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Skript der Fachrichtung 4.1 Germanistik der Universität des Saarlandes, Stand August 2008.
Art: Skripte
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Lass dir nichts Wichtiges entgehen!
Letzte Aktualisierung: 22.08.
Ein Skript der Fachrichtung 4.1 Germanistik der Universität des Saarlandes
Vorbemerkung und Hinweise zur Benutzung:
Dieses Skript war ursprünglich als Lernhilfe bei der Vorbereitung auf die Schriftliche Zwi- schenprüfung in Literaturwissenschaft gedacht. Im Zuge der Einführung modularisierter Stu- diengänge (ab WS 2007/08) erfolgt die Abprüfung des Grundlagenwissens nicht mehr in Form der Zwischenprüfung, sondern im Rahmen des Grundlagenmoduls A: Einführung in die Neuere deutsche Literaturwissenschaft. Nach wie vor jedoch zählt der Erwerb einer fachsprachlichen Beschreibungs- und Erklä- rungskompetenz zu den zentralen Lernzielen der ersten Semester. Das Skript hat sich zur Aufgabe gesetzt, die dazu notwendigen literaturwissenschaftlichen Fachtermini möglichst präzise zu definieren und zumindest ansatzweise mit der Vermittlung größerer Zusammen- hänge zu verbinden. Auf die Lernziele des Grundlagenmoduls bezogen, ersetzt es weder die begleitende Lektüre (etwa einer Einführungsdarstellung wie Alo Allkemper/Norbert Otto Eke: Literaturwissenschaft. Paderborn 2004) noch das eigenständige Nachschlagen (etwa in Metzlers Literatur Lexikon und in der angegebenen Spezialliteratur). Ebenso selbstverständ- lich bedarf das Skript der Ergänzung durch Lehr- und Lernmaterialien, wie sie in den jeweili- gen Grundkursen Literaturwissenschaft eingesetzt werden. Im Ganzen jedoch hofft die Fach- richtung Germanistik, ihre Studierenden auch mit Hilfe dieses in der Praxis seit längerem erprobten Skripts beim Erwerb grundlegender literaturwissenschaftlicher Kompetenzen zu unterstützen.
Saarbrücken, im Oktober 2008 Dr. Sascha Kiefer
Verwendete Zeichen: ● Beispiele ■ Weiterführende Literatur ►Lerntipps
Nach: Alo Allkemper/Norbert Otto Eke: Literaturwissenschaft. Paderborn 2004, S. 26; vgl. auch ebd., S. 13-33.
Ein erfolgreiches Studium setzt die Fähigkeit voraus, die für ein Problem oder eine Fragestel- lung relevanten Titel der Primärliteratur sowie die existierende und die konkret erreichbare Forschungsliteratur systematisch recherchieren zu können. Vor allem zum Recherchieren der Forschungsliteratur sind Bibliothekskataloge (z.B. der Web-Opac der Universität des Saarlandes oder auch die Gesamtheit der deutschen Biblio- thekskataloge im sog. ›Karlsruher Katalog‹ unter www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html) unzu- reichend – denn hier findet man nur die Titel selbständig erschienener Publikationen (also ›Bücher‹), aber keine Titel von Aufsätzen, die in Zeitschriften oder Sammelbänden veröffent- licht wurden!
2.1 Germanistische Fachbibliographien Unentbehrlich zur Literaturrecherche sind die zwei wichtigsten und periodisch erscheinenden germanistischen Fachbibliographien:
- Bibliographie der deutschen Sprach- und Literaturwissenschaft. Begründet von Hanns W. Eppelsheimer, fortgeführt von Clemens Köttelwesch, hrsg. v. Bernhard Koßmann. Frankfurt/M. 1957ff (im ›Fachjargon‹: ›Eppelsheimer-Köttelwesch‹ ; erscheint im Jahresrhythmus in Printfom und ist auch online zugänglich unter www.bdsl- online.de; beim Online-Zugang ist zu beachten, dass die neuesten Jahrgänge lizenzpflichtig sind, also nur über Universitätsrechner in die Recherche einbezogen werden können). - Germanistik. Internationales Referatenorgan mit bibliographischen Hinweisen. Hrsg. v. H.W. Bähr u.a. Tübingen 1960ff (erscheint vierteljährlich).
