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Klausur 55111 vom Kurs Allgemeines Verwaltungsrecht im WS 2011/2012.
Art: Prüfungen
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Sachverhalt
Seit seiner Kindheit ist M von Flugzeugen fasziniert. Als er im Februar 2012 arbeitslos wird, beschließt er, sich bei der Sauber-Abheben AG als Flugzeugreiniger am Flughafen F im Bundesland L zu bewerben. Ein Flugzeugreiniger kann sich mit nur unwesentlichen Einschränkungen frei am Flughafengelände bewegen. Zu seinen Aufgaben gehören die Innen- und Außenreinigung der Flugzeuge sowie kleinere Reparaturen. Die Flugzeugreiniger bereiten die Maschinen für ihren nächsten Einsatz vor und spielen so eine große Rolle für den sicheren und unfallfreien Flugverkehr.
M erfüllt alle Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle. Als letzte formelle Hürde muss er einen Nachweis seiner Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG erbringen. Daher beantragt er gem. § 7 Abs. 2 LuftSiG die Feststellung seiner Zuverlässigkeit bei der zuständigen Luftsicherheitsbehörde. Die Behörde untersucht umfassend die in der Vergangenheit eingetretenen Tatsachen und entscheidet auf Ihrer Grundlage, ob der Antragsteller Gewähr dafür bietet, die ihm bei seiner beruflichen Tätigkeit obliegenden Pflichten im vollen Umfang zu erfüllen. Über den M hat die Behörde Folgendes festgestellt:
Nach einer Anhörung des M lehnt die Behörde die Feststellung seiner Zuverlässigkeit ab und teilt ihm dies in einem Schreiben mit.
M überlegt, was er gegen diese Entscheidung unternehmen kann.
Frage 1: Ist die Entscheidung der Luftsicherheitsbehörde ein Verwaltungsakt? Erstellen Sie ein ausführliches Gutachten. (35 Punkte)
Frage 2: Prüfen Sie, ob ein Widerspruch des M gegen die Entscheidung zulässig ist. (25 Punkte)
Frage 3: Nachdem sein Widerspruch erfolglos geblieben ist, überlegt M, ob er den Weg zu dem Verwaltungsgericht einschlagen soll. Wäre seine Klage begründet? (40 Punkte)
Bearbeitervermerk: Das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes L entspricht dem des Bundes. Die Durchführung des Vorverfahrens ist im Bundesland L nicht durch Landesgesetze ausgeschlossen. Die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) ist momentan in rund 20 Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten vertreten. Obwohl die Partei nicht vom Bundesverfassungsgericht in einem Verfahren nach Art. 21 Abs. 2
GG verboten worden ist, wird sie vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet und als linksextremistisch eingestuft. Dazu das Landesamt für Verfassungsschutz Hessen: „Zentrale Bedeutung auf dem Weg zum Sozialismus hat für die DKP der Bruch mit den kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnissen: „Der Sozialismus kann nicht auf dem Weg von Reformen, sondern nur durch tief greifende Umgestaltungen und die revolutionäre Überwindung der kapitalistischen Eigentums- und Machtverhältnisse erreicht werden.“ (DKP-Parteiprogramm, verabschiedet auf dem 17. Parteitag am 8. April 2006 in Duisburg).“
Auszug aus dem Luftsicherheitsgesetz (LuftSiG)
§ 1 Zweck Dieses Gesetz dient dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen.
§ 7 Zuverlässigkeitsüberprüfungen (1) Zum Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs (§ 1) hat die Luftsicherheitsbehörde die Zuverlässigkeit folgender Personen zu überprüfen: […]
über die Zuverlässigkeit des Antragsstellers zu entscheiden, die in ihrer Eigenschaft als Hoheitsträger tätig wird. Die Vorschrift gehört somit zum öffentlichen Recht. Die Entscheidung wurde also auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts getroffen.
Auch andere Theorien wie die Subordinationsteorie oder die Interessentheorie können hier ebenfalls angewendet werden.
Die Entscheidung müsste eine Regelung i.S.d. § 35 VwVfG enthalten.
Eine Regelung gem. § 35 VwVfG liegt vor, wenn das Handeln der Behörde auf die Setzung einer unmittelbaren Rechtsfolge gerichtet ist. Das bedeutet, dass durch die Behörde einseitig Rechte oder Pflichten verbindlich begründet, geändert, aufgehoben oder festgestellt werden. Vorliegend hat die Behörde festgestellt, dass Zweifel an der Zuverlässigkeit des M bestehen.
