
Professor Dr. Bernd Heinrich Stand: 1. Oktober 2018
Handlung = vom Willen getragenes menschl iches Verhalten (Ist in aller Regel unprobl ematisch. Ausnahme: vis a bsoluta)
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. objektiver Tatbestand (= Prüfung der im Tatb estand aufgenommenen Tatbestandsmerkmale)
a) Subjektsqualität des Täters
– nur zu prüfen bei: Sonderdelikten (Bsp.: Amtsdelikte, §§ 11 I Nr. 2 , 331, 332, 340 StGB)
b) Tathandlung
c) Tatobjekt (nicht immer notwendig; vgl. z.B. §§ 153 ff. StGB)
d) Erfolg (nur zu prü fen bei den sog. Erfolgsdelikten, nicht bei den schlichten Tätigkeitsdelikten)
e) Kausalität zwi schen Tathandlung und Erfolg bei Erfolgsdelikten ( im Strafrecht: Äquivalenztheorie); i.d.R.: ungeschriebenes Merkmal
f) Objektive Zurechenbarkeit
g) In Ausnahmefällen: Rechtswi drigkeit als Attribut eines einzelnen Tatbestandsmerkmals
h) In Ausnahmefällen: tatbestandseinschrä nkende ungeschriebene Tatbestandsmerkmale (Bsp .: § 263 StGB: Vermögensverfügung)
2. subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bzgl. sämtlicher objektiver Tatbestandsmerkmale (vgl. § 15 StGB)
– Absicht (dolus directus 1. Grades) oder
– Wissentlichkeit (dolus directus 2. Grades) oder
– bedingter Vorsatz (Eventualvorsatz)
b) Nichtvorliegen eines Tatb estandsirrtums (§ 16 StGB) = besei tigt Vorsatz
c) In Ausnahmefällen: sonstige s ubjektive Tatbestandsmerkmale (Bsp.: Zueignungsabsicht in § 242 StGB)
3. In Ausnahmefällen: objektive Bedingungen der Strafbarkeit. Diese sind Tatbestandsannexe, müssen jedoch vom Vorsatz nicht umfasst
sein (Bsp.: Nichterweislichkeit § 186 StGB; schwere Folge § 231 StGB; r echtswidrige Tat § 323a StGB).
II. Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit ist durch die Verwirklichung des Tatbestandes in aller Regel indiziert (Ausnahme: Es liegt ein sogenannter „offener Tat-
bestand“ vor; Bsp.: § 240 StGB). Die Verwirklichung eines Straftatbestandes ist nur dann nicht rechtswidrig, wenn ein Rechtfertigungsgrund
vorliegt:
1. objektives Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes, u.a.
– § 32 StGB: Notwehr
– § 34 StGB: Rechtfertigender Notstand
– Einwilligung oder mutmaßliche Einwilligung
– § 127 I StPO: Festnahmerecht
– zivilrechtliche Rechtfertigungsgründe, §§ 227, 228, 229, 859, 904 BGB
2. subjektives Element: Kenntnis des Täters vom Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes und Handeln des Täters aufgrund des jeweiligen
Rechtfertigungsgrundes
Rechtsfolge, wenn dieses subjektive Element fehlt:
– BGH: vollendetes Delikt
– a.M.: lediglich Versuchsstrafbarkeit
III. Schuld
1. Schuldfähigkeit des Täters
– § 19 StGB: Kinder unter 14 Jahren sind schuldunfähig
– § 20 StGB: Schuldunfähigkeit wg. seelischer Störungen
– § 21 StGB: Verminderte Schuldfähigkeit = sie beseitigt nicht die Schuld!! Nur fakultative Strafminderung.
2. Schuldform: (Schuld-)Vorsatz bzw. Vorsatzschuld als Vorsatz hinsichtlich der Rechtswidrigkeit. Diese ist durch den Tatbestandsvorsatz
als subjektives Tatbestandsmerkmal indiziert.
Ausnahme: Beim Erlaubnistatbestandsirrtum = Irrtum über das Vorliegen einer Rechtfertigungssituation.
3. Unrechtsbewusstsein (Bewusstsein über die Rechtswidrigkeit der Tat). Dieses kann fehlen beim
– Verbotsirrtum (§ 17 StGB)
– Erlaubnisirrtum (Irrtum über die Existenz oder die rechtlichen Grenzen eines Rechtfertigungsgrundes)
4. Fehlen von Entschuldigungsgründen u.a. – Notwehrexzess: § 33 StGB (allerdings str. für den Fall des extensiven Notwehrexzesses,
vgl. hierzu Examinatorium AT – Arbeitsblatt Nr. 30)
– entschuldigender Notstand: § 35 StGB
5. Eventuell hier: Spezielle (strafschärfende oder strafmildernde) Schuldmerkmale (str.)
IV. Sonstige Prüfungspunkte
1. persönliche Strafaufhebungsgründe (Bsp.: Tätige Reue §§ 98 II 2, 310, 311c III StGB)
2. persönliche Strafausschließungsgründe (Bsp.: Angehörigeneigenschaft in § 258 VI StGB)
3. Strafantrag und andere Strafverfolgungsvoraussetzungen (Bsp.: Ermächtigung, § 194 IV StGB)
4. Strafverfolgungshindernisse (Bsp.: Verjährung, § 78 ff. StGB; Immunität, Art. 46 II GG)
5. Absehen von Strafe, § 60 StGB
6. Strafzumessungsvorschriften: besonders schwere Fälle; minder schwere Fälle (Bsp.: § 243 StGB)
Literatur/Lehrbücher: Haft, Anhang I; Wessels/Beulke/Satzger, § 23 IV A.
Vorlesung Strafrecht – Allgemeiner Teil – Arbeitsblatt Nr. 44
Aufbauschema: vorsätzliches Begehungsdelikt