



Besser lernen dank der zahlreichen Ressourcen auf Docsity
Heimse Punkte ein, indem du anderen Studierenden hilfst oder erwirb Punkte mit einem Premium-Abo
Prüfungen vorbereiten
Besser lernen dank der zahlreichen Ressourcen auf Docsity
Download-Punkte bekommen.
Heimse Punkte ein, indem du anderen Studierenden hilfst oder erwirb Punkte mit einem Premium-Abo
Community
Finde heraus, welche laut den Docsity-Nutzern die besten Unis deines Landes sind
Kostenlose Leitfäden
Lade unsere Leitfäden mit Lernmethoden, Hilfen zur Angstbewältigung und von Docsity-Tutoren erstellte Tipps zum Verfassen von Haus- und Abschlussarbeiten kostenlos herunter
Gemeinschädliche Sachbeschädigung von „Öffentlichen Denkmälern" nach § 304 Abs. 1 Alt. 4 des Strafgesetzbuches (StGB)
Art: Leitfäden, Projektarbeiten und Recherchen
1 / 7
Diese Seite wird in der Vorschau nicht angezeigt
Lass dir nichts Wichtiges entgehen!
Gemeinschädliche Sachbeschädigung von „Öffentlichen Denkmälern" nach § 304 Abs. 1 Alt. 4 des Strafgesetzbuches (StGB)
Anlässlich eines aktuellen Falles des von den zuständigen Behörden nicht erlaubten Abbruchs eines Baudenkmals im Freistaat Bayern ermittelte die zuständige Staatsanwaltschaft u.a. wegen des Verdachts der gemeinschädlichen Sach- beschädigung (§ 304 Abs. 1 StGB). Danach wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jah- ren oder mit Geldstrafe bestraft, „wer rechtswidrig ... Grabmäler, öffentliche Denk- mäler ..., Gegenstände der Kunst ... beschädigt oder zerstört".
Angesichts der hierzu in eher sehr geringem Umfang vorhandenen Rechtsprechung und Literatur ist zur besonderen Problematik des Tatbestandsmerkmals „Öffentliches Denkmal" Folgendes anzumerken:
2.1 An dieser Stelle ist daher die konkurrenzrechtliche Situation im föderativen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland zu beleuchten. Nach der bundes- rechtlichen Verfassungslage ist die Bundesrepublik Deutschland ein Kulturstaat (vgl. auch Art. 35 des Einigungsvertrags), auch wenn dies nicht ausdrücklich mit einem Staatsziel des Grundgesetzes (GG) festgelegt ist und die Ausgestaltung des kulturstaatlichen Modells im Wesentlichen den Ländern obliegt, die nach der Kom- petenzordnung des Grundgesetzes (vgl. Art. 30, 70, 83, 104 a GG) u.a. für das Denkmalrecht zuständig sind; Entsprechendes bestimmt allerdings ausdrücklich Art. 3 Abs. 1 der Bayerischen Verfassung. Denkmalschutz und Denkmalpflege, d.h. das Denkmalrecht, insb. der Erhalt der Denkmäler, sind nach heutiger Verfassungslage Rechtsmaterien, die allein der Gesetzgebungskompetenz der Länder obliegen; dies ist in den sechzehn Ländergesetzen zum Denkmalschutz, z.B. dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz (BayDSchG), geregelt.