Grundsätzlich setzt auch eine Feststellung rechtliche Folgen. Auch wenn sie keine rechtsverbindliche Rechte oder Pflichten bestimmt, setzt sie verbindlich für einen längeren Zeitraum fest, wie ein Sachverhalt rechtlich zu bewerten ist. Die Behörde stellt hier für M verbindlich fest, dass er die Voraussetzungen des § 7 LuftSiG nicht erfüllt, da Zweifel an seiner Zuverlässigkeit bestehen. Außerdem wirkt sich diese Feststellung gem. § 7 Abs. 6 LuftSiG auf die Zulassung des M zur Tätigkeit des Flugzeugreinigers. Mit der rechtsverbindlichen Feststellung der Unzuverlässigkeit des M hat die Behörde also eine Regelung getroffen.
Um die Regelungswirkung einer Maßnahme festzustellen, muss ihr genauer Inhalt erfasst werden. Die Luftsicherheitsbehörde äußert sich nicht dazu, ob M einen bestimmten Beruf ausüben darf. Sie befasst sich ausschließlich mit seiner Zuverlässigkeit. Die Regelung besteht also nicht darin, dass M die Ausübung des Berufes eines Flugzeugreinigers verboten wird. Der Bescheid beschränk sich auf die rechtsverbindliche Feststellung der
Weiterhin müsste diese Regelung in einem Einzelfall getroffen worden sein. Eine Einzelfallregelung zeichnet sich durch ihren konkret-individuellen Charakter aus. Die Feststellung betrifft hier die konkrete Person des A in einem konkreten Sachverhalt, der Feststellung seiner luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit. Die Regelung wurde also in einem Einzelfall erlassen.
Des Weiteren müsste die Ablehnung der Zuverlässigkeitsfeststellung unmittelbare Außenwirkung entfalten. Um Außenwirkung zu haben, muss die Maßnahme nicht lediglich im behördeninternen Bereich Wirkung entfalten, sondern darüber hinaus Rechte oder Pflichten für Personen außerhalb der Behörde begründen, aufheben, feststellen. Unmittelbarkeit bedeutet, dass der Eintritt der Außenwirkung keine weiteren Vermittlungsschritte erfordert.
Aufgrund der Ablehnung der Feststellung seiner Zuverlässigkeit darf M nicht die von ihm angestrebte Tätigkeit als Flugzeugreiniger ausüben. Die Rechtsfolge der Ablehnung tritt somit direkt bei M als einer außerhalb der Verwaltung stehenden natürlichen Person ein. Um diese Wirkung zu entfalten, sind keine weiteren Zwischenschritte notwendig. Damit hat die Entscheidung unmittelbare Außenwirkung.
Die Entscheidung der Luftsicherheitsbehörde, dass die Zuverlässigkeit des M nicht festgestellt werden kann, ist ein Verwaltungsakt i.S.d. § 35 VwVfG.
Die Zulässigkeit des Widerspruchs des M setzt zunächst voraus, dass der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Mangels aufdrängender Spezialzuweisungen ist hier § 40 VwGO analog anwendbar. Danach ist der Verwaltungsrechtsweg für jede öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, wenn keine abdrängende Sonderzuweisung vorliegt.
Die Frage, ob der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, richtet sich beim Widerspruch nach § 40 VwGO analog, weil sich § 40 VwGO direkt nur auf Klagen bezieht.^1 Fraglich ist, ob § 40 I 1 VwGO im Rahmen des Widerspruchsverfahrens direkt oder analog anzuwenden ist (Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 7. Aufl., § 6 Rn. 2). Für eine direkte Anwendung spricht, dass sich § 40 I 1 VwGO nicht nur auf das gerichtliche, sondern – wie sich aus § 79 VwVfG ergibt – auch auf das behördliche Verfahren bezieht. Dagegen spricht für eine analoge Anwendung, dass es sich bei einem Widerspruchsverfahren um eine Vorbereitung einer Klage handelt und nicht um ein Gerichtsverfahren, auf das sich die VwGO eigentlich bezieht. Es ist streitig, ob die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs bei einem Widerspruchsverfahren als Teil der Zulässigkeit des Widerspruchs geprüft werden kann oder vorab gesondert festgestellt werden muss. Die Musterlösung richtet sich nach der Vorlesung.