Um sich bestimmte Basisinformationen zu literaturwissenschaftlichen Fragestellungen ver- schaffen zu können, muss ein Germanistik-Student/eine Germanistik-Studentin den folgen- den Minimalkatalog von Nachschlagewerken bzw. Gruppen von Nachschlagewerken ken- nen:
2.2 Sachlexika der Literaturwissenschaft ¾ Dort findet man: Fachbegriffe aus Rhetorik und Stilistik, Epochenbegriffe, Gattungsbegriffe usw.
- Metzler Lexikon Literatur [LL] Begriffe und Definitionen. Begründet von Hrsg. v. Günther und Irmgard Schweikle. 3., voll- ständig neu bearbeitete Auflage hrsg. v. Dieter Burdorf, Christoph Fasbender und Burkhard Moennighoff. Stuttgart und Weimar 2007.* - Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft [RL]. Hrsg. v. Klaus Weimar mit Harald Fricke, Klaus Grubmüller und Jan-Dirk Müller. 3 Bde. Ber- lin 1997-2003. - Meid, Volker: Sachwörterbuch zur deutschen Literatur. Stuttgart 1999. - Wilpert, Gero von: Sachwörterbuch der Literatur. Stuttgart 8 2001.
Relativ wenige, dafür ausführliche Artikel enthalten die folgenden Fachlexika (die eher Handbuchcharakter haben):
- Literaturwissenschaftliches Lexikon.
eines Referats, einer Hausarbeit usw. findet man z.B. in folgenden arbeitspraktischen Ein- führungen: ■ Moenninghoff, Burkhard/Meyer-Krentler, Eckhardt: Arbeitstechniken Literaturwissenschaft. München 9 2001 (UTB).* ■ Jeßing, Benedikt: Arbeitstechniken des literaturwissenschaftlichen Studiums. Stuttgart 2001 (RUB 17631).
Über die verschiedenen Möglichkeiten des Bibliographierens mit Hilfe von Bibliographien, Fachlexika, Literaturgeschichten, Archiven, literarischen Gesellschaften usw. informiert sehr ausführlich: ■ Blinn, Hansjürgen: Informationshandbuch Deutsche Literaturwissenschaft. 4. völlig neu bearbeitete und stark erweiterte Auflage. Mit Internet- und CD-ROM-Recherche. Frankfurt/M. 2001.*
* Anschaffung empfohlen (und finanzierbar!) für den heimischen Handapparat
► Lerntipp: Führen Sie einen Lexikonvergleich durch, indem Sie
Wer Aussagen über Texte trifft, muss sich darauf verlassen können, dass er den Text in ei- ner möglichst ›authentischen‹ Version vor sich hat. Unter einem authentischen Text versteht man einen solchen, den der Autor selbst abgefasst hat, von dem also eine handschriftliche Fassung, ein Autograph vorliegt, oder dessen schriftliche Fixierung vom Autor überwacht wurde (etwa bei Diktaten, die z.B. Goethe im Alter oft anwandte). Aber auch Druckfassun- gen, die der Autor selbst betreut (›autorisiert‹) hat, gelten als authentisch. Ein authentischer Text darf keinerlei Elemente enthalten, die vom Herausgeber, vom Drucker, vom Korrektor stammen, ohne als nicht autorisierte Zusätze kenntlich gemacht worden zu sein. Editionstechnische Fragen werden dann besonders relevant, wenn entweder schwer zu ent- scheiden ist, welche Fassung eines Textes am ehesten ›authentisch‹ ist oder wenn mehrere Versionen existieren, die jeweils in gleichem Maße auf den Autor zurückgehen (● z.B. eine frühe Fassung und eine spätere Fassung, wie bei Goethes Roman Die Leiden des jungen Werther [1774/1787]). Im zweiten Fall muss der Herausgeber (Editor) entscheiden, welche Fassung er seinen Lesern in der von ihm verantworteten Edition vollständig präsentieren will und wie er zugleich über die Abweichungen in den späteren Versionen informieren kann (siehe unter Apparat, Apparatgestaltung) – denn jede autorisierte Variante kann ja das Text- verständnis und damit die Interpretation beeinflussen! Deshalb sollte sich ein Literaturwis- senschaftler in seinen Interpretationen nach Möglichkeit auf sog. ›historisch-kritische‹ Werk- ausgaben (s. 3.3) beziehen, denn nur dort ist die Sicherheit gegeben, dass die Textüberliefe- rung mit maximaler Sorgfalt geprüft wurde und der Leser sich über alle Fassungen, Entste- hungsvarianten usw. informieren kann.
