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Leitfäden und Tipps
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Pädagogik der Vielfalt - Diversity Pädagogik - Inklusive Pädagogik, Skripte von Pädagogik / Erziehungswissenschaft

Definitionen und Begriffe der Pädagogik der Vielfalt - Diversity Pädagogik - Inklusive Pädagogik

Art: Skripte

2019/2020

Hochgeladen am 10.04.2020

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Pädagogik der Vielfalt - Diversity Pädagogik - Inklusive Pädagogik
- barrierefreier Zugang zur Bildung
`Celebrate Diversity` ein amerikanischer Slogan - verwendet Annedore Prengel als
Sichtbarmachung und Darstellung der Gemeinsamkeiten der `Pädagogik der Vielfalt`, der `Diversity
Education`, der `inklusiven Pädagogik`, der `Menschenrechtsbildung` und für die `demokratischen
Erziehung`.
„Trotz der unterschiedlichen Begriffe haben sie dahinter liegenden Ansätze gemeinsame Ziele.
(Prengel 2010, S. 1)
Pädagogik der Vielfalt ist ein Begriff, der von Annedore Prengel geprägt wurde. 1993 erschien ihr
Buch "Pädagogik der Vielfalt", worin sie sich vor allem auf die Kategorien Geschlecht (feministische
Pädagogik), Behinderung (Integrationspädagogik) und Kulturalität (interkulturelle Pädagogik
antirassistische Bildungsarbeit) – bezieht.
„Die drei pädagogischen Bewegungen thematisieren jeweils spezifische pädagogische
Fragestellungen, jede widmet sich einer besonderen Problematik; zugleich haben sie wesentliche
strukturelle Gemeinsamkeiten.“ (Prengel 2006, S. 12)
***Feministische Pädagogik
Trotz formal gleicher Bildungszugängen und guten schulischen Noten auch im
naturwissenschaftlichen Bereich gab und gibt es feministische Kritik am Bildungswesen:
Die guten Schulleistungen der Mädchen haben keinen entsprechenden Berufserfolg zur Folge, die
untergeordnete schlechtbezahlte Stellung der Frauen im Beruf bleibt nach wie vor bestehen.“ (Prengel
2006, S. 26)
Des Weiteren ist trotz koedukativ geführten Unterricht, laut Prengel, oftmals keine
Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern erkennbar (Heimlicher Lehrplan).
„Dieser heimliche Lehrplan fördert die Dominanz