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Gestaltungsmöglichkeiten der digitalen Infrastruktur entlang der Wertschöpfungskette
Art: Abschlussarbeiten
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Autor: D. H.
Eingereichte Abschlussarbeit zur Erlangung des Grades
Bachelor of Arts (B.A.)
im Studiengang Transport- und Logistikmanagement an der Karl-Scharfenberg-Fakultät der Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften
Erster Prüfer: Prof. Dr. Samir Saleh
Zweiter Prüfer: Dipl.-Oec. Holger Kadgiehn
Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................................................... III Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... IV
Das Schlagwort „Digitalisierung“ ist in den aktuellen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Beiträgen eines der meist diskutierten Themen weltweit, wenn es um die zukünftige Gestaltung von Geschäftsprozessen geht. Mit der tiefgreifenden Veränderung in allen Lebensbereichen mittels neuer technologischer Entwicklungen, werden grundlegende Strukturen revolutioniert und der digitale Wandel vorangetrieben. Bereits im Jahr 1988 beschrieb die ehemalige Harvard Professorin Shoshana Zuboff mit ihren drei „Gesetzen der Digitalisierung“ diese fundamenta- len Veränderungen, welche aus heutiger Sicht aktueller denn je sind:
Die zunehmende Verbreitung von Smartphones und Tablets sind die sichtbarsten Zeichen für den digitalen Wandel. Sie verändern das Kommunikations- und Konsumverhalten der Men- schen enorm. Mittlerweile werden diese Möglichkeiten nicht mehr nur für die Informationsbe- schaffung eingesetzt, sie sind außerdem ein etablierter Kanal zum Einkaufen sämtlicher Güter und Dienstleistungen. Die mobile Verfügbarkeit von digitalen Informationen bildet dabei den Kern der Digitalisierung und ermöglicht neue Produktions- und Geschäftsprozesse für Unter- nehmen. Maßgeschneiderte Kundenwünsche als auch die zunehmende Konkurrenz auf dem internationalen Markt bestimmen den Produktionsprozess und somit den Ablauf der kompletten Wertschöpfungskette.
Mit der Einführung von Industrie 4.0 ergibt sich für Unternehmen die Chance, den veränderten Kundenwünschen besser entsprechen und Wettbewerbsvorteile generieren zu können. Die Ge- staltung einer digitalen Infrastruktur sowie die Nutzung neuer Technologien ermöglichen
(^1) Zuboff, S. (1988); S. 10f. (^2) ebd. (^3) ebd.
Die methodische Vorgehensweise dieser Arbeit erfolgt im Sinne einer Literatur-Review mit dem Ziel, das Thema „Digitalisierung und Industrie 4.0 im Mittelstand – Gestaltungsmöglich- keiten der digitalen Infrastruktur entlang der Wertschöpfungskette“ aus theoretischer Sicht zu beschreiben. Die steigende Bedeutsamkeit des Themas zeigt sich vor allem im Hinblick auf Beiträge im Internet, in Foren und in der einschlägigen Literatur. Die für diese Arbeit verwen- dete Literatur ist in Form von Fachbüchern und Artikeln aus Fachzeitschriften publiziert wor- den. Zusätzlich wurde mit Hilfe verschiedener Internetquellen eine praxisorientierte Recherche betrieben, um aktuelle Erkenntnisse in die Arbeit einfließen zu lassen.
Zu Beginn der Bachelorarbeit wurde in Kapitel eins die Problemstellung erläutert, die Zielset- zung festgelegt und die methodische Vorgehensweise aufgezeigt.
In Kapitel zwei werden die Hintergründe und theoretischen Grundlagen der Digitalisierung und Industrie 4.0 erklärt, die im Wesentlichen zum grundsätzlichen Verständnis des Themas beitragen. Ferner geht das Kapitel auf den Mittelstandsbegriff ein, um eine Abgrenzung zu an- deren Unternehmen herstellen zu können.
Das dritte Kapitel bildet den ersten Hauptteil der Arbeit. Es wird verdeutlich, aus welchen technologischen Bausteinen eine digitale Infrastruktur im Wesentlichen besteht und welche Be- deutung diese Technologien für den Mittelstand haben. Mittels praxisnahen sowie aktuellen Ansatzpunkten, werden die Erkenntnisse nochmals untermauert.