3.1 Wichtige Begriffe der Editionstechnik (Auswahl)
- Überlieferungslage Die Überlieferungslage bezeichnet die Gesamtheit der als Überlieferungsträger (oder Text- zeugen) bezeichneten Handschriften, Abschriften, Drucke, die zu einem Werk überliefert (tradiert) sind. - Textgenese Unter der Textgenese versteht man den Prozess der Werkentstehung von der ersten Notiz bis zur späteren Druckfassung. Die Rekonstruktion der Textgenese ermöglicht einen ›Blick in die Werkstatt‹ des Autors. - Textkritik Kritische Überprüfung eines Textes mit dem Ziel, die Texttradierung und die Textgenese auf- zuzeigen; die Textkritik dient der Rekonstruktion eines möglichst authentischen Textes durch die Prüfung sämtlicher vorhandener Überlieferungsträger, um die Intentionen des Autors dokumentieren zu können und eine zuverlässige Edition überhaupt erst zu ermöglichen. Ihre Methoden und Ziele sind unterschiedlich, je nachdem ob ein ›Original‹ noch zur Verfügung steht (das ist bei Texten aus der Antike und dem Mittelalter meistens nicht der Fall!) oder ob eine oder mehrere authentische Textfassungen vorliegen (bei neueren Autoren die Regel). - Emendation (lat.: emendare = berichtigen, verbessern) Verbesserung offensichtlicher Rechtschreib- oder Druckfehler. - Konjekturalkritik (Konjektur) (lat.: coniectura = Vermutung) Verbesserungen eines Textes, die der Herausgeber dort vor- nimmt, wo er eine Verfälschung und Unechtheit des Textzeugen gegenüber dem zugrunde liegenden (verlorenen) Original vermutet. Das kommt z.B. vor, wenn eine Textstelle in Stil, Reimschema, Wortsinn, Satzbau usw. nicht zum übrigen Text zu passen scheint. Bei Text-
- Variantenapparat Verzeichnet die objektiv feststellbare Änderung einer Textstelle im Laufe der Texttradierung, d.h. der Entstehungs- bzw. Überlieferungsgeschichte ( Entstehungsvarianten gehen auf den Autor selbst zurück, Überlieferungsvarianten ergeben sich z.B. durch Schreiber).
Im folgenden Beispiel wird die Fassung B zuerst in Form eines positiven, dann in Form ei- nes negativen Apparates nachgewiesen.
Text A: Er konnte es nicht glauben, daß diese wunderbare, zauberhafte Frau ihn begehrte.
Text B: Er konnte es nicht begreifen, dass die wunderbare, engelsgleiche Gestalt ihn liebte.
¾ Positiver Apparat (= lemmatisierter Apparat) Apparatform, die mit der Zuordnungshilfe des Lemmas nur die variierenden Textstellen und Textträger angibt.