Öffentlich-rechtlich ist die Streitigkeit, wenn der Streitgegenstand unmittelbare Folge der Anwendung öffentlichen Rechtes ist, d.h. wenn der Streitgegenstand im öffentlichen Recht wurzelt. Die Rechtsfrage beurteilt sich somit nach dem Streitgegenstand.^2 Die Rechtsnatur der Rechtsstreitigkeit richtet sich nach der Rechtsnatur der materiell-rechtlichen Normen, nach denen sich das Klagebegehren nach dem unterbreiteten Lebenssachverhalt richtet.^3
(^1) Hufen, Verwaltungsprozessrecht, 6. Aufl. 2005, § 6 Rn. 2. (^2) Hufen, § 10, Rn. 6; Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung – Kommentar, 12. Auflage 2006, § 40 Rn. 31. (^3) BGHZ 121, 367, 372.
dar. Um den Erlass dieses Verwaltungsaktes zu erwirken, kann M eine Verpflichtungsklage nach § 42 I
Eine Anfechtungsklage bzw. ein Anfechtungswiderspruch nach § 68 I VwGO würde dem M nichts bringen. In einem solchen Verfahren könnte nur die Rechtswidrigkeit der behördlichen Ablehnung festgestellt werden. Eine positive Entscheidung der Behörde würde M damit nicht erwirken können. Beachten Sie: Mit der Entscheidung für den Anfechtungs- oder den Verpflichtungswiderspruch stellen Sie Weichen für Ihre weitere Prüfung. Die Art des Verfahrens wirkt sich auf die Prüfung der Widerspruchsbefugnis sowie insbesondere auf Prüfung der Begründetheit in Aufgabe 3 dieser Klausur aus. Seien Sie konsequent und vermeiden Sie widersprüchliche Aussagen!
M müsste widerspruchsbefugt sein. Das Erfordernis der Widerspruchsbefugnis wird aus der analogen Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO abgeleitet.^4 Die Widerspruchsbefugnis setzt voraus, dass der Widerspruchsführer die Möglichkeit geltend machen kann, dass er durch den Nichterlass des beantragten VAs in seinen subjektiven Rechten verletzt sein könnte (Möglichkeitstheorie). § 7 I LuftSiG gewährt ein subjektiv-öffentliches Recht auf Feststellung der luftsicherheitsrechtlichen Zuverlässigkeit, wenn die Voraussetzungen für eine solche Feststellung vorliegen. Diesen Anspruch könnte M geltend machen. Er ist damit widerspruchsbefugt.
Bei einem Verpflichtungswiderspruch findet die Adressatentheorie keine Anwendung. Es kommt nicht darauf an, ob der Widerspruchsführer eine Rechtsverletzung geltend machen kann, sondern ob ihm ein öffentlichrechtlicher Anspruch zustehen könnte.
G muss den Widerspruch form- und fristgerecht einlegen. Insofern werden durch § 70 Abs. 1 S. 1 VwGO die Schriftform und die Monatsfrist angeordnet.
Beachten Sie, dass M noch keinen Widerspruch eingelegt hat.
M ist gem. § 11 Nr. 1 VwVfG beteiligtenfähig. Seine Handlungsfähigkeit ergibt sich aus § 12 I Nr. 1 VwVfG.^5
Im Widerspruchsverfahren sind gem. § 79 VwVfG die Normen des VwVfG anwendbar. §§ 61, 62 VwGO sind bei verwaltungsgerichtlichen Klagen einschlägig.
(^4) von Schlieffen , Allg. Verwaltungsrecht, Abschnitt 7, R. 57.
(^5) Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 79, Rn. 46.
Der Verpflichtungswiderspruch des M, gerichtet auf Feststellung seiner Zuverlässigkeit durch die Luftsicherheitsbehörde, ist zulässig. Bei seiner Einlegung muss M die Form- und Fristvorschriften des § 70 VwGO beachten.
Nach der Fragestellung sind die Zulässigkeit der Klage des M und die statthafte Klageart nicht zu prüfen. Der Obersatz für die Begründetheit einer Klage hängt jedoch von der statthaften Klageart ab. Daher ist es sinnvoll, vor der Formulierung des Obersatzes für die Begründetheit zumindest gedanklich die statthafte Klageart festzustellen. Mit seiner Klage will M erreichen, dass die Luftsicherheitsbehörde einen Bescheid erlässt, in dem sie seine luftsicherheitsrechtliche Zuverlässigkeit feststellt. Für dieses Klagebegehren ist die Verpflichtungsklage die statthafte Klageart. In diesem Fall wurde die statthafte Klageart bereits unter Frage 2 besprochen. Dort hätte die Statthaftigkeit des Verpflichtungswiderspruchs bereits festgestellt worden sein.
