




























































































Besser lernen dank der zahlreichen Ressourcen auf Docsity
Heimse Punkte ein, indem du anderen Studierenden hilfst oder erwirb Punkte mit einem Premium-Abo
Prüfungen vorbereiten
Besser lernen dank der zahlreichen Ressourcen auf Docsity
Download-Punkte bekommen.
Heimse Punkte ein, indem du anderen Studierenden hilfst oder erwirb Punkte mit einem Premium-Abo
Community
Finde heraus, welche laut den Docsity-Nutzern die besten Unis deines Landes sind
Kostenlose Leitfäden
Lade unsere Leitfäden mit Lernmethoden, Hilfen zur Angstbewältigung und von Docsity-Tutoren erstellte Tipps zum Verfassen von Haus- und Abschlussarbeiten kostenlos herunter
Skript zur Einführung in die Linguistik: Phonetik, Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik, Pragmatik
Art: Skripte
1 / 215
Diese Seite wird in der Vorschau nicht angezeigt
Lass dir nichts Wichtiges entgehen!
iv INHALTSVERZEICHNIS
7.4 Theorie der Kontextabhängigkeit von Bedeutungen........ 160 7.4.1 Deixis............................. 160 7.4.2 Folgerungsbeziehungen, die nicht allein mit wahrheitsfunk- tionaler Semantik beschreibbar sind............ 160 7.5 Bibliographie............................. 172
Definition 1 Linguistik. Theorie der natürlichen Sprache(n).
Definition 2 Sprache. System von konventionellen Zeichen und Regeln zur Mitteilung von Bedeutungen.
Definition 3 natürliche Sprache vs. künstliche Sprache. Man nennt eine Sprache künstlich, wenn sie nicht “von selbst” entstanden ist, sondern er- funden wurde.
Beispiele 1 natürliche Sprache vs. künstliche Sprache. Natür- liche Sprachen sind Deutsch, Englisch, Chinesisch, Tagalog. Unter den künstli- chen Sprachen sind die bedeutendsten Haupttypen Plansprachen (= Welthilfs- sprachen, Programmiersprachen und Logiksprachen. Beispiele für Programmier- sprachen: C++, Perl, Prolog, Pascal, Cobol, Algol. Beispiele für Logiksprachen: Aussagenlogik, Prädikatenlogik, Modallogik, intensionale Logik. Beispiele für Welthilfssprachen: Esperanto, Volapük.
Definition 4 Plansprache. Sprache, die zum Zweck der leichteren Ver- ständigung von Sprechern verschiedener Sprachen erfunden wurde. Beispiele für Plansprachen: Esperanto, Volapük, Interlingua, Universal, Ido. Auf folgender Webseite kann man sich einen Eindruck verschaffen, wie Plansprachen so aus- sehen: http://www.geocities.com/Athens/Forum/5037/.
Definition 5 Anzeichen. natürliches Zeichen. Wenn wir sagen, dass Z ein Anzeichen für X ist, dann meinen wir damit: Aufgrund des Vorliegens von Z darf geschlossen werden, dass X.
Definition 6 konventionelles Zeichen. Zeichen Z, das jemand bewusst gebraucht, um den Schluss nahezulegen, dass X, wobei der Schluss von Z auf X nur aufgrund gewisser Konventionen über den Gebrauch einer Menge von Zeichen, zu denen auch Z gehört, möglich ist.
Anmerkung 3 Phonetik und Phonologie. Die Phonetik ist von so großer Bedeutung für die Linguistik, dass sie oft einfach zu den linguistischen Diszipli- nen gerechnet wird. Phonologie zu betreiben hat praktisch keinen Sinn, wenn man nicht auch wenigstens ein bisschen Phonetik betreibt. Vgl. hierzu Kapitel
1.4 Wichtige Begriffe und Prinzipien der Lingui-
stik
Offenbar haben sprachliche Zeichen zwei Seiten: eine Gestalt und einen Inhalt. Beweis: tschechisch to (“das”) und englisch to (die Präposition) sind zwei ver- schiedene, aber (in ihrer grafischen Erscheinungsform) gestaltgleiche Zeichen. Fahrstuhl und Aufzug sind zwei gestaltverschiedene, aber inhaltsgleiche Zeichen.
