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Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die. Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden. Die Entscheidung des ...
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19., überarbeitete Auflage 2021
„Wissen ist gut, doch Können ist besser.“ Geibel, Dramaturgische Epistel
„Wer kann, hat recht.“ Wilhelm Busch
Vorwort
Um die vielfältigen Aufgaben in der öffentlichen Verwaltung erfüllen zu können, reicht theo- retisches Fachwissen nicht aus. Dieses muss durch anwendungsbezogene Fertigkeiten ergänzt werden. In der vom Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) geprägten Verwaltung der Bundesrepublik Deutschland sind vor allem juristische Kompetenzen gefordert. Nur wer die Technik der Rechtsanwendung sicher beherrscht kann rechtsbeständige Entscheidungen treffen und ausführen. Diese Technik bildet die Schlüsselqualifikation, um sich immer wieder in neue Aufgabenbereiche einarbeiten und Sicherheit und Gewandtheit erlangen zu können. So bilden solide rechtsmethodische Fertigkeiten eine Grundvoraussetzung dafür, den gestiegenen Anforderungen an die Flexibilität der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der modernen Ver- waltung gerecht werden zu können.
Das vorliegende Werkpapier basiert auf den Erfahrungen jahrzehntelanger Lehrpraxis in Studium und Fortbildung. Es wendet sich an alle in der öffentlichen Verwaltung, die rechts- methodische Fertigkeiten gewinnen oder vertiefen möchten. Das Werkpapier dient vor allem dem Grundseminar „Rechtliche Rahmenbedingungen des Verwaltungshandelns“ (Seminare RV 120 und 130, Webinar RV 140), dem Aufbauseminar „Juristische Denk- und Arbeitsweise in der Praxis“ (Seminar RV 260, Webinar RV 270) sowie entsprechenden Spezialseminaren als schriftliche Unterlage. Hilfreich sein kann es auch zur Vorbereitung auf ein Auswahlverfahren zum Aufstieg nach § 27 BLV sowie im Aufstiegsverfahren nach §§ 35 ff. BLV. Mit seiner Darstellung in einzelnen Arbeitsschritten, Übersichten, graphischen Darstellungen, Beispielen und Übungsaufgaben ist das Werkpapier auch für das Selbststudium geeignet.
Die 19. Auflage ist um die als 2. Kapitel eingefügten rechtssystematischen Grundlagen erwei- tert, durchgängig aktualisiert und überarbeitet worden. Vertieft worden sind insbesondere die Ausführungen zur Rechtsauslegung und zum Ermessen.
Eine sinnvolle Ergänzung stellen meine anderen Werkpapiere „Verfassungsrechtliche Rah- menbedingungen des Verwaltungshandelns“, „Staatsorganisation und Behördenaufbau in der Bundes- und Landesverwaltung“ sowie „Überblick über das Verwaltungsverfahrensrecht“ dar. Alle Werkpapiere stehen zum Download zur Verfügung über die Internet-Seite https://www.bakoev.bund.de unter Service Publikationen.
Im Juli 2021 Raimund Brühl
Abs. Absatz AktG Aktiengesetz AMG Arzneimittelgesetz AO Abgabenordnung Art. Artikel AsylG Asylgesetz AufenthG Aufenthaltsgesetz Aufl. Auflage ArbZG Arbeitszeitgesetz
BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz BauGB Baugesetzbuch BBG Bundesbeamtengesetz BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGBl. Bundesgesetzblatt BGHSt. Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen BHO Bundeshaushaltsordnung BImSchG Bundes-Immissionsschutzgesetz BLV Bundeslaufbahnverordnung BNatSchG Bundesnaturschutzgesetz BPolG Bundespolizeigesetz BtMG Betäubungsmittelgesetz BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerwGE Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts BWahlG Bundeswahlgesetz
d. h. das heißt
EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EU Europäische Union
FeV Fahrerlaubnis-Verordnung ff. fortfolgende
GastG Gaststättengesetz GenTG Gentechnikgesetz GewO Gewerbeordnung GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls GmbHG Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GO Gemeindeordnung GVG Gerichtsverfassungsgesetz