Die Verpflichtungsklage des M ist gem. § 113 V 1 VwGO begründet, soweit die Versagung des von M begehrten Verwaltungsaktes, der Feststellung seiner Zuverlässigkeit i.S.d. § 7 LuftSiG rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt. Das ist der Fall, wenn M einen Anspruch auf die Feststellung seiner Zuverlässigkeit hat.
Eine Anfechtungsklage würde dem Begehren und dem Rechtsschutzinteresse des M nicht dienen. Er benötigt eine behördliche Feststellung seiner Zuverlässigkeit nach § 7 LuftSiG. Diese kann er nicht schon dadurch erreichen, dass er die Versagung der Zuverlässigkeitsfeststellung anficht. Es ist daher nicht richtig, hier die Begründetheit einer Anfechtungsklage mit einem entsprechenden Obersatz zu prüfen. Bei der Prüfung der Begründetheit einer Verpflichtungsklage können Sie zwischen dem Anspruchsaufbau und dem Rechtswidrigkeitsaufbau wählen. Die vorliegende Prüfung orientiert sich an dem Anspruchsaufbau. Der Rechtswidrigkeitsaufbau ist komplizierter, aber nicht falsch und führt auch zu keinen Punktabzügen. Dabei wird zunächst die Rechtswidrigkeit des Versagungsbescheides geprüft und anschließend die Rechtsverletzung des M. Die Rechtsgrundlage für den Versagungsbescheid ist § 7 I LuftSiG. Im Rahmen seiner formellen Rechtmäßigkeit ist u.a. die Anhörung anzusprechen. Eine speziellere Regelung gegenüber § 28 VwVfG stellt § 7 V LuftSiG dar, der ebenfalls dieses Erfordernis regelt. In der materiellen Rechtmäßigkeit ist zunächst zu untersuchen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 I LuftSiG vorliegen. Dies betrifft vor allem die Frage nach der Zuverlässigkeit des M, wie weiter unten dargestellt. Wenn der Bearbeiter zum Ergebnis gelangt, dass der Versagungsbescheid rechtswidrig ist, ist danach die Rechtsverletzung bei M zu prüfen. Das Recht des M auf Feststellung seiner Zuverlässigkeit ist dann verletzt, wenn er einen Anspruch auf diese Feststellung hat. Der Anspruch ergibt sich aus der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 7 LuftSiG, ein Ermessen der Behörde besteht nicht.
Person sich bereits in der Vergangenheit durch konkrete Verhaltensweisen als unzuverlässig erwiesen hat. Der Entscheidung fehlt damit ein wertender Charakter. § 7 I LuftSiG eröffnet daher der Behörde keinen Beurteilungsspielraum. Die Zuverlässigkeit des M kann gerichtlich vollständig überprüft werden.
Von den Bearbeitern können keine Kenntnisse zum Begriff der Zuverlässigkeit erwartet werden. In der Klausur müssen sie also anhand der vorhandenen Informationen die Frage selbstständig untersuchen und entscheiden, ob der Behörde ein gerichtlich nicht überprüfbarer Beurteilungsspielraum zusteht. Wenn der Bearbeiter von einer nicht gerichtlich überprüfbaren Prognoseentscheidung der Behörde ausgeht, wird die gerichtliche Überprüfbarkeit der Entscheidung dennoch nicht komplett ausgeschlossen. Auch in diesem Fall hat das Gericht zu prüfen, ob die Behörde allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe eingehalten, das Willkürverbot beachtet und keine sachfremden Erwägungen angestellt hat. In diesem Fall müssen vor allem die sachfremden Erwägungen untersucht werden – besteht tatsächlich ein sachlicher Zusammenhang zwischen den von der Behörde festgestellten Tatsachen und der Schutzrichtung des LuftSiG? Zur Argumentation siehe unten.
Zuverlässig ist, wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens die Gewähr dafür bietet, dass er die ihm obliegenden Aufgaben in Zukunft ordnungsgemäß, d.h. entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und unter Beachtung der guten Sitten, ausüben wird. Gem. § 1 LuftSiG dienen die Vorschriften dieses Gesetzes dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs in der dort bezeichneten Art und Weise. Für die Feststellung der Zuverlässigkeit im Sinne dieses Gesetzes ist also zu untersuchen, ob von der Person eine Gefahr in der im LuftSiG bezeichneten Art abgewendet werden sollen, ausgehen kann. Fraglich ist, ob die über den M bekannten Tatsachen in einem sachlichen Zusammenhang mit der Gefahr von Flugzeugentführungen, Sabotageakten, terroristischen Anschlägen und ähnlichen schwerwiegenden Gefährdungen des Flugverkehrs stehen.