Definition 13 Gestalt eines Zeichens Z. Das, was an Z sinnlich wahrnehmbar ist. Synonyme: Signifiant, Signifikant, Bezeichnendes.
Definition 14 Inhalt eines Zeichens Z. Die Bedeutung von Z. Syn- onyme: Signifié, Signifikat, Bezeichnetes.
Anmerkung 4 Signifiant, Signifié. Diese Begriffe stammen von Ferdinand de Saussure (1857-1913).
Anmerkung 5 Ferdinand de Saussure. Ferdinand de Saussure (1857-
Sprachliche Zeichen können verschieden realisiert sein: akustisch, visuell oder taktil (Blindenschrift). Wir würden nicht sagen, dass jemand, der das Wort Schaufenster mündlich äußert, ein anderes Zeichen gebraucht als jemand, der es schriftlich äußert. Er gebraucht dasselbe Zeichen in einer anderen Form.
Wenn ein und dasselbe Zeichen (z.B. Schaufenster ) einmal visuell und einmal akustisch gebraucht wird, dann liegen zwei Vorkommnisse desselben Zeichentyps vor.
Definition 15 Zeichenvorkommnis. Sinnlich wahrnehmbares, mündlich oder schriftlich geäußertes Zeichen. Englisch: token.
Definition 16 Zeichentyp. Klasse sinnlich wahrnehmbarer Zeichen. Eng- lisch: type.
Zur Erläuterung eine Aufgabe (aus [65]):
Aufgabe 1 Welcher der folgenden Sätze ist wahr?
a) Dieser Satz hat 23 Buchstaben.
b) Dieser Satz hat 13 Buchstaben.
Definition 17 Metasprache vs. Objektsprache. Wird in der Sprache L 1 über die Sprache L 2 , bzw. über Ausdrücke der Sprache L 2 gesprochen, so heißt L 1 Metasprache und L 2 Objektsprache.
Definition 18 Gebrauch vs. Erwähnung. Ein sprachliches Zeichen, über das gesprochen wird, nennt man erwähnt, ein sprachliches Zeichen mit dessen Hilfe über etwas gesprochen wird, nennt man gebraucht.
Zur Erläuterung eine Aufgabe:
Aufgabe 2 Welche Wörter sind in den folgenden Sätzen erwähnt, welche ge- braucht?
a) Welche Bedeutung hatte dieser Aufsatz über die Bedeutung von Bedeu- tung für den Wandel der Bedeutung von Bedeutung?
b) Es ist fraglich, ob Hans ein guter Name für das Kind ist.
c) Es ist fraglich, ob Hans ein guter Vater für das Kind ist.
Aufgrund ihres Zusammenhangs mit der Dichotomie^1 “Meta- vs. Objekt- sprache” sind viele linguistische (und sonstige wissenschaftliche) Begriffe auf systematische Weise mehrdeutig: Sie weisen eine Meta- und eine Objektlesart auf.
Definition 19 Meta- vs. Objektlesart von Begriffen. Wenn ein Begriff T in der Objektlesart die Bedeutung B hat, dann hat er in der Metalesart die Bedeutung “die Theorie des/der B”. Wenn ein Begriff T in der Metalesart die Bedeutung “die Theorie des/der B”hat, dann hat er in der Objektlesart die Bedeutung B.
Anmerkungen 6 Meta- vs. Objektlesart von Begriffen.
a) Im Deutschen sind “Meta- und Objektlesart” von Begriffen manchmal lexi- kalisiert: vgl. sprachlich vs. linguistisch bzw. Sprache vs. Linguistik, psy- chisch vs. psychologisch, physisch vs. physikalisch, physiologisch bzw. das Psychische vs. die Psychologie , das Physische vs. die Physik /die Physio- logie; vgl. dagegen biologisch vs. ?.
b) Wenn Tn der Metabegriff zu Tn− 1 ist, dann kann es ohne weiteres einen Begriff Tn+1 geben, der Metabegriff zu Tn ist. Er bedeutet dann eben “die Theorie der Theorie ...” usw. (^1) vgl. Definition 345
Abbildung 1.2: Syntagmatische vs. paradigmatische Beziehungen
syntagmatische Beziehungen
paradig- matische Beziehungen
Auf der Wiese saß ein Vogel Am Bach lag Fritz Im Hörsaal sprach der Professor
.................................
Definition 21 Äußerungssituation eines Zeichenvorkommnisses Z. Der Kontext von Z zusammen mit der nichtsprachlichen Umgebung von Z.