Kapitel vier beschreibt die Auswirkungen der Digitalisierung und Industrie 4.0 entlang der Wertschöpfungskette. Der Fokus des zweiten Hauptteils richtet sich dabei auf die Primärakti- vitäten und Unterstützungsaktivitäten eines Unternehmens. Anhand der Ergebnisse aus diesem Kapitel, können interessante und neue Formen der Wertschöpfung abgeleitet werden.
Abschließend erfolgen in Kapitel fünf eine Schlussbetrachtung sowie ein Ausblick auf zukünf- tige Handlungsempfehlungen für mittelständische Unternehmen.
Der Begriff Digitalisierung beschreibt weitaus mehr als, wie vielfach angenommen, nur die reine Verarbeitung und Verbreitung von Informationen über Informations- und Kommunikati- onstechnik (IKT). Durch den rasanten technologischen Wandel wird die Digitalisierung in Zu- kunft ganze Geschäftsmodelle verändern.^6 Die Grundlagen der Digitalisierung werden im We- sentlichen durch drei zentrale Treiber charakterisiert.^7
Als erster Treiber ist hier die Fähigkeit physische Informationen und Daten in Form von Bin- ärzeichen umwandeln und auswerten zu nennen. Diese Binärzeichen werden im allgemeinen Sprachgebrauch als Bits bezeichnet und stellen dabei die kleinste Informationseinheit der Spei- cherung von Daten dar.^8 Die Codierung^9 dieser Binärzeichen ist dabei die Grundlage zur Ver- arbeitung von digitalen Informationen und zur Übertragung auf ein digitales Medium.^10
Der steigende technologische Fortschritt bildet den zweiten Treiber der Digitalisierung und ist auf die Gesetzmäßigkeit des Mitgründers der Firma Intel Gordon Moore zurückzuführen.^11 Im Jahr 1965 prognostizierte Moore, dass sich die Leistung von Prozessoren bei gleichzeitig sin- kenden Kosten jedes Jahr verdoppeln würde.^12 Moore selbst korrigierte zehn Jahre später seine Aussage auf zwei Jahre.^13 Aus dieser Prognose entwickelte sich im Laufe der Jahre das soge- nannte Moore`sche Gesetz und verdeutlicht dabei den steigenden technologischen Fortschritt in der Computertechnik.^14
Der Dritte Treiber der Digitalisierung bezieht sich auf die steigende Leistungsfähigkeit von digitalen Speichermedien. Die Speicherung von digitalen Informationen ist eine Notwendigkeit um Daten jederzeit abzurufen, auszuwerten und dadurch neue Informationen zu generieren. Die IKT bildet dabei das Verknüpfungselement und ermöglicht eine unternehmensübergreifende
(^6) Vgl. Scheer, A. ; Wahlster, W. (2012), S. 7f. (^7) Vgl. Becker, W. et al. (2017), S. 12 (^8) Vgl. Kröger, F. et al. (2011), S. 150 (^9) Codierung = Umwandlung der Binärzeichen in sog. Binary Codes (^10) Vgl. May, R.(2015), S. (^11) Vgl. Becker, W. et al. (2017), S. 13 (^12) Vgl. Moore, G. (1965), S. 115 (^13) Vgl. Moore, G. (1975), S. 3 (^14) Vgl. Heinemann, E. (2010), S. 17f.
Abbildung 1: Die Entwicklungsstufen der industriellen Revolution Quelle: In Anlehnung an Kagermann, H. et al.(2013). S. 17
Die erste industrielle Revolution begann am Ende des 18. Jahrhunderts und wurde durch die Einführung mechanischer Produktionsanlagen geprägt. Durch den Einsatz des ersten automati- schen Webstuhls in der englischen Textilindustrie konnten Textilien mechanisch hergestellt werden, wodurch erhebliche Produktivitätssteigerungen erreicht wurden. Während diese Anla- gen anfangs noch durch Wasserkraft angetrieben wurden, konnte die Produktion mit Erfindung der Dampfmaschine von nun an mechanisch erfolgen. Dies führte zu flexibler gestalteten Pro- duktionsabläufen und letztendlich zu enormen Kosteneinsparungen. 17
Die zweite industrielle Revolution zu Beginn des 20. Jahrhunderts ist vor allem durch den Ein- satz der ersten Fließbänder gekennzeichnet. Diese wurden erstmals im Jahr 1870 in Cincinnati zum Transport innerhalb von Schlachthöfen eingesetzt. Heutzutage verbindet man mit der Fließbandfertigung jedoch die Entwicklung des berühmten T-Modells von Henry Ford aus dem Jahr 1913. Mit Hilfe elektrischer Energie konnte dadurch eine arbeitsteilige Massenproduktion realisiert und die Produktion gesteigert werden.^18
(^17) Vgl. Schäfer, S., Pinnow, C. (2015), S. 2ff. (^18) Vgl. ebd.