Von den Bearbeitern können keine Kenntnisse des Luftsicherheitsrechts erwartet werden. Eine Definition der Zuverlässigkeit wird also nicht vorausgesetzt, sondern muss selbstständig entwickelt werden. Dabei muss der Zweck der Vorschrift berücksichtigt werden, wie in § 1 LuftSiG ausdrücklich geregelt ist.
1) Geschwindigkeitsüberschreitung Die Behörde hat ermittelt, dass dem M wegen Geschwindigkeitsüberschreitung der Führerschein für einen Monat entzogen wurde. Zwar liegt damit ein schwerwiegender Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung vor. Die Beachtung der Geschwindigkeitsregelungen im Straßenverkehr steht jedoch in keinem sachlichen Zusammenhang zu den in § 1 LuftSiG genannten Gefahren für die Luftsicherheit. Die Intensität der Gefährdung und die dadurch zu Tage tretende Gesinnung sind nicht mit der kriminellen Energie vergleichbar, die für einen terroristischen Anschlag auf den Luftverkehr erforderlich wäre. Außerdem liegt dieser Gesetzesverstoß bereits über 10 Jahre zurück und damit
außerhalb des zu bewertenden Zeitraumes. Diese Tatsache kann also keine Zweifel an der Zuverlässigkeit des M i.S.d. § 7 LuftSiG begründen.
2) Ladendiebstahl M wurde wegen eines Ladendiebstahls zu einer Geldstrafe in Höhe von 10 Tagessätzen verurteilt. Diese Straftat richtet sich gegen fremdes Eigentum. Auch bei seiner Arbeit am Flughafen wird von M erwartet, dass er mit dem Inventar seines Arbeitgebers und des Flughafens umgehen kann. Das LuftSiG soll nach seiner in § 1 definierten Zielsetzung aber nicht dem Schutz des Eigentums dienen. Schutz vor solchen Gefährdungen fällt damit nicht in den Schutzbereich des Gesetzes.
Mit dem Diebstahl hat M eine Straftat begangen und damit das Vorhandensein von krimineller Energie nachgewiesen. Aber auch in diesem Fall kommt die Gefährdung in ihrer Intensität nicht den in § 1 LuftSiG genannten Gefahren nahe. Für eine Vergleichbarkeit ist der Diebstahl zweier T-Shirts nicht schwerwiegend genug. Ebenso ist auch hier der Zeitablauf zu berücksichtigen.
Damit führt auch die Verurteilung wegen Ladendiebstahls nicht zur Unzuverlässigkeit des M.
3) Aktive Mitgliedschaft in der DKP Seine Unzuverlässigkeit könnte sich aber aus seiner aktiven Mitgliedschaft in der DKP ergeben.
Die Partei wurde vom Verfassungsschutz als linksextremistisch eingestuft. Lauf ihrem Programm ist sie darauf gerichtet, die bestehende Gesellschaftsordnung zu überwinden und umfassend neuzugestalten. Mit einer solchen Zielsetzung zeigt die Partei eine Nähe zur terroristischen Gesinnung und lässt die Gefahr von Eingriffen in die Luftsicherheit zumindest nicht komplett ausschließen. M ist dabei ein aktives Mitglied der Partei. Die Annahme liegt daher nahe, dass er an der Planung und der Durchführung von größeren Vorhaben der DKP beteiligt sein könnte.
Es ist andererseits zu beachten, dass die DKP nicht verboten ist, sondern lediglich unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht. Sie nimmt vor allem auf kommunaler Ebene aktiv am politischen Leben teil. Der besonderen Bedeutung der Parteien für die Willensbildung in einer Demokratie trägt das Parteienprivileg nach Art. 21 Abs. 2 GG Rechnung. Das Recht, sich in einer Partei politisch zu betätigen, kann danach nur durch eine Entscheidung des BVerfG eingeschränkt werden. Bis zu einem solchen Parteienverbot darf die Mitgliedschaft in einer Partei nicht zu Nachteil eines Bürgers verwertet werden. Solange die DKP also nicht vom BVerfG verboten worden ist, darf die Entscheidung über die Unzuverlässigkeit des M nicht auf seine Mitgliedschaft in dieser Partei gestützt werden.
Die Argumente für die Diskussion sind im Sachverhalt zumindest teilweise vorgegeben. Angesichts des Parteienprivilegs und des Art. 21 GG kann die Mitgliedschaft in einer nicht verbotenen Partei nicht zu Nachteilen führen und darf sich nicht negativ auf die Beurteilung