Von Äußerungssituationen werden wir erst wieder am Ende dieses Kurses sprechen. Mit dem Begriff des Kontexts eng zusammen hängt der Begriff der Distribution:
Definition 22 Distribution eines Zeichens Z. Verteilung eines Zei- chens Z. Die Menge der Kontexte, in denen Z vorkommt.
Definition 23 Paradigma 1 eines Zeichens Z (im seinem Kontext K). Die Menge der Zeichen Z′, so dass gilt: Z kann (in K) durch Z′^ ersetzt werden.
Meistens spricht man nicht vom Paradigma 1 von Z, sondern von den para- digmatischen Beziehungen von Z. Das Gegenteil von paradigmatischen Bezie- hungen sind syntagmatische Beziehungen.
Definition 24 paradigmatische Beziehungen eines Zeichens Z. Bezie- hungen von Z zu Zeichen aus seinem Paradigma 1.
Definition 25 syntagmatische Beziehungen eines Zeichens Z. Bezie- hungen von Z zu Zeichen aus seinem (möglichen) Kontext.
Definition 26 Syntagma. Folge von sprachlichen Zeichen.
Definition 27 Paradigma 2 eines Wortes W. Die Menge aller morpho- syntaktischen Ausprägungen von W. Ausschnitt aus einem Paradigma 2 : ich, meiner, mir, mich ; du, deiner, dir, dich; ... (Vgl. auch Beispiele 3)
Eigentlich ist die obige Definition von Paradigmen 1 nicht besonders gut: Was soll das kann in “Z kann (in K) durch Z′^ ersetzt werden”bedeuten? Vgl.:
Beispiele 3 Paradigma 1.
a) Eigentlich ist die obige Definition nicht besonders gut.
b) *Eigentlich ist die obige Definition nicht besonders ist.
In b) wurde gut durch ist ersetzt. Doch b) ist im Gegensatz zu a) kein wohlgeformter Satz des Deutschen. Er wurde deswegen — gemäß linguistischer Konvention — mit einem Stern versehen. Wir revidieren unsere Definition des Begriffes Paradigma 1 :
Definition 28 Paradigma 1 eines Zeichens Z in einem wohlgeformten Syntagma S. Die Menge der Zeichen Z′, so dass gilt: Z kann durch Z′^ ersetzt werden, ohne dass S dadurch seine Wohlgeformtheit verliert.
Definition 29 Wohlgeformtheit. Ein sprachlicher Ausdruck A aus einer Sprache L heißt wohlgeformt, wenn er (laut den Intuitionen der Sprecher von L) ein gültiger Ausdruck von L ist.
So wie wir verschiedene Aspekte von Zeichen getrennt betrachten können, nehmen wir auch verschiedene Aspekte der Wohlgeformtheit an Zeichen wahr. Sätze können hinsichtlich ihrer Bedeutung sehr merkwürdig sein und dennoch Grammatizität, d.h. grammatische Wohlgeformtheit aufweisen. Der berühmte- ste grammatische (und dabei unsinnige) Satz stammt von Noam Chomsky: Er wollte mit ihm seinen Begriff der Grammatizität illustrieren. Vergleiche Choms- kys Satz a) mit dem ungrammatischen Satz b):
Beispiel 4 Wohlgeformtheit.
a) Colourless green ideas sleep furiously.
b) *Ideas green sleep colourless furiously.
Definition 30 Grammatizität. Syntaktische und morphologische Wohlge- formtheit.
Anmerkung 7 Noam Chomsky. Chomsky (*1928) ist wohl der einflussreichs- te Linguist des 20. Jahrhunderts. Er ist der Begründer der Generativen Trans- formationsgrammatik. Charakteristisch für Chomsky und seine Anhänger sind u.a. folgende Auffassungen:
a) Man kann (und soll) syntaktische Probleme völlig unabhängig von anderen linguistischen Problemen betrachten.
b) Es gibt eine angeborene und universelle, d.h. sprachunabhängige syntak- tische Kompetenz. Ziel der Syntax soll es sein, diese Kompetenz formal zu beschreiben.
c) Alle natürlichen Sprachen folgen denselben syntaktischen Prinzipien. Un- terschiede sind auf verschiedene Parameter zurückzuführen.
Wegen c) heißt Chomskys Schule auch Prinzipien- und Parametertheorie. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten gehören Syntactic Structures [9], Apects of the Theory of Syntax [10] und Lectures on Government and Binding [11]. Neben Chomskys linguistischen Büchern sind auch seine (linken) gesellschaftskritischen Schriften weithin bekannt geworden.