HandwO Handwerksordnung HGB Handelsgesetzbuch
ieS im engeren Sinne IfSG Infektionsschutzgesetz i. Verb. in Verbindung
JuS Juristische Schulung (Zeitschrift) JuSchG Jugendschutzgesetz
KrWG Kreislaufwirtschaftsgesetz KSchG Kündigungsschutzgesetz
MuSchG Mutterschutzgesetz
NJW Neue Juristische Wochenschrift Nr(n). Nummer(n) NRW Nordrhein-Westfalen
OBG Ordnungsbehördengesetz OWiG Ordnungswidrigkeitengesetz
PartG Parteiengesetz PolG Polizeigesetz ProdHaftG Produkthaftungsgesetz
Rn. Randnummer(n)
S. Satz / Seite SGB I Erstes Buch Sozialgesetzbuch SGB X Zehntes Buch Sozialgesetzbuch sog. sogenannte(s) StGB Strafgesetzbuch StAG Staatsangehörigkeitsgesetz StPO Strafprozeßordnung StVG Straßenverkehrsgesetz StVO Straßenverkehrs-Ordnung
TierSchG Tierschutzgesetz
u. a. unter anderem UmweltHG Umwelthaftungsgesetz UmweltRG Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz UWG Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
VersammlG Versammlungsgesetz vgl. vergleiche VwGO Verwaltungsgerichtsordnung VwVfG Verwaltungsverfahrensgesetz VwVG Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz VwZG Verwaltungszustellungsgesetz
WaffG Waffengesetz WaStrG Bundeswasserstraßengesetz
z. B. zum Beispiel ZPO Zivilprozessordnung
Steuerungsfunktion des Rechts im gewaltenteiligen Rechtsstaat
Gesetzgebende Gewalt (Legislative) erlässt abstrakt-generelle Normvorgaben
Recht
Vollziehende Gewalt (Exekutive) setzt die Normvorgaben in verbindliche konkret-individuelle Entscheidungen um
Recht
Rechtsprechende Gewalt (Judikative) kontrolliert, ob die Einzelfallentscheidungen mit den Normvorgaben übereinstimmen
Für jeden Einzelnen in der öffentlichen Verwaltung hat der Grundsatz der Gesetzesbindung weitreichende Auswirkungen :
Für die Einhaltung der Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) sind Grundkenntnisse über die Rechtsordnung und die rechtssystematischen Zusammenhänge unabdingbar.
Ausgangspunkt ist die Frage, in welcher Weise Recht entstehen kann: Welche Rechtsquellen gibt es und in welcher Rangordnung stehen sie untereinander?
Rechtsquellen
Gewohnheitsrecht gesetztes Recht:
überstaatliches Recht ↓ Verfassung ↓ Gesetz ↓ Rechtsverordnung ↓ Satzung
„Richterrecht“
Verwaltungsvorschriften
2.1.1 Gewohnheitsrecht
Die ursprüngliche Rechtsquelle ist das Gewohnheitsrecht. Es entsteht aus der andauernden und gleichmäßigen Übung einer Verhaltensregel in der allgemeinen Überzeugung der Beteiligten, dass diese Übung rechtlich geboten ist. Auch heute gibt es noch Bereiche, in denen mangels ausreichender gesetzlicher Regelung Gewohnheitsrecht besteht, etwa die allgemeinen Regeln des Völkerrechts (Art. 25 GG) oder im Arbeitsrecht, wo der Gesetzgeber sich wegen der Tarifautonomie zurückhält. Selbst die Regeln des Allgemeinen Verwaltungsrechts galten vor Erlass des Verwaltungsverfahrensgesetzes (in der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1975) nur auf gewohnheitsrechtlicher Grundlage. Das Handelsgesetzbuch gibt klugerweise in § 346 ausdrücklich auf, unter Kaufleuten in Ansehung der Bedeutung und Wirkung von Handlungen und Unterlassungen auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen.
2.1.2 Gesetztes Recht
Im demokratischen Rechtsstaat stellt die vorrangige Rechtsquelle aber das gesetzte Recht dar. Gesetztes Recht (auch positives oder geschriebenes Recht) ist das von einem dazu ermächtigten
anzugeben. Ist durch Gesetz vorgesehen, daß eine Ermächtigung weiter übertragen werden kann, so bedarf es zur Übertragung der Ermächtigung einer Rechtsverordnung.
Satzung
Satzungen sind Rechtsnormen, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Regelung ihrer eigenen Angelegenheiten erlassen werden (Gemeindesatzungen wie Bebau- ungspläne, Promotions- oder Diplomierungsordnungen einer Hochschule). Sie können auf einer allgemeinen Ermächtigung beruhen und müssen mit allen anderen Rechtsnormen vereinbar sein.