In den 1970er Jahren begann die dritte industrielle Revolution, welche auch als erste „digitale Revolution“ beschrieben wird.^19 Diese, bis heute andauernde, Revolution ist vor allem durch den Einsatz von Elektronik und Informationstechnologie gekennzeichnet. Durch die Entwick- lung der ersten speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) konnten komplexe Produktions- prozesse automatisiert und effizienter gestaltet werden. Mit der Erfindung der ersten Computer gelang der Durchbruch der Informations- und Kommunikationstechnik. Zudem eröffneten sich für die Unternehmen durch den Zugang zum Internet neue Möglichkeiten, um ihre bisherigen Geschäfts- und Logistikprozesse zu optimieren.^20
Nach der Mechanisierung, Elektrifizierung und Automatisierung findet nun die vierte industri- elle Revolution den Einzug in die Produktionswelt. Durch die zunehmende Vernetzung klassi- scher Produktionsprozesse über das Internet, verschmelzen die physische und virtuelle Welt zu sog. „Cyber-Physischen Systemen“. Daraus resultiert ein tiefgreifender Wandel, der neben technologischen Entwicklungen auch den Arbeitsalltag grundlegend verändern wird. 21
Die Entwicklungsstufe der vierten industriellen Revolution bringt schließlich den Begriff „In- dustrie 4.0“ zum Ausdruck, welcher im Folgenden Kapitel näher erläutert wird.
Der Begriff Industrie 4.0 wurde ursprünglich im Rahmen des ersten nationalen IT-Gipfels der deutschen Bundesregierung im Jahr 2006 verwendet.^22 Das Ministerium für Bildung und For- schung legte in Kooperation mit verschiedenen Bundesministerien erstmals eine nationale „Hightech-Strategie 2020“ vor. Das Ziel dieser Strategie war es zum einen, die Qualität und Wettbewerbsfähigkeit des IT-Standorts Deutschland zu steigern und zum anderen Deutschland in seiner Innovationskraft zu bestärken.^23 Aus diesen Zielen abgeleitet, resultierte Industrie 4. als eines von zehn Zukunftsprojekten im Rahmen der Hightech-Strategie.^24
Dabei ist der Ansatz einer Digitalisierung im Bereich der Fertigung nicht grundlegend neu. Bereits mit dem Konzept des Computer-Integrated-Manufacturing (CIM) wurde vor mehr als 30 Jahren eine komplett rechnergestützte Fertigung angestrebt. Während beim CIM-Ansatz der
(^19) Vgl. Schäfer, S., Pinnow, C. (2015), S. 2ff. (^20) Vgl. ebd. (^21) Vgl. Becker, W. et al. (2017), S. 9 (^22) Vgl. Köhler-Schute, C. (2015), S. 17 (^23) Vgl. Huber, D., Kaiser, T. (2015), S. 682 (^24) Vgl. Gleich et al. (2016), S. 23
Ein erheblicher Anteil der Wertschöpfung wird innerhalb der deutschen Volkswirtschaft von mittelständischen Unternehmen realisiert. 28 Um diese Aussage kategorisch einordnen zu kön- nen, beschäftigt sich das folgende Kapitel mit der Abgrenzung und Definition des Mittelstands- begriffs.