Definition 37 Idiolekt. Für einen bestimmten Sprecher charakteristische Sprachvariante.
Definition 38 Dialekt. (Frei nach [8, 177]:) Regional gebundene Varian- te Vm einer Sprache L, die zu allen anderen Varianten Vn ( 6 = Vm) von L so große Ähnlichkeit aufweist, dass sich die Sprecher von Vm und Vn gegenseitig verstehen.
Definition 39 Soziolekt. Für eine bestimmte Gruppe der Gesellschaft cha- rakteristischer Sprachgebrauch.
Definition 40 Fachsprache. Von einer bestimmten, über ihre Beschäftigung definierte Gruppe gesprochene Sprachvariante.
Definition 41 Standardsprache. Überregionale, u.U. durch gewisse prä- skriptive Maßnahmen aktiv stabilisierte Sprachvariante.
Vergleiche zu den folgenden beiden Abbildungen [50] und http://www.zompist. com/numbers.shtml.
Sprachfamilie Sprachen Sprecher Beispiele
1.164 181 Mio. Swahili, Fula, Igbo, Yoruba, Zulu
144 2 Mia. Armenisch, Hindi- Urdu, Persisch, Deutsch, Englisch
24 22 Mio. Ungarisch, Finnisch, Estnisch
5 23.000 Tschuktschisch
9 85.000 Grönländisch
28 145 Mio. Kannada, Tamil, Ma- layalam
f) Pauls Brief zeigt, dass er Probleme mit der deutschen Grammatik hat.
g) Paul interesseiert sich sehr für Probleme der Grammatik.
h) Um Freud zu verstehen, müsste man sich mit seiner Psychologie ausken- nen.
Aufgabe 8 Zerlege die Sätze a) bis c) aus Aufgabe 7 in Konstituenten und klassifiziere diese nach 1.4.5 in lexikalische und grammatische Zeichen. Klassi- fiziere die grammatischen Zeichen in freie und gebundene. (Vernachlässige die Konfigurationen.)
Aufgabe 9 Denke darüber nach, was man mit Sprachen (natürlichen und künst- lichen) alles machen kann. Wie müsste man “Bedeutung” definieren, damit un- sere Definition von “Sprache” befriedigend wäre?
1.7 Bibliographie
Adrian Akmajian, Richard A. Demers and Robert M. Harnish. Linguistics. An Introduction to Language and Communication. MIT Press, Cambridge, MA, 1984
Renate Bartsch and Theo Vennemann. Grundzüge der Sprachtheorie: Eine lin- guistische Einführung. Niemeyer, Tübingen, 1982.
Günther Grewendorf, Fritz Hamm and Wolfgang Sternefeld. Sprachliches Wis- sen. Eine Einführung. Suhrkamp, Frankfurt a.M., 1987.
Guido Ipsen. Linguistics for Beginners. http://www.uni-kassel.de/fb8/misc/lfb/html/text/startlfbframeset. html.
Rosemarie Lühr. Neuhochdeutsch. Eine Einführung in die Sprachwissenschaft. Wilhelm Fink, München, 1996.
Summer Institute of Linguistics. Linguistic Glossary. http://www.sil.org/linguistics/glossary/index.html.
Helmut Glück, editor. Metzler Lexikon Sprache. J.B. Metzler, Stuttgart, 1993.
Hadumod Bußmann, editor. Lexikon der Sprachwissenschaft. Kröner, Stutt- gart, 1990.
R.E. Asher, editor. The Encyclopedia of Language and Linguistics. Pergamon, Oxford, 1994.
Definition 42 Phonetik. Theorie der Produktion, der Rezeption und der akustischen Eigenschaften von menschlichen (Sprach-) Lauten; physikalische Lautlehre.
Definition 43 artikulatorische Phonetik. Theorie der Bildung von Lau- ten und von den Sprechwerkzeugen.
Definition 44 akustische Phonetik. Theorie der physikalischen Eigen- schaften von Lautproduktionsereignissen.
Definition 45 auditive/perzeptive Phonetik. Theorie der Rezeption von sprachlichen Äußerungen durch Sprecher.
In Abbildung 2.1 sind diejenigen Organe zu sehen, die bei der Bildung von Sprachlauten eine entscheidende Rolle spielen.
Definition 46 Ansatzrohr. Der Bereich oberhalb der Glottis.
a) Luftstromprozess b) Phonationsprozess c) oro-nasaler Prozess d) Artikulationsprozess (vgl. dazu [61])