Docsity
Docsity

Prüfungen vorbereiten
Prüfungen vorbereiten

Besser lernen dank der zahlreichen Ressourcen auf Docsity


Download-Punkte bekommen.
Download-Punkte bekommen.

Heimse Punkte ein, indem du anderen Studierenden hilfst oder erwirb Punkte mit einem Premium-Abo


Leitfäden und Tipps
Leitfäden und Tipps

Grundzüge der soziologischen Rollentheorie, Zusammenfassungen von Soziologie

Kurzfassung nach:Ralf Dahrendorf "Homo Sociologicus" (1970), Lothar Krappmann „Soziologische Dimensionen der Identät“ (1972)

Art: Zusammenfassungen

2019/2020

Hochgeladen am 10.04.2020

leonardosommer
leonardosommer 🇩🇪

4.6

(14)

55 dokumente

1 / 1

Toggle sidebar

Diese Seite wird in der Vorschau nicht angezeigt

Lass dir nichts Wichtiges entgehen!

bg1
! „Die!ganze!Welt!ist!Bühne
! und!alle!Fraun!und!Männer!bloße!Spieler.
! Sie!treten!auf!und!gehen!wieder!ab,
! sein!Leben!lang!spielt!einer!manche!Rollen,
! durch!sieben!Akte!hin."!!! ("All!the!world´s!a!stage..."!Shakespeare:!As!you!like!it,!II,7)
Jeder%Mensch%bewegt%sich%in%Rollen,%nicht%bloß%in%einer%einzigen,%sondern%in%vielen,%z.T.%sehr%unterschiedlichen%
Rollen,%je%nachdem,%welche%sozialen%Posi>onen%er%einnimmt%(Vater,%Lehrer,%Ehemann,%Sohn,%Vereinsmitglied%...)
Erwachsenwerden,%der%sog.%Sozialisa>onsprozess,%ist%so%gesehen%nichts%anderes%als%ein%Erlernen%von%Rollen,%
dh.%Verhaltenserwartungen,%die%dem%einzelnen%von%seiner%sozialen%Gruppe%entgegengebracht%werden.%Das%
RollenILernen%ist%nie%zu%Ende%(Vater/Chef/Großvater/Kinderbetreuer...)
Rollen%sind%zum%Teil%zugewiesene%(ascribed),%zum%Teil%erworbene%(achieved),%immer%aber%bezogen%auf%die%
Rollenerwartungen%der%sozialen%Gruppe,%dh.%sie%stehen%unter%dem%Vorzeichen%des%Verbindlichen,%man%kann%
sich%ihnen%nicht%ohne%Schaden%entziehen.
Die%Erfüllung%bzw.%NichtIErfüllung%dieser%Rollenerwartungen%ruQ%Reak>onen%hervor,%welche%Sank>onen%geI
nannt%werden.%
Sämtliche%in%der%GesellschaQ%vorkommenden%Rollen%können%nach%der%Schärfe%der%Sank>onen%geordnet%werI
den.%Drei%Formen%von%Verbindlichkeit%werden%unterschieden:%
1. %MussIErwartungen%(Gesetze):%NichtIErfüllung%wird%gerichtlich%geahndet%=%nega>ve%Sank>onen)
2. SollIErwartungen%(Konven>onen):%Man%ist%fleißig,%höflich,%sauber,%modern%...%(auch%hier%herrschen%nega>I
ve%Sank>onen,%wenn%auch%keine%gerichtlichen,%vor)
3. KannIErwartungen%(Idealverhalten):%Zusätzlicher%Einsatz,%Ehrenamt,%hohe%GesprächsbereitschaQ%...%(Hier%
überwiegen%die%posi>ven%Sank>onen).
Daraus%ergeben%sich%aber%eine%Reihe%von%Problem%für%das%Individuum:
Nicht%immer%liegen%eindeu>ge%Rollennormen%vor,%so%dass%ich%nicht%ständig%wissen%kann,%was%jetzt%von%mir%
erwartet%wird%(Rollenunsicherheit)%I%die%Rollen%sind%heute%immer%weniger%eindeu>g%definiert!
Es%gibt%immer%Rollenkonflikte,%wenn%Rollen%nicht%(oder%nur%schwer)%miteinander%vereinbar%sind:%Auf%welcher%
Seite%steht%der%Lehrer,%der%Werkmeister,%der%Kompanieführer?%Wessen%Interessen%vertric%er%im%Konflikdall?%
Ist%er%Vorgesetzter%oder%Untergebener%...%GewerkschaQsmitglied%oder%Chef?
Aus%dem%Ungenügen%mit%der%eigenen%Rolle%erwächst%immer%wieder%das%Bedürfnis%nach%Rollenwechsel,%das%
die%soziale%Gruppe%nicht%akzep>eren%will,%ja%sogar%nega>v%sank>oniert.
Das%Gefühl,%einer%Rolle%(egal%ob%erwünscht%oder%unerwünscht)%nicht%gerecht%zu%werden,%kann%zu%ÜberfordeI
rungserlebnissen,%Minderwer>gkeitsgefühlen,%nega>ver%Selbstdefini>on%führen.%
Das%Iden>tätsproblem%stellt%sich:%Wer%bin%ICH?%Was%ist%mein%PersönlichkeitsKERN,%mein%SELBST.%Welche%RolI
len%sind%am%dichtesten%an%meiner%Person%dran,%am%engsten%mit%mir%verwoben,%können%am%wenigsten%aufgeI
geben%werden?
Hypothese:%Das%Geschlecht,%die%Kultur,%die%Religion%und%die%Familienrolle%(Mucer,%Vater,%Kind).%Insbesondere%
ist%die%Geschlechterrolle%eine%sehr%früh%erworbene%Rolle,%die%rela>v%stabil%ist%und%sehr%weit%in%unser%Selbst%
hineinreicht.%
Die%(gelungene/funk>onstüch>ge/entwickelte...)%Persönlichkeit%braucht%eine%ICHIIDENTITÄT,%ein%IchIIdeal,%das%
Halt%und%Sitz%im%Leben%gibt.%Das%bedeutet%%
für%die%Gesellscha(:%Sie%muss%flexible%Normensysteme%besitzen,%die%Raum%zu%subjek>ver%Interpreta>on%und%
individueller%Ausgestaltung%geben,%so%dass%der%einzelne%mit%Rollen%experimen>eren,%sich%selbst%neu%interpreI
>eren%kann%(role%making),%ohne%gleich%nega>ve%Sank>onen%fürchten%zu%müssen.
für%das%Individuum:%Es%muss%in%der%Lage%sein,%sich%Normen%gegenüber%reflek>erend%und%interpre>erend%zu%
verhalten,%es%soll%zur%ROLLENDISTANZ%befähigt%sein.%Das%bedeutet:%Fähigkeit%zur%An>zipa>on%von%RollenerI
wartungen,%die%an%einen%gerichtet%werden,%Fähigkeit%zur%Interpreta>on%von%Normen%und%Rollen,%die%zu%erfülI
len%sind,%Befähigung%zur%Präsenta>on%eigener%Erwartungen,%zur%situa>onsgerechten%Anpassung%und%zum%ErI
tragen%von%Erwartungsdiskrepanzen%(Frustra>onstoleranz).%
Rollendistanz%ermöglicht%es%dem%Individuum%also%I%ohne%Gefahr%des%Iden>tätsverlustes%I%äußere%RollenerwarI
tungen%zu%erfüllen,%m.a.W.%sich%zu%entäußern,%ohne%sich%selbst%zu%endremden:%Role%taking.
Grundzüge der soziologischen Rollentheorie
nach:%Ralf%Dahrendorf%"Homo%Sociologicus"%(1970),%Lothar%Krappmann%„Soziologische%Dimensionen%der%Iden>tät“%(1972)%