In Deutschland wird ein Großteil der wirtschaftlichen Gesamtleistung durch Unternehmen ge- neriert, die nicht der Gruppe der kapitalmarktorientierten Großunternehmen zuzuordnen sind – dem Mittelstand.^29 In den letzten Jahren hat der Mittelstand erheblich an Bedeutung gewonnen, nicht zuletzt dank der Globalisierung und ökonomischen Entwicklung der Industrieländer.^30 Der Mittelstand hat eine international einzigartige Stellung und steht für Stabilität, Fortschritt und das Qualitätsmerkmal „Made in Germany“. Er gilt als Innovations-, Wirtschafts- und Be- schäftigungsmotor Deutschlands und zeichnet sich besonders durch Flexibilität, Kundennähe und kurze Entscheidungswege aus.^31
Aufgrund des bedeutsamen Stellenwertes in Deutschland, ist der Mittelstand häufig im Fokus wirtschaftspolitischer Interessen. Jedoch existiert in der wissenschaftlichen Literatur kein ein- heitliches Begriffsverständnis des Mittelstands, sondern eine Vielzahl ähnlicher oder synonym verwendeter Bezeichnungen, wie z.B. kleine- und mittlere Unternehmen (KMU) oder Fami- lienunternehmen.^32
Die Verwendung unterschiedlicher Bezeichnungen erscheint im Kontext der vorliegenden Ar- beit als nicht ausreichend, da eine gezielte Gruppe von Unternehmen (Mittelstand) angespro- chen wird. Um eine konkrete Abgrenzung zu anderen Unternehmen vorzunehmen, werden in der Praxis als auch in der Literatur grundsätzlich drei Definitionen verwendet. Auf der einen Seite wird der Mittelstandsbegriff durch die EU-Kommission anhand von rein quantitativen Merkmalen definiert und auf Basis festgelegter Zahlenwerte eine Abgrenzung zu anderen Un- ternehmen vorgenommen. Diese Zahlenwerte orientieren sich üblicherweise an der Anzahl der Beschäftigten und dem Jahresumsatz.^33
(^28) Vgl. Hausch, K.-T., Kahle, E. (2004), S. 5 (^29) Vgl. Becker, W., Ulrich, P. (2011), S. 303 (^30) Vgl. Krämer, W. (2003), S. 3 (^31) Vgl. BVMW (o. J.), https://www.bvmw.de/themen/mittelstand/zahlen-fakten/, Stand: 30.03. (^32) Vgl. Botzkowski, T. (2017), S. 38 (^33) Vgl. Berens, W. et al. (2005), S. 9
Neben rein quantitativen Merkmalen berücksichtigen die Definitionen des Instituts für Mittel- standsforschung (IfM) in Bonn und die des Europäischen Kompetenzzentrums für angewandte Mittelstandsforschung an der Universität Bamberg (EKAM) auch qualitative Abgrenzungs- merkmale. 34
Die vorliegende Bachelorarbeit orientiert sich an der Definition des EKAM, da zum einen vor- rangig qualitative Kriterien berücksichtigt werden und zum anderen quantitative Größenklassen deutlicher eingegrenzt sind. Dies dient der konkreten Zuordnung von Unternehmen und ermög- licht einen besseren Vergleich untereinander.^35
In der untenstehenden Tabelle sind zunächst die quantitativen Kriterien nach Mittelstandsdefi- nition des EKAM aufgeführt. Hier definieren sich Mittlere Unternehmen über eine Beschäfti- gungszahl bis ca. 3.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz bis ca. 600 Mio. Euro.^36
Tabelle 1: Quantitative Kriterien nach EKAM Quelle: Becker, W., Ulrich, P. (2011), S. 29
Diese Definition wird um folgende qualitative Kriterien ergänzt:
Daraus ergibt sich zusammenfassend folgende Mittelstandsdefinition des EKAM:
„Der Mittelstand umfasst alle Eigentümer geführten Unternehmen, Familienunternehmen und fremdgeführte Unternehmen bis zu einer Mitarbeiterzahl von ca. 3.000 Mitarbeitern und/oder bis zu einer Umsatzgröße von ca. 600 Mio. Euro im Jahr sowie Unternehmen, die beide Defi- nitionsmerkmale aufweisen“.^38
(^34) Vgl. Becker, W. et al. (2017a), S. 103 (^35) Vgl. ebd. (^36) Vgl. Becker, W., Ulrich, P. (2011), S. 28ff. (^37) Vgl. Becker, W. et al. (2017a), S. 103 (^38) Becker, W. et al. (2017b), S. 19
Abbildung 2: Bausteine der digitalen Infrastruktur Quelle: Eigene Darstellung
Die Basis der digitalen Infrastruktur bilden die sog. Cyber-Physische Systeme (CPS). Der Be- griff CPS wurde hierzulande durch die gleichnamige „Forschungsagenda CPS“ geprägt und beschreibt diese Systeme wie folgt:^41
„Cyber-Physische Systeme (CPS) sind gekennzeichnet durch eine Verknüpfung von realen, Physischen Objekten und Prozessen mit informationsverarbeitenden, virtuellen Objekten und Prozessen über offene, globale und jederzeit miteinander verbundene Informationsnetze“^42.