§ 7 GO NRW Satzungen (1) Die Gemeinden können ihre Angelegenheiten durch Satzung regeln, soweit Gesetze nichts anderes bestimmen. Satzungen bedürfen der Genehmigung der Aufsichtsbehörde nur, wenn dies gesetzlich ausdrücklich vorgeschrieben ist.
Keine Rechtsquellen im herkömmlichen Sinne sind nach überwiegender Ansicht das sog. Richterrecht sowie Verwaltungsvorschriften.
Richterrecht
Die Aufgabe des Richters besteht darin, das geltende Recht auf den Einzelfall anzuwenden. Die richterliche Entscheidung bindet daher grundsätzlich nur die Parteien des Rechtsstreits. Mangels Allgemeinverbindlichkeit stellt sie keine Rechtsquelle dar.
Mit der Entscheidung von Einzelfällen legen Gerichte jedoch das Recht aus und bilden es fort. Die Erkenntnisse werden in Leitsätzen formuliert und veröffentlicht. Bei wichtigen Entschei- dungen spricht man von „ Grundsatzurteilen ”, die in der Praxis wie Gesetze zitiert und ange- wendet werden. Eine rechtliche Bindung erwächst daraus aber nur, wenn durch ständige Rechtsprechung Gewohnheitsrecht entsteht, wie es bei den Grundsätzen des Allgemeinen Verwaltungsrechts der Fall gewesen ist. Aber schon vorher ist es klug, die Rechtsprechung als wichtige „ Rechtserkenntnisquelle ” zu nutzen: Da die Gerichte sich in einem neuen Streitver- fahren aller Wahrscheinlichkeit nach an die von ihnen oder von übergeordneten Gerichten aufgestellten Grundsätze halten werden, kann eine rechtsbeständige Regelung nur im Einklang mit der Rechtsprechung getroffen werden. Es ist daher wichtig für alle in der Verwaltung Tätigen, die sachgebietsbezogene Rechtsprechung des zuständigen Verwaltungsgerichts und der Obergerichte zu verfolgen.
Verwaltungsvorschriften
Verwaltungsvorschriften sind allgemeine Bestimmungen, die von vorgesetzten Stellen an nachgeordnete Behörden, Ämter oder Amtswalter gerichtet sind mit dem Ziel, die Organisation, das dienstliche Verhalten und das Vorgehen beim Vollzug von Rechtsvorschriften verbindlich festzulegen. Bezeichnungen sind u. a. Erlasse, Richtlinien, Verfügungen, Durchfüh- rungsbestimmungen, Dienstanweisungen, Verwaltungsordnungen, Geschäftsverteilungspläne. Im Unterschied zu den Rechtsquellen fehlt ihnen als Innenrecht der Verwaltung die unmittel- bare Außenwirkung. Die Rechtsprechung ermöglicht es aber den Betroffenen mittelbar, sich auf begünstigende Verwaltungsvorschriften zu berufen. Nach dem in Art. 3 Abs. 1 GG veran- kerten Gleichheitsgrundsatz darf die Verwaltung vergleichbare Fälle ohne sachlichen Grund nicht unterschiedlich behandeln. Verwaltungsvorschriften legen das künftige Entscheidungs- verhalten der Verwaltung verbindlich fest. Dadurch führen sie eine Selbstbindung der Verwal- tung herbei, auf die sich Betroffene mit der Forderung nach Gleichbehandlung berufen können.
2.1.3 Rangordnung der Rechtsquellen
Besonders im Verwaltungsrecht, das alle Lebensbereiche erfasst, wird der Rechtsanwender mit einer unüberschaubaren Fülle von Gesetzen und Verordnungen konfrontiert. Immer wieder kommt es vor, dass zu einer Rechtsfrage inhaltsgleiche oder abweichende Aussagen in verschiedenen Gesetzen und Verordnungen enthalten sind. Es stellt sich dann die Frage, welcher Regelung der Vorrang gebührt. Das klären die sog. Kollisionsgrundsätze.
Vorrang überstaatlichen Rechts
Aus Art. 23 und 24 GG ergibt sich, dass das Recht der Europäischen Union dem nationalen Recht vorgeht. Art. 25 GG erklärt die allgemeinen Regeln des Völkerrechts zum Bestandteil des Bundesrechts mit Rang vor den Gesetzen. Soweit überstaatliche Regelungen durch einen Umsetzungsakt nationaler Organe innerstaatliche Wirkung erlangt haben, teilen sie den Rang des Umsetzungsaktes (Gesetz oder Rechtsverordnung).