1 glauben ] begreifen B; daß diese ] dass die B; zauberhafte Frau ] engelsgleiche Gestalt B; begehrte ] liebte B
1 = Positionsangabe (z.B. Zeile oder Seite) glauben = Lemma ] = Lemmazeichen begreifen = Variante B = Sigle (= Abkürzungszeichen für Überlieferungsträger, häufig z.B. H für „eigenhändige Handschrift“, D für „Druck“)
¾ Negativer Apparat (= nichtlemmatisierter Apparat) Apparatform, die auf die Zuordnungshilfe des Lemmas verzichtet. Der negative Apparat ver- zeichnet auch invariante Textstellen und Textträger.
1 begreifen, dass die wunderbare, engelsgleiche Gestalt ihn liebte B
¾ Synoptischer Apparat Apparatform, welche die Varianten in Zeilen-, Spalten- oder Seitenparallelisierung wieder- gibt.
Er konnte es nicht glauben, daß diese wunderbare, zauberhafte Frau ihn begehrte. begreifen, dass die engelsgleiche Gestalt liebte
3.3 Ausgabentypen
- editio princeps Erstausgabe. Erste selbständige Buchveröffentlichung eines literarischen Werkes. - Ausgabe letzter Hand Bezeichnung für die letzte vom Autor selbst redigierte (›einen [eingesandten] Text bearbei- ten, druckfertig machen‹) und überwachte Ausgabe seiner Werke, die die Texte in ihrer end- gültigen Gestalt bietet. - Historisch-kritische Ausgabe (HKA) Greift stets auf alle erhaltenen Textträger zurück und bietet einen daran kritisch überprüften Text. Anhand der Überlieferungsträger wird bei mittelalterlichen Autoren die Texttradierung, bei neueren Autoren die Textgenese (= Prozess der Werkentstehung) aufgezeigt. Sie um- fasst auf jeden Fall: - den edierten Text
Darüber hinaus kann bzw. sollte sie enthalten:
■ Bodo Plachta: Editionswissenschaft. Eine Einführung in Methode und Praxis der Edition neuerer Texte. Stuttgart 1997 (RUB 17603).
► Lerntipp: Schauen Sie sich einmal sehr bewusst den kritischen Apparat an, den etwa die Weimarer Ausgabe der Werke Goethes oder die von Hans Zeller erarbeitete Historisch-kritische Aus- gabe der Gedichte Conrad Ferdinand Meyers bereit stellen!
■ Uwe Neumann: Rhetorik. In: Grundzüge der Literaturwissenschaft. Hrsg. von Heinz Ludwig Arnold und Heinrich Detering. München 1996, S. 219-233.
► Lerntipp: Achten Sie auf rhetorische Prinzipien im Alltag! Suchen Sie Analogien zwischen der Lehre der antiken Rhetorik (z.B. bezüglich der Arbeitsschritte des Redners) und Ihrem eigenen Vorgehen beim Schreiben eines Textes (früher beim Schulaufsatz, heute bei Referat und Hausarbeit). Lesen Sie Zeitungsartikel unter dem Aspekt, ob Aufbau und Argumentation mit den Kategorien der antiken Rhetorik zu erfassen sind! Hören Sie einem Redner genau zu und messen Sie ihn an den Ansprüchen und Verfahrensweisen der rhetorischen Lehre!
4.2 Rhetorische Tropen und Figuren Der Einsatz rhetorischer Tropen und Figuren (als ornatus , Redeschmuck) dient dazu, die Wirkung einer Rede bzw. eines Textes zu steigern, die Aufmerksamkeit des Zuhörers bzw. Lesers durch den gezielten Einsatz sprachlicher Besonderheiten zu fesseln. Einen Eindruck von der Fülle rhetorischer Tropen und Figuren, die bereits die antike Rhetorik entwickelt und systematisiert hat, geben u.a. ■ Gert Ueding/Bernd Steinbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte – Technik – Methode. Stuttgart, Weimar 3 1994, bes. S. 283-328. ■ Clemens Ottmers: Rhetorik. Stuttgart 1996. Dort – und unter den jeweiligen Stichworten im Metzler Literatur Lexikon – sollten Zweifels- fälle nachgelesen werden. Im Folgenden werden die bekanntesten und wichtigsten Tropen und Figuren definiert, die man in Texten erkennen können sollte.
