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Art: Prüfungen
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Klausur zur Vorlesung: Grundlinien und Allgemeiner Teil des BGB, Wintersemester 2014/
Sachverhalt
Die 17-jährige S beginnt zum Oktober 2014 ihr Jurastudium in Münster. Noch vor dem Beginn des ersten Semesters richten ihre Eltern V und M ihr ein Girokonto bei der Sparkasse Münsterland Ost ein und überweisen darauf monatlich 600,- Euro per Dauerauftrag. Außerdem schenken sie ihrer Tochter zum Studienbeginn ein wertvolles Porzellanservice. S hat aber nur wenig Freude am Studium und kauft und bezahlt am 3. Februar 2015 im Laden der Konzertagentur K zwei teure Karten für ein Rockkonzert (zusammen 300,- Euro), das sie gemeinsam mit ihrem Freund F besuchen möchte. Doch es kommt zu Komplikationen. Die Eltern verurteilen den Kauf der Konzertkarten auf das schärfste und verlangen von K die Rückzahlung von 300,- Euro an S. S selbst hält diesen Eingriff in ihre finanziellen Angelegenheiten für übertrieben. Sie verlangt aber ebenfalls ihr Geld teilweise zurück, weil sie sich, was zutrifft, inzwischen von ihrem Freund getrennt hat und das Konzert nun allein besuchen möchte. Deswegen ruft sie bei der Konzertagentur K an und verlangt mit dieser Begründung die Rückzahlung von 150,- Euro. Wegen der Querelen zerstreitet sich S mit ihren Eltern V und M. Die Eltern erklären der S daraufhin, sie würden sich das Porzellanservice mit sofortiger Wirkung im Namen der S zurückschenken. S solle es unverzüglich nach Hause zurückbringen. Mitreden dürfe sie als Minderjährige ja ohnehin nicht. Sicherheitshalber lassen die Eltern die Rückschenkung notariell beurkunden.
Lösungshinweise:
Vorbemerkung:
Die Klausur ist für Erstsemester vergleichsweise schwer. Für die Bewertung kommt es darauf an, die unproblematischen Punkte knapp abzuhandeln und an den schwierigen Stellen genau
mit dem Gesetz zu arbeiten. Die einfachen Punkte sollten problemlos im Urteilsstil abgehandelt werden. Weitschweifige Exkurse zum Vertragsschluss sind hier z. B. unangebracht. Am schwierigsten sind sicherlich die doppelte Anwendung von § 181 BGB und die dort erforderliche teleologische Reduktion. Hier muss es für gute Bearbeiter möglich sein, bei sinnvollen Erwägungen eine hohe Punktzahl zu erreichen. Die Zusatzfrage soll es ebenfalls besseren Bearbeitern ermöglichen, in den zweistelligen Bereich zu kommen.
Bei Fehlern in der Lösungsskizze oder von den Bearbeitern aufgeworfenen weiteren ernsthaften Problemen melden Sie sich bitte bei mir: [email protected]
Vielen Dank für Ihre Korrektur!
Frage 1
Die Eltern können gar nichts verlangen, weil sie unter keinen in Betracht kommenden Gesichtspunkten Anspruchsinhaber sein können. Es geht also nur um Ansprüche der S, bei deren materiellrechtlichem Bestehen es auch nicht um Stellvertretung gehen kann. Selbst wenn die Eltern tatsächlich die 300,- € zurückfordern, machen Sie lediglich einen Anspruch der S geltend.
I. S – K, § 985 BGB auf Herausgabe von 300,- €
Hier ist im Hinblick auf die Frage nach wirksamer Einigung eine Anfechtung der S gem. § 142 I BGB zu prüfen. Es fehlt jedoch bereits an einem Anfechtungsgrund, da S im Hinblick auf die Teilnahme ihres Freundes F nur einem unbeachtlichen Motivirrtum unterlag. c) S nicht mehr Eigentümerin.
IV. S – K, § 812 I 1 Var. 1/§ 812 I 2 Var. 1 BGB auf Rückzahlung von 150,- € Der Rechtsgrund besteht in Form des Kaufvertrages, da S auch diesen nicht wirksam angefochten hat. Anspruch (-) Anm.: Der Kondiktionsanspruch infolge einer Anfechtung kann sowohl auf § 812 I 1 Var. 1 BGB, als auch auf § 812 I 2 Var. 1 BGB gestützt werden. Dies hängt davon ab, ob man die Anfechtung als rechtshindernde oder rechtsvernichtende Einwendung ansieht. Der Bearbeiter sollte keine Ausführungen zum Prüfungsaufbau machen, müsste aber bei einer Prüfung von § 812 Abs. 1 S. 2 Var. 1 BGB sagen, warum der rechtliche Grund „später“ weggefallen ist.
Frage 2
I. Eltern – S, § 516 I BGB auf Zuwendung des Services
Genehmigung der S (wiederum vertreten durch oder mit Zustimmung der Eltern) gem. § 177 I BGB scheidet aus, da sonst der § 181 BGB umgangen würde. Somit trotz Einhaltung des Formerfordernisses des § 518 I 1 BGB kein wirksamer Schenkungsvertrag. Anmerkung: Hier kommt es auf die teleologische Reduktion der Vorschrift nicht an. Die Lösung ergibt sich unproblematisch aus dem Gesetzeswortlaut: Die zweite Schenkung ist kein Rechtsgeschäft zur Erfüllung einer Verbindlichkeit und daher von der Norm nicht gedeckt. Außerdem verbietet § 1641 BGB derartige Schenkungen, so dass § 181 BGB möglicherweise deshalb schon ausscheidet. Hinweise auf diesen familienrechtlichen Bezug können von Erstsemestern jedoch unter keinen Umständen erwartet werden.
II. Eltern – S, § 985 BGB auf Herausgabe des Services
Der Vorwurf von Wieacker wird heutzutage überwiegend nicht mehr geteilt. Das BGB mit seinem Anspruch, ein privatautonomes Recht gleicher rechtlicher Freiheit zu verwirklichen, war seiner Zeit möglicherweise voraus. Die Krisen des 20. Jahrhunderts (Weltkriege, Inflation etc.) haben dazu beigetragen, dass erst um ca. 1960 der Boden für ein wirkliches privatautonomes Bürgerliches Recht bereitet war. Dann aber verlor der Staat/die Politik schnell das Interesse an dieser Art von Recht (Stichwort: Wohnungsmietrecht, Verbraucherrecht, einseitig-zwingendes Recht).
Die Abwendung vom Liberalismus hin zum Sozialstaat sollte den Bearbeitern zumindest bekannt sein. Hier liegt ein epochaler Unterschied des 19. zum 20. Jahrhundert.
Die Diskussion über das Verhältnis von formalem Recht und echtem Leben ist tendenziell immer mit einem Hang zu freiheitsfeindlichen, ggf. auch undemokratischen Lösungen und zur Rechtsstaatsfeindlichkeit verbunden. Dafür bietet gerade Wieacker selbst ein schlagendes Beispiel.
In der Gewichtung macht die Zusatzfrage maximal 3 Notenpunkte aus.
Formalien und Technisches