Unvollständige Textvorschau

Nur auf Docsity: Lade Grundzüge der soziologischen Rollentheorie und mehr Zusammenfassungen als PDF für Soziologie herunter!

„Die ganze Welt ist Bühne und alle Fraun und Männer bloße Spieler. Sie treten auf und gehen wieder ab, sein Leben lang spielt einer manche Rollen, durch sieben Akte hin." ("All the world´s a stage..." Shakespeare: As you like it, II,7) Jeder Mensch bewegt sich in Rollen, nicht bloß in einer einzigen, sondern in vielen, z.T. sehr unterschiedlichen Rollen, je nachdem, welche sozialen Posi>onen er einnimmt (Vater, Lehrer, Ehemann, Sohn, Vereinsmitglied ...)

  • Erwachsenwerden, der sog. Sozialisa>onsprozess, ist so gesehen nichts anderes als ein Erlernen von Rollen, dh. Verhaltenserwartungen, die dem einzelnen von seiner sozialen Gruppe entgegengebracht werden. Das Rollen-­‐Lernen ist nie zu Ende (Vater/Chef/Großvater/Kinderbetreuer...)
  • Rollen sind zum Teil zugewiesene (ascribed), zum Teil erworbene (achieved), immer aber bezogen auf die Rollenerwartungen der sozialen Gruppe, dh. sie stehen unter dem Vorzeichen des Verbindlichen, man kann sich ihnen nicht ohne Schaden entziehen.
  • Die Erfüllung bzw. Nicht-­‐Erfüllung dieser Rollenerwartungen ruQ Reak>onen hervor, welche Sank>onen ge-­‐ nannt werden.
  • Sämtliche in der GesellschaQ vorkommenden Rollen können nach der Schärfe der Sank>onen geordnet wer-­‐ den. Drei Formen von Verbindlichkeit werden unterschieden:
    1. Muss-­‐Erwartungen (Gesetze): Nicht-­‐Erfüllung wird gerichtlich geahndet = nega>ve Sank>onen)
    2. Soll-­‐Erwartungen (Konven>onen): Man ist fleißig, höflich, sauber, modern ... (auch hier herrschen nega>-­‐ ve Sank>onen, wenn auch keine gerichtlichen, vor)
    3. Kann-­‐Erwartungen (Idealverhalten): Zusätzlicher Einsatz, Ehrenamt, hohe GesprächsbereitschaQ ... (Hier überwiegen die posi>ven Sank>onen). Daraus ergeben sich aber eine Reihe von Problem für das Individuum:
  • Nicht immer liegen eindeu>ge Rollennormen vor, so dass ich nicht ständig wissen kann, was jetzt von mir erwartet wird (Rollenunsicherheit) -­‐ die Rollen sind heute immer weniger eindeu>g definiert!
  • Es gibt immer Rollenkonflikte, wenn Rollen nicht (oder nur schwer) miteinander vereinbar sind: Auf welcher Seite steht der Lehrer, der Werkmeister, der Kompanieführer? Wessen Interessen vertric er im Konflikdall? Ist er Vorgesetzter oder Untergebener ... GewerkschaQsmitglied oder Chef?
  • Aus dem Ungenügen mit der eigenen Rolle erwächst immer wieder das Bedürfnis nach Rollenwechsel, das die soziale Gruppe nicht akzep>eren will, ja sogar nega>v sank>oniert.
  • Das Gefühl, einer Rolle (egal ob erwünscht oder unerwünscht) nicht gerecht zu werden, kann zu Überforde-­‐ rungserlebnissen, Minderwer>gkeitsgefühlen, nega>ver Selbstdefini>on führen.
  • Das Iden>tätsproblem stellt sich: Wer bin ICH? Was ist mein PersönlichkeitsKERN, mein SELBST. Welche Rol-­‐ len sind am dichtesten an meiner Person dran, am engsten mit mir verwoben, können am wenigsten aufge-­‐ geben werden?
  • Hypothese: Das Geschlecht, die Kultur, die Religion und die Familienrolle (Mucer, Vater, Kind). Insbesondere ist die Geschlechterrolle eine sehr früh erworbene Rolle, die rela>v stabil ist und sehr weit in unser Selbst hineinreicht. Die (gelungene/funk>onstüch>ge/entwickelte...) Persönlichkeit braucht eine ICH-­‐IDENTITÄT, ein Ich-­‐Ideal, das Halt und Sitz im Leben gibt. Das bedeutet
  • für die^ Gesellscha(:^ Sie muss flexible Normensysteme besitzen, die Raum zu subjek>ver Interpreta>on und individueller Ausgestaltung geben, so dass der einzelne mit Rollen experimen>eren, sich selbst neu interpre-­‐

    eren kann (role making), ohne gleich nega>ve Sank>onen fürchten zu müssen.

  • für das^ Individuum:^ Es muss in der Lage sein, sich Normen gegenüber reflek>erend und interpre>erend zu verhalten, es soll zur ROLLENDISTANZ befähigt sein. Das bedeutet: Fähigkeit zur An>zipa>on von Rollener-­‐ wartungen, die an einen gerichtet werden, Fähigkeit zur Interpreta>on von Normen und Rollen, die zu erfül-­‐ len sind, Befähigung zur Präsenta>on eigener Erwartungen, zur situa>onsgerechten Anpassung und zum Er-­‐ tragen von Erwartungsdiskrepanzen (Frustra>onstoleranz).
  • Rollendistanz ermöglicht es dem Individuum also -­‐ ohne Gefahr des Iden>tätsverlustes -­‐ äußere Rollenerwar-­‐ tungen zu erfüllen, m.a.W. sich zu entäußern, ohne sich selbst zu endremden: Role taking.

Grundzüge der soziologischen Rollentheorie

nach: Ralf Dahrendorf "Homo Sociologicus" (1970), Lothar Krappmann „Soziologische Dimensionen der Iden>tät“ (1972)