Was sind rhetorische Tropen? Tropen sind sprachliche Ausdrucksmittel der uneigentlichen Rede, Wörter oder Wendungen, die im übertragenen oder bildlichen Sinne gebraucht werden (z.B. »Blüte« für Jugend). Es besteht ein semantischer Unterschied zwischen dem Gesagten und dem Gemeinten, zwi- schen Zeichen und Bedeutung. Tropen dienten ursprünglich der Veranschaulichung von Sachverhalten.
4.2.1 Tropen im Umkreis der Metapher
- Der Vergleich Der Vergleich gehört zu den am häufigsten eingesetzten rhetorischen Mitteln. Er soll im Ge- genüber von Bild und Gegenbild die Anschaulichkeit erhöhen, eine verdeutlichende Analogie herstellen. Konstitutiv für einen Vergleich sind Vergleichspartikel (»wie«) oder Verben des Gleichens sowie das ausgesprochene oder unausgesprochene tertium comparationis (das ›gemeinsame Dritte‹, der Vergleichs- oder Berührungspunkt zwischen den beiden Analogie- sphären). Rhetorisch-stilistisch weniger interessant ist der bildlose Vergleich (● Beispiele: »Der Platz ist so groß wie zehn Fußballfelder«; »Der Sohn ist klug wie sein Vater«); wichtiger ist der uneigentliche (bildhafte, tropische) Vergleich, bei dem eine kategoriale Verschieden- heit der verglichenen Bereiche vorliegt (● Beispiele: »Mein Gemüt brennt heiß wie Kohle«; »Du bist wie eine Blume«). Zwischen dem (tropischen) Vergleich und der Metapher (s.u.) besteht ein gewisses Ver- wandtschaftsverhältnis. Der antike Rhetoriker Quintilian hat die Metapher als verkürzten Vergleich gedeutet, bei dem lediglich die Vergleichspartikel weggefallen sei (● Beispiel: aus dem Vergleich »Ihr Haar ist wie Gold« wird die Metapher »das Gold ihrer Haare«). - Die Metapher Das eigentlich gemeinte Wort wird ersetzt durch ein anderes, das eine sachliche oder ge- dankliche Ähnlichkeit oder dieselbe Bildstruktur aufweist, ● z.B. »Quelle« für »Ursache«. Die Sprache springt dabei gleichsam von einem Vorstellungsbereich in einen anderen über (Sprungtropus). Voraussetzung für das ›Funktionieren‹ einer Metapher ist üblicherweise ein (unausgesprochenes) tertium comparationis (s. auch unter Vergleich): Die metaphorische
Formulierung »Achill war ein Löwe in der Schlacht« basiert auf dem tertium comparationis der Stärke und des Mutes, die Achill und der Löwe gemeinsam haben. Sieht man von den mehr oder weniger unbewussten, verblassten und lexikalisierten Meta- phern der Alltagssprache (● Beispiele: Stuhlbein, Redefluss, Wissensdurst) ab, so werden in der Literaturwissenschaft häufig folgende Arten der Metapher unterschieden:
- Adjektivmetapher (● Beispiele: »spitze Bemerkung«, »flammender Zorn«) - Genitivmetapher (● Beispiel: »des Wahnsinns sanfte Flügel«, Trakl) - Kühne oder absolute Metapher , bei der das tertium comparationis kaum mehr zu erken- nen ist (● Beispiel: »schwarze Milch der Frühe«, Celan); geht das tertium comparationis ganz verloren (›Analogiedefekt‹) spricht man auch von einer Chiffre (frz. Geheimzeichen; ● Beispiel: »Diese Musik, ein Sternträger schwieliger Schwärze, wird uns noch lange verfol- gen«, Celan). - Die Personifikation Abstrakte Begriffe (Liebe, Tod usw.), Kollektiva (Länder, Städte), Naturerscheinungen (Flüs- se, Regen usw.), Tiere oder leblose Dinge, Konkreta werden als handelnde und redende menschliche Gestalten dargestellt (Anthropomorphismus) ● z.B. als »Frau Welt«, »Gevatter Tod« oder