2.2 Ein anderer bereits seit 15. Mai 1871 (vgl. Reichsgesetzblatt - RGBI - 1871, 127, 186 f.) reichs- bzw. bundesrechtlich geregelter Bereich ist das Strafrecht, das nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG unter die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes fällt. Dort wird zwar nicht der Erhalt der Denkmäler (vgl. vorstehenden Absatz) ausdrücklich gefordert, sondern die Strafbarkeit von Taten gegen Denkmäler geregelt. Hinsichtlich des Grundgehalts der Strafnorm (heute § 304 Abs. 1 StGB) und des Wortlauts „Öffentliche Denkmäler" gibt es weder seit 1871 noch in den Vorläuferre- gelungen des Reichsstrafgesetzbuchs (RStGB) Veränderungen. So wird „Öffentli- ches Denkmal" als terminus technicus u.a. schon in § 282 Satz 1 des (damals) vom Vortragenden Rat im Preußischen Justizministerium Heinrich von Friedberg im Juli 1869 gefertigten „Entwurf eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund", in § 303 Satz 1 des „Entwurfs eines Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund" (1. Lesung, November 1869) und in § 301 Abs. 1 des „Entwurfs eines Straf- gesetzbuches für den Norddeutschen Bund" (2. Lesung, Dezember 1869) verwendet.
2.3 Das Reichsgericht hat danach bis heute zeitlos gültig festgestellt, dass „das Gesetz ... den Begriff des öffentlichen Denkmals ... vielmehr als gegeben voraus- setzt" (RGSt 43, 240, 241). Weder die Materialien zu den preußischen Vorläuferre- gelungen (incl. dem Allgemeinen Landrecht für die Preußischen Staaten - ALR -) zum de facto preußischen Strafgesetzbuch des Norddeutschen Bundes bzw. des Reichsstrafgesetzbuches noch diejenigen zum Strafgesetzbuch der Bundesrepublik Deutschland geben hierzu irgendetwas her. Bei der Begriffsbestimmung „ist deshalb ... auf den allgemeinen Sprachgebrauch und den erkennbaren Zweck des Gesetzes zurückzugehen" (RGSt 43, 240, 241). In Abweichung von mehreren Litera- turmeinungen in modernen Kommentaren legt das Reichsgericht unter Bezugnahme auf das Grimm'sche „Deutsche Wörterbuch" von 1860 zu Recht dar, dass „der Sprachgebrauch ... unter Denkmälern nicht lediglich Erinnerungszeichen, wie Standbilder, Säulen, Bauwerke, die von vornherein zu dem Zwecke errichtet worden sind, das Andenken an gewisse Personen oder Begebenheiten dauernd zu erhalten," versteht, „er umfasst vielmehr auch Werke, die als Gegenstände aus der
solche Zweckbestimmung, einen derartigen Widmungsakt bei Vorliegen zweier Voraussetzungen als gegeben ansah:
Einmal musste auch 1910 das beschädigte oder (hier) zerstörte Objekt bei objektiver (heute: dem Wissens- und Kenntnisstand sachverständiger Kreise folgender) Betrachtung ein „Denkmal im Sinne der preußischen Denkmalspflege" sein (vgl. RGSt 43, 240, 246); der Freistaat Bayern hat u.a. zur Beantwortung derartiger Fra- gen als amtlichen Sachverständigen das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege als staatliche Denkmalfachbehörde errichtet (vgl. Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG). In Folge dessen hatte die preußische Staatsbehörde die ord- nungsrechtliche Anordnung getroffen, das als Denkmal erkannte Objekt zu erhalten. Zum anderen zog das Reichsgericht jedenfalls zur Absicherung seiner Erkenntnis das eigene Einverständnis der Objektinhaberin mit der ordnungsrechtlichen Erhal- tungsanordnung heran. Zusammen mit der staatlichen Anordnung ergab sich daraus die nach § 304 Abs. 1 StGB geforderte besondere Zweckbestimmung, um „die Eigenschaft als öffentliches Denkmal" zu erhalten (vgl. RGSt 43, 240, 246).