(^41) Vgl. VDI (2013), https://www.vdi.de/ -> Cyber-Physical-Systems, Stand: 05.04. (^42) Acatech (2012), http://www.acatech.de/?id=1405, Stand: 05.04.
Die CPS gelten als technologische Grundlage für die Einführung von Industrie 4.0 und setzten sich im Wesentlichen aus den Bausteinen Ubiquitous Computing, Internet der Dinge und Dienste sowie Cloud Computing zusammen.^43
3.1.1 Ubiquitous Computing
Die Computertechnik hat sich in den letzten Jahrzehnten stetig weiterentwickelt. Durch diesen Fortschritt konnten Computerkomponenten wie Prozessoren, Sensoren, Kommunikationsmo- dule und Speicherbausteine zunehmend kleiner und effizienter gestaltet werden. Auf dieser Ba- sis konnten immer mehr Alltagsgegenstände, wie beispielsweise Rauchmelder oder Thermos- tate, mit diesen Technologien ausgestattet werden.^44
In diesem Zusammenhang hat sich in der wissenschaftlichen Literatur der Begriff „Ubiquitous Computing“ (UbiCom) durchgesetzt, welcher übersetzt die Allgegenwärtigkeit des Computers beschreibt und sich wie folgt definiert:
„ Unter dem Begriff Ubiquitous Computing wird die Allgegenwärtigkeit von kleinsten, mitei- nander drahtlos vernetzten Computern verstanden, die unsichtbar in beliebige Alltagsgegen- stände eingebaut werden oder an diese angeheftet werden können.[…]“^45
Erstmals wurde der Begriff 1990 von Mark Weiser während seiner Forschungsarbeiten am Xe- rox Palo Alto Research Center (PARC) verwendet. In seinem später publizierten Aufsatz „The Computer of the 21st Century“ prägte er den Begriff mit folgende Worten:^46
„In the 21st century the technology revolution will move into the everyday, the small and the invisible“^47
Nach seiner Vision ersetzt die technologische Entwicklung den Großrechner zukünftig durch kleine, intelligente und unsichtbare Objekte die in ein effizientes System eingebunden werden
Die folgende Abbildung stellt die technologische Entwicklung der Computertechnik bis hin zur Allgegenwärtigkeit des Computers grafisch dar.
(^43) Vgl. Siepmann, D. (2016), S. (^44) Vgl. Fleisch, E., Mattern, F. (2005), S. 39 (^45) o.V. (o.J.a), https://ubicomp.eti.uni-siegen.de/-> UbiCom, Stand: 05.04. (^46) Vgl. Siepmann, D. (2016), S. (^47) Weiser, M. (1991), S. 94ff. (^48) Vgl. Fleisch, E., Mattern, F. (2005), S. 40
mittelständische Unternehmen entwickelt, welcher bei der Einführung von eStandards behilf- lich ist. Dabei bilden folgende Themen die zentralen Schwerpunkte:
An dieser Stelle lässt sich festhalten, dass auch für mittelständische Unternehmen durchaus Möglichkeiten und Hilfestellungen vorhanden sind, um Basistechnologien und Standardisie- rungen erfolgreich voranzutreiben. Für eine ganzheitliche Einführung von Industrie 4.0 bedarf es jedoch mehr als die Standardisierung von IT-Systemen. Vielmehr müssen diese Systeme untereinander kommunizieren und so den Menschen aus dem Hintergrund unterstützen.