erhalten Züge des Menschlichen ● z.B. »Die Sonne lacht«, »Gelassen stieg die Nacht ans Land« (Mörike). - Die Allegorie In der rhetorischen Tradition wird die Allegorie vielfach als fortgesetzte Metapher (metaphora continuata) definiert. Zur Metapher bestehen allerdings auch deutliche Unterschiede: Wäh‐ rend ein metaphorischer Ausdruck rein wörtlich verstanden i.d.R. keinen Sinn ergibt, erscheint bei der Allegorie auch das rein wörtliche Verständnis sinnhaft. Bei einem allegorischen Text lassen sich immer zwei Bedeutungsebenen, eine wörtliche (sensus litteralis) und eine allegorische (sensus alle‐ goricus), voneinander abgrenzen. Eine große Rolle spielt die Allegorie in den Textgattungen Parabel und Gleichnis, aber auch in Fabeln und Dramen. Man unterscheidet insbesondere zwischen Begriffs‐ und Geschehensallegorien: - Eine Begriffsallegorie veranschaulicht einen Begriff durch ein rational fassbares Bild (● z.B. Staat als Schiff). Eine literar‐ und kunsthistorisch wichtige Sonderform der Begriffsallegorie ist die allegorische Personifikation, in der ein Abstraktum in menschlicher Gestalt dargestellt wird (● z.B. Darstellung der Gerechtigkeit als Frau mit Waage und verbundenen Augen). - Eine Geschehensallegorie veranschaulicht einen abstrakten Vorstellungskomplex oder ein Begriffs‐ feld durch eine Bild‐ oder Handlungsfolge, ● z.B. Widerstreit von Tugend und Laster als Kampf ver‐ schiedener Lebewesen. - Das Symbol Sinnbildhaftes Zeichen, das über sich auf Ideen, geistige Zusammenhänge hinausweist; nach Goethe im Besonderen das Allgemeine ahnen lässt, ohne es zu nennen. Oft liegt eine Pars-pro-toto-Relation zugrunde, der besondere Fall eines allgemeinen Phänomens gewinnt ›symbolische‹ Bedeutung. Während es im politischen oder religiösen Bereich Symbole gibt, deren Bedeutung festgelegt ist (● Beispiele: Kreuz, Taube, Ring), kann in der Literatur alles zum Symbol werden (Person, Gegenstände, Farben usw.) und im Gegensatz zur deutlich festgelegten Allegorie mehrdeutig sein: ● z.B. die Schaukel in Fontanes Effi Briest , das Schloss in Kafkas gleichnamigem Roman. - Die Synästhesie (griech.: Zusammenempfinden) Metaphorischer Ausdruck, der Wahrnehmungen verschiedener Sinnesorgane miteinander vermischt. ● Beispiele: »vom Licht berührt werden« (visuell-taktil) oder »golden weh’n die Töne nieder« (akustisch-visuell).
- Die Metonymie (griech.: Umbenennung) Die Ersetzung des eigentlich gemeinten Ausdrucks durch einen anderen, der zu ihm in realer (zeitlicher, räumlicher, ursächlicher) Beziehung steht. (Fließende) Grenze zur Synekdoche: Die Synekdoche bleibt im gleichen Begriffsfeld (insbe- sondere wenn die Beziehung unter einem erweiterten Gesichtspunkt auch als eine von Teil und Ganzem verstanden werden kann, ist die Überschneidung zur Synekdoche gegeben). (Fließende) Grenze zur Metapher: Die Metapher springt in eine andere Bildsphäre. Je nach Art des Zusammenhanges kann man verschiedene Typen der Metonymie unter- scheiden: Es steht
Was sind rhetorische Figuren? Rhetorische Figuren organisieren die Stellung und Beziehung von Wörtern zueinander. Sie- dienen der rhetorischen Ausschmückung, außerdem der Verdeutlichung, Veranschaulichung und Verlebendigung einer sprachlichen Aussage durch syntaktische Besonderheiten. Dabei verändern sie den gemeinten, eigentlichen Wortlaut nicht.