2.6 Nach heutiger Rechtslage, beginnend mit Art. 150 Abs. 1 der Weimarer Verfas- sung bis zu den heute landesrechtlichen Bestimmungen von Art. 3 Abs. 2, Art. 141 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 der Bayerischen Verfassung i.V.m. Art. 3 Abs. 1, Art. 4 Abs. 1 Satz 1, Art. 6, 7, 10 BayDSchG, ist danach zu fordern, dass die Denkmaleigenschaft des betroffenen Objekts öffentlich wirksam geklärt sein muss. Angesichts des im Freistaat Bayern angewandten deklaratorischen Systems der Denkmalfeststellung bedeutet dies, dass das Eintragungsverfahren nach Art. 2 BayDSchG des als Denkmal erkannten Objekts eröffnet (Listenentwurf oder fälschlich sog. „vorläufige Eintragung in die Denkmalliste", vgl. hierzu Urteil des AG Lippstadt, Entscheidungen zum Denkmalrecht - EzD - 2.2.8 Nr. 1), d.h. die Beteiligung der staatlichen und kommunalen Stellen seitens der für die Eintragung in die Denkmalliste allein zuständigen, sachverständigen Denkmalfachbehörde herbeigeführt wurde. Eine Eintragung in die Denkmalliste des Freistaats Bayern ist überhaupt nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 BayDSchG erfüllt sind, wonach die Erhaltung als Denkmal aus den gesetzlich festgelegten Gründen im Interesse der Allgemeinheit liegen muss und die Denkmaleigenschaft objektiv gegeben ist, d.h. u.a. auch die „Erhaltungswürdigkeit" vorliegt (vgl. hierzu auch Oberstaatsanwalt Helmut Rehborn, Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter - NWVBI - 1988, 325 ff. [jedoch mit fehlerhafter Anmerkung 19]). Da zu diesem Zeitpunkt die Feststellung der hierfür zuständigen sachverständigen Kreise über die objektive Denkmaleigenschaft bereits abschließend getroffen worden sein muss, es bei der Benehmensherstellung mit der Gemeinde, hingegen nicht mit dem Objekteigentümer, ausschließlich um den Abgleich mit besonderen lokalen Kenntnissen und Erfahrungen gehen kann, liegt bereits in der Bekanntgabe der Aufnahme eines Objekts in die Denkmalliste, d.h. der Veröffentlichung des sog. Listenentwurfs, die nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts erforderliche Anordnung, das als Denkmal erkannte Objekt zu erhalten (Widmung), vor.
Nach der seit Mitte der 1970er Jahre in den Ländern der Bundesrepublik Deutsch- land, insb. im Freistaat Bayern geltenden Rechtslage kommt es weder bei der Feststellung der Denkmaleigenschaft noch bei der deklaratorischen Eintragung in die Denkmalliste auf das Einvernehmen mit dem Denkmaleigentümer an. Diese kann sogar und durchaus wesensimmanent gegen den ausdrücklichen Willen des Denkmaleigentümers erfolgen. Nach den Ausführungen des Reichsgerichts ist es evident, dass bei Zugrundelegung dieser (erst heute geltenden) Rechtslage die hilfsweisen Erwägungen zur Zustimmung des Denkmaleigentümers unterlassen worden wären, da es dann so wie heute auszuschließen gewesen wäre, dass die positive Zustimmung des Denkmaleigentümers zur objektiven Denkmalfeststellung ggf. hätte erforderlich sein können (a. A., aber in Verkennung von RGSt 43, 240 ff. und ohne Berücksichtigung der Weiterentwicklung des staatlichen Denkmalschutz- rechts: Wolff, Kommentar zum StGB, § 304 Rn. 2).
2.7 Soweit im Zuge des deklaratorischen Eintragungssystems ein derartiges Ver- fahren nicht eröffnet wurde, die Denkmaleigenschaft aber objektiv vorliegt und damit das Bayerische Denkmalschutzgesetz zum Tragen kommt, muss man wohl davon ausgehen, dass zwar die objektive Denkmaleigenschaft gegeben ist, zumindest nicht immer aber die besondere Zweckbestimmung im Hinblick auf eine öffentliche Widmung. In der Regel ist in einem solchen Fall dann nicht von einem „Öffentlichen Denkmal" i.S.v. § 304 StGB zu sprechen. Dies mag allerdings anders zu beurteilen sein, wenn ein Objekt, das (noch) weder als Bau- noch als Bodendenkmal in die Denkmalliste eingetragen ist, im Alltag durchaus als „historisches Denkmal" i.S. der Rechtsprechung des Reichsgerichts eingestuft wurde. Dies wird insb. im Bereich der Bodendenkmalpflege denkbar sein, wie es sich u.a. aus dem Urteil des OLG Celle vom 28. Januar 1974 (Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1974, 1291 f.) zu einem Hünengrab ergibt. Angesichts des Bestimmtheitsgebots von Art. 103 Abs. 2 GG sind solche Fallgestaltungen erkennbar selten, da hier sozusagen die „allgemeine Überzeugung", der „gesunde Menschenverstand" oder „das Gemeingut" i.S.v. § 304 StGB an die Stelle der sachverständigen Denkmalfeststellung und der öffentlichen Widmung durch Eintra- gung in die Denkmalliste treten müssen. Dies kann und wird nicht häufig gegeben, im positiven Fall aber auch subjektiv (vgl. nachstehend Nummer 2.8) gleich zu be- handeln sein. Abweichend zu Eberl (in: Eberl/Martin/Petzet, Kommentar zum Bayerischen Denk- malschutzgesetz, Köln, 5. Aufl. 1997, Art. 23 Rn. 2) ist es allerdings irrelevant, ob das im Sinne der vorstehenden Ausführungen „Öffentliche Denkmal" im Privateigentum steht und nur privat genutzt wird. Erfüllt es die vom Reichsgericht zum heutigen § 304 Abs. 1 StGB erkannten Voraussetzungen (vgl. hierzu auch Daude, Kommentar zum Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich, 12. Aufl. 1913, Berlin, § 304, Seite 412), insb. die objektive Denkmaleigenschaft (Art. 1 Abs. 1 BayDSchG) und die öffentliche Widmung (i.d.R. Eintragung in die Denkmalliste, ggf. erst im Entwurf), ist die Beschädigung oder Zerstörung des Denkmals dann auch nach § 304 StGB strafbewehrt.
Die Bildung eines Denkmalbeirates, der die Behörde bei der Entscheidung unter- stützt, findet ihre rechtliche Grundlage in § 3 Abs. 3 des Hessischen Denkmal- schutzgesetzes (HDSchG).
§ 3 Abs. 3 HDSchG Bei der unteren Denkmalschutzbehörde soll nach Anhörung der Denkmalfachbe- hörde vom Kreisausschuss oder Magistrat ein sachverständiger, weisungsunab- hängiger Beirat berufen werden, der die Denkmalschutzbehörde bei der Durchfüh- rung ihrer Aufgaben unterstützt. Der Beirat kann bestimmte Aufgaben auf ehren- amtliche Vertrauensleute übertragen. Der nach dem HDSchG explizit vorgesehene Denkmalbeirat dient der fachlichen Unterstützung der Unteren Denkmalbehörde. Er ist als sachkundiges Gremium, nicht als politisches Repräsentationsorgan konstruiert. Um der beratenden Tätigkeit nachgehen zu können, benötigt dieses Gremium die entsprechenden Sachinforma- tionen, die bei einem konkreten Baugenehmigungsverfahren zwangsläufig perso- nenbezogen sind. Die Kritik an der Zusammensetzung des Denkmalbeirats geht fehl, da das Denkmalschutzgesetz bewusst die Einbeziehung von Personen in die Beratung vorsieht, die außerhalb der Verwaltung und des Parlaments stehen, aber aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit ihre Sachkunde in die Entscheidungsfindung einbringen können. Im konkreten Fall gehörten dem Beirat z.B. mehrere Architekten ah. Die Mitglieder des nach § 3 Abs. 3 HDSchG gebildeten Beirats sind im Übrigen ehrenamtlich Tätige im Sinne der Hessischen Gemeindeordnung (HGO). Damit unterliegen sie der gleichen Verschwiegenheitspflicht wie Stadtverordnete. Ein Ver- stoß gegen Verschwiegenheitspflichten wäre eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 24a Nr. 2 HGO."