Durch das Zusammenspiel von Objekten aus dem UbiCom und einer Vernetzung über das In- ternet werden diese Systeme mit der notwendigen Kommunikationsfähigkeit ausgestattet und dadurch schrittweise das Internet der Dinge und Dienste erschaffen.^52
3.1.2 Internet der Dinge und Dienste
Das Internet der Dinge und Dienste basiert auf den Grundlagen des UbiCom und leitet sich aus dem Begriff „Internet der Dinge“ ab. Das zusätzliche Wort „Dienste“ zielt dabei auf sämt- liche Dienstleistungen ab, welche über das Internet erbracht werden können.^53 In der Literatur wird der Begriff „Internet der Dinge“ häufig mit den englischsprachigen Synonymen „Internet of Things (IoT) oder „Internet of Everything“ gleichgesetzt. Aufgrund der unterschiedlichen Begriffsverwendung wird im weiteren Verlauf die Bezeichnung „Internet der Dinge und Dienste“ sowie die Abkürzung „IoTS“ verwendet. Der Zusatz „S“ steht dabei für Services, englisch für Dienste.
Zum besseren Verständnis soll zunächst beschrieben werden, wie das „Internet der Dinge“ ent- stand, da das IoTS eine Erweiterung aus diesem darstellt.
(^51) Vgl. Fraunhofer FIT (2018), https://www.fit.fraunhofer.de/ -> Kompetenzzentrum, Stand: 11.04. (^52) Vgl. Siepmann, D. (2016), S. 25f. (^53) Vgl. ebd.
Der Begriff „Internet der Dinge“ wurde erstmals 1999 durch das Auto-ID-Center am Massa- chusetts Institute of Technology (MIT) geprägt.^54 Hier wurde ein internationaler Standard für eine RFID (Radio Frequency Identification) Infrastruktur entworfen. RFID ist eine Technolo- gie, mit deren Hilfe man Objekte über Radiowellen berührungslos identifizieren und lokalisie- ren kann.^55 Der Leiter und damalige Mitbegründer Kevin Ashton wurde darauf im Jahr 2002 mit den folgende Worten im Forbes Magazine zitiert: „we need an internet for things, a stan- dardized way for computers to understand the real world“.^56 Die RFID-Technologie findet heute vielfach Anwendung. Vor allem im Logistikbereich werden sogenannte „RFID-Chips“ in Objekten installiert und dienen der Nachverfolgung von Gütern innerhalb der Zulieferkette über das Internet. Auf Basis dieser Technologie können im Internet der Dinge sämtliche phy- sische Objekte mit einer eigenen IP-Adresse ausgestattet werden. 57 Diese ermöglicht die Kommunikation untereinander, worin der entscheidende Unterschied zum UbiCom liegt.
Das Internet der Dinge und Dienste beschreibt eine Erweiterung des Internets der Dinge. Im IoTS sind die Objekte über Sensoren und Mikrochips in der Lage, andere IT-Systeme und Ge- genstände mit Informationen zu beliefern sowie bereitgestellte Dienste von jedem Ort der Welt abzurufen und zu verwenden.^58
Basierend auf diesen Informationen entstehen somit intelligente Produkte (Smart Products), die mit dem Internet „verschmelzen“. Bereits heute generieren, neben Smartphones und Tablets, immer mehr Alltagsgegenstände wie bspw. Fahrzeuge, Kühlschränke und sogar Zahnbürsten permanent Daten. Diese gilt es zu verarbeiten, um den Nutzern entsprechende Dienste anbieten zu können. Eine mögliche Lösung in Bezug auf die Datenverarbeitung bieten sog. Cloud-Platt- formen, welche unter anderem durch das Softwareunternehmen SAP angeboten werden.^59
Alle Gegenstände im IoTS haben eine zentrale Gemeinsamkeit – die intelligente Vernetzung jedes einzelnen Objekts über eine eigene IP-Adresse. Durch diese Zuweisung können die Ob- jekte über das Internet eindeutig identifiziert sowie individuell angesprochen und gesteuert wer- den. Das aktuell genutzte Standard Internet Protocol Version 4 (IPv4) kann bis zu vier Milliar-
(^54) Vgl. Müller, S. (2016), S. 1 (^55) Vgl. Schlotmann, R. (2018), S. 98 (^56) Schoenberger, C. R. (2002), https://www.forbes.com, Stand: 11.04. (^57) Vgl. Schlick, J. et. al.(2014), S.57ff. (^58) Vgl. ebd. (^59) Vgl. Siepmann, D. (2016), S. 26