4.2.3 Wiederholungsfiguren
- Der Parallelismus (griech. parallelos: gleichlaufend) Wiederholung gleicher syntaktischer Strukturen. ● Beispiel: »Als ich noch Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind, urteilte ich wie ein Kind« (1. Kor. 13,11). - Die Alliteration (Stabreim) Gleicher Anlaut aufeinander folgender Wörter. ● Beispiele: Land und Leute; Milch macht müde Männer munter. - Die Anapher (Anaphora) Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe zu Beginn aufeinander folgender Sätze, Satzteile, Verszeilen oder Strophen (Strophenanapher). ● Beispiel: »Wer nie sein Brot mit Tränen aß, / Wer nie die kummervollen Nächte…« (Goe- the). - Die Epipher (Epiphora) Wiederholung eines Wortes oder einer Wortgruppe am Ende aufeinander folgender Sätze (in der Versdichtung zugleich ein identischer Reim). ● Beispiel: »Doch alle Lust will Ewigkeit / will tiefe, tiefe Ewigkeit!« (Nietzsche)
- Die Geminatio (lat. gemini: Zwillinge) Unmittelbare Wiederholung eines Satzteiles (Wort, Wortgruppe). Dabei kann weiter unter- schieden werden zwischen
4.2.4 Kontrastfiguren
- Die Antithese (griech.: Entgegensetzung) Gegenüberstellung zweier gegensätzlicher Begriffe oder Gedanken (als Satz-, Wortgruppen- oder Einzelwort-Antithese). Sie erscheint häufig als Parallelismus oder Chiasmus. ● Beispiele: »Der Tod, das ist die kühle Nacht, / Das Leben ist der schwüle Tag« (Heine); »Krieg und Frieden«. - Der Chiasmus Überkreuzstellung von syntaktisch oder semantisch einander entsprechenden Satzgliedern. Oft gebraucht, um Gegensätze zu verdeutlichen. ● Beispiel: »Die Kunst ist lang, und kurz ist unser Leben« (Goethe) - Das Paradoxon (griech.: das Unerwartete) Logischer Widerspruch durch Herstellung eines polaren oder widersprüchlichen Gegensat- zes zwischen zwei Satzteilen eines Satzes oder zwischen zwei Sätzen einer Satzfolge. ● Beispiel: »Wer sein Leben findet, der wird es verlieren« (Matth. 10,39). - Das Oxymoron (griech.: scharfsinnige Dummheit) Verbindung zweier sich gedanklich-logisch ausschließender Begriffe/Vorstellungen
verlassen«) oder von Wörtern verschiedener Herkunft und Bedeutung, aber gleicher oder ähnlicher Lautung (● Beispiel: »zwischen Verlegenheit und Verlogenheit«, Karl Kraus).
- Figura etymologica Sonderfall der Paronomasie: Verbindung zweier oder mehrerer Wörter des gleichen Stam- mes, ohne Bedeutungsverschiebungen. ● Beispiele: »betrogener Betrüger«, »Alles geht seinen Gang«, »schöne Spiele spiel’ ich mit dir«. - Das Polyptoton (griech.: Polys: viel; ptosis: Fall) Wiederholung desselben Wortes in verschiedenen Flexionsformen. ● Beispiele: »Das Sein des Seins ist kein Seiendes« (Martin Heidegger); »homo homini lu- pus« (Plautus).
