
Fazit:
Ovid inszeniert sowohl den Verbannungsort als auch die Situation und die Befindlichkeit des Dichters als Worst-Case-Szenario. Krieg und Kälte im barbarischen Land sei er hilflos ausgeliefert, für seine seelische Not gebe es keinerlei Ausweg.