Vorrang des Bundesrechts vor dem Landesrecht
Art. 31 GG stellt lapidar fest: „Bundesrecht bricht Landesrecht.“ Das gilt unabhängig von der Art der Rechtsquelle. So kann z. B. ein Land selbst in der Landesverfassung die vom Bund durch Rechtsverordnungen festgesetzten allgemeinen Geschwindigkeitsbeschränkungen im Straßenverkehr (etwa die Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen) nicht abändern.
Ranghöheres Recht bricht rangniedrigeres Recht
Innerhalb des Bundes- und des Landesrechts stehen die Rechtsquellen in der festen Rangord- nung der Normenpyramide.
Vorrang der spezielleren Norm
Für den vor allem im Bereich der Gefahrenabwehr nicht seltenen Fall, dass mehrere Regelun- gen aus gleichrangigen Rechtsquellen vorliegen, gilt der schon im Römischen Recht bekannte Grundsatz, dass die speziellere Norm die allgemeinen Regelungen verdrängt („lex specialis derogat legi generali“). Diese Kollisionsregel ist für das Verwaltungshandeln besonders wich- tig, weil sie die Anwendbarkeit der sachnächsten Regelung garantiert, die den Besonderheiten des Lebensbereichs Rechnung trägt. Der Grundsatz der Subsidiarität wird in allgemeinen Gesetzen häufig ausdrücklich festgelegt.
§ 1 VwVfG (1) Dieses Gesetz gilt für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden
§ 1 OBG NRW (1) Die Ordnungsbehörden haben die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren (Gefahrenabwehr). (2) Die Ordnungsbehörden führen diese Aufgaben nach den hierfür erlassenen besonderen Gesetzen und Verordnungen durch. Soweit gesetzliche Vorschriften fehlen oder eine abschließende Regelung
Beispiel: Gesetzeshierarchie im Asylrecht
Asylrecht → AsylG = Besonderes Ausländerrecht
Allgemeines Ausländerrecht → AufenthG = Besonderes Ordnungsrecht
Allgemeines Ordnungsrecht → z. B. OBG NRW = Besonderes Verwaltungsrecht
Allgemeines Verwaltungsrecht → VwVfG, VwZG, VwVG
Aufgabe 1: In welcher Hierarchie stehen a) die Gewerbeordnung, b) das Verwaltungsverfahrensgesetz, c) das Gaststättengesetz und d) das Ordnungsbehördengesetz?
Die Struktur der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland wird geprägt durch die vom Römischen Recht überkommene Zweiteilung in Privatrecht und öffentliches Recht.
Quelle: Raimund Brühl , Verwaltungsrecht für die Fallbearbeitung. Anleitungen zum Erwerb prüfungs- und praxisrelevanter Kenntnisse und Fertigkeiten. 9. Aufl. 2018, Rn. 52.
Privatrecht
Das Privatrecht enthält die Rechtsregeln, die für Privatleute untereinander gelten. Dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) entsprechend ist es geprägt durch die Privatautonomie. Ausgehend von der Annahme der Gleichheit der Privat- rechtssubjekte bleibt es dem Einzelnen weitgehend überlassen, Rechtsbeziehungen zu anderen einzugehen und zu gestalten.
Auch im Privatrecht gibt es allgemeines und besonderes Recht. Den allgemeinen Regelungs- bereich bildet das Bürgerliche Recht (auch Zivilrecht genannt), das im Bürgerlichen Gesetz- buch (BGB) geregelt ist. Im Lauf der letzten Jahrzehnte sind die meisten Sondergesetze in das BGB aufgenommen worden. Dem Grundsatz der Privatautonomie entsprechend enthält es überwiegend nachgiebige Rechtsregeln. Konkret bedeutet das, dass vertragliche Absprachen grundsätzlich den gesetzlichen Regeln vorgehen. Zwingendes Recht findet sich dort, wo das Verkehrsinteresse (Sachen-, Familien- und Erbrecht) oder der Schutz Schwächerer (von Min- derjährigen, bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Verbraucherkrediten, der Wohnungs- miete oder im Reisevertragsrecht) es erfordert. Daneben gibt es Sonderprivatrechte , die nur für bestimmte Personenkreise gelten. Vor allem betrifft das die beiden Seiten des Wirtschafts- verkehrs, das Unternehmens- und Handelsrecht auf der einen Seite und das Arbeitsrecht auf der anderen. In diesen Rechtsgebieten verstärkt sich die Notwendigkeit zu zwingenden Rege- lungen.
Öffentliches Recht
Beim öffentlichen Recht ist zumindest auf einer Seite des Rechtsverhältnisses der Staat oder einer seiner Rechtsträger beteiligt. Da es von öffentlichen Interessen beherrscht wird, sind zwingende Regelungen typisch. Das öffentliche Recht im engeren Sinne bilden das Verfas- sungsrecht und das Verwaltungsrecht. Zum (innerstaatlichen) öffentlichen Recht gehören dar- über hinaus das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht sowie das Verfahrensrecht der staatli- chen Gerichte.
Aufgabe 2: Wo sind folgende Rechtsgebiete im System der Rechtsordnung anzusiedeln: a) das Bankrecht, b) das Zuwendungsrecht, c) das Bundeswahlrecht, d) das Zivilprozessrecht, e) das Steuerrecht, f) das Öffentliche Dienstrecht?
Der öffentlichen Verwaltung stehen für die Aufgabenerfüllung beide Teile der Rechtsordnung offen. Die Frage, ob sie öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich handelt, ist in mehrfacher Hinsicht bedeutsam , insbesondere für
gelten. Das öffentliche Recht stellt das Sonderrecht des Staates dar. Mit ihrem formalen Kriterium ermöglicht die Subjektstheorie eine sichere Abgrenzung immer dann, wenn das Verwaltungshandeln einer einzelnen Rechtsnorm zugeordnet werden kann.
Eingehend zur Abgrenzung Raimund Brühl , Verwaltungsrecht für die Fallbearbeitung, 9. Aufl. 2018, Rn. 56 bis 66 (Anwendungsproblemkreis 1).
Aufgabe 3: Prüfen Sie anhand der drei klassischen Abgrenzungstheorien, ob § 2 Abs. 1 S. 1 StVG und § 7 Abs. 1 und 2 StVG zum Privatrecht oder zum öffentlichen Recht gehören!
§ 2 Abs. 1 S. 1 StV Wer auf öffentlichen Straßen ein Kraftfahrzeug führt, bedarf der Erlaubnis (Fahrerlaubnis) der zuständigen Behörde (Fahrerlaubnisbehörde).
§ 7 Abs. 1 und 2 StVG (1) Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. (2) Die Ersatzpflicht ist ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird.
Im Verwaltungsrecht bestehen vielfältige Berührungspunkte mit dem Strafrecht. Insbesondere im Ausländer- und Asylrecht, im Gewerberecht, im Umweltrecht, im Verkehrsrecht sowie im Zoll- und Steuerrecht können Straftaten verwaltungsrechtliche Reaktionen auslösen. Trotzdem bestehen zwischen Verwaltungsrecht und Strafrecht grundlegende Unterschiede :
Das Verwaltungsrecht erfasst nahezu alle Bereiche des Lebens mit sachgebietsspezifischen Fachgesetzen. Diese bilden das sog. Besondere Verwaltungsrecht. Beherrschbar wird die Vielfalt nur dadurch, dass der Gesetzgeber auf einen überschaubaren Grundbestand an Formen und Prinzipien zurückgreift. Diese werden im Allgemeinen Verwaltungsrecht dargestellt, von dem wesentliche Teile im Verwaltungsverfahrensgesetz niedergelegt sind.
Das Zusammenspiel von Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht wird bestimmt durch den Kollisionsgrundsatz , dass die speziellere Regelung die allgemeine verdrängt (siehe oben unter 2.1.3). Die fachgesetzliche Regelung passt besser, weil sie den Besonderheiten des Lebensbereichs Rechnung trägt. Dabei ist die Verdrängung des allgemeinen Rechts durch das Fachgesetz aber nicht pauschal, sondern nur auf den Regelungsbereich bezogen. Soweit all- gemeine Vorschriften passen, brauchen sie nicht wiederholt zu werden, sondern können aus den allgemeinen Gesetzen entnommen werden. Das Allgemeine Verwaltungsrecht übernimmt die Funktion der Lückenfüllung. Es kommt dadurch zu einem Zusammenwirken beider Rege- lungskreise.