4.2.7 Satzfiguren
- Das Asyndeton (griech.: Unverbundenheit) Aneinanderreihung von mindestens drei koordinierten Gliedern ohne Bindewörter. Man kann weiter unterscheiden zwischen Einzelwort-Asyndeton (● Beispiel: »Veni, vidi, vici«, Caesar), Wortgruppen-Asyndeton und Satzteil-Asyndeton (● Beispiel: »Er zeigte mir, dass..., dass..., dass...«). - Das Polysyndeton (griech.: Vielverbundenheit) Reihung von mindestens drei syntaktisch parallelen Elementen, die durch die gleiche Kon- junktion miteinander verbunden sind. ● Beispiel: »Und es wallet und siedet und brauset und zischt« (Schiller) - Die Ellipse Auslassen eines Wortes oder mehrerer, wodurch das Verständnis aber nicht erschwert wird. ● Beispiele: »Warum so schnell?«, »Was nun?« - Das Zeugma (griech.: Zusammengefügtes) Zuordnung eines Satzgliedes (Wortes) zu zwei oder mehreren syntaktisch oder semantisch inkongruenten Satzteilen. Oft komische Wirkung. ● Beispiele: »Er saß ganze Nächte und Sessel durch« (Jean Paul); »Ich heiße Heinz Erhardt und Sie willkommen!« - Die Apostrophe Direkte Anrede von anwesenden Einzelpersonen (● Beispiel: Bundestagsreden), abwesen- den Personen (● Beispiel: historische Persönlichkeiten); Dingen (● Beispiel: »Augen, werdet Stein«) oder Kollektive (● Beispiel: »Oh Deutschland!«). - Die Emphase Nachdrückliche Betonung (zumeist nur eines sinnschweren Wortes) in der Rede. ● Beispiel: »Er ist ein Mensch !« (d.h. je nach Kontext: gut, edel usw. oder schwach, irrend). - Die Aposiopese (griech.: Verstummen) Bewusster Abbruch der Rede oder eines begonnenen Gedankens vor der entscheidenden Aussage. ● Beispiel: »Was, ich soll...?« (aus dem Kontext zu ergänzen: »meine Erbtante vergiftet ha- ben?«); »Euch werd ich!« - Der [oder das] Anakoluth (griech.: nicht folgerichtig) Satzbruch, Fügungsbruch (in grammatischer Konstruktion Stilfehler).
● Beispiel: »Korf erfindet eine Mittagszeitung, welche, wenn man sie gelesen hat, ist man satt« (Christian Morgenstern).
- Die Akkumulation Worthäufung. Gehäufte Aneinanderreihung mehrerer Unterbegriffe anstelle des zusammen- fassenden Oberbegriffs, der auch mitgeliefert werden kann (im Beispiel: Krieg). ● Beispiel: »Ist was, das nicht durch Krieg, Schwert, Flamm und Spieß zerstört?« (Gryphius) - Die Hypallage (auch Enallage; griech.: Vertauschung; Betonung auf der letzten Silbe) Verschiebung der logischen Wortbeziehungen, besonders die Abweichung von der erwarte- ten Zuordnung eines Adjektivs. Dies wird zu einem anderen als dem semantisch passenden Substantiv gestellt (● Beispiel: »In baldiger Erwartung Ihrer Antwort« anstelle von »In Erwar- tung Ihrer baldigen Antwort«); gelegentlich kann auch ein unpassendes Adjektiv-Attribut statt eines passenden Genitiv-Attributs gesetzt werden (● Beispiel: »Der schuldige Scheitel« [Goethe] anstelle von ›Der Scheitel des Schuldigen‹). - Die Sentenz Knapp und treffend formulierter Sinn- oder Denkspruch im dichterischen Kontext. Leicht ein- prägsam aufgrund rhythmisch-klanglicher Merkmale. ● Beispiel: »Die Axt im Haus erspart den Zimmermann« (Schiller).
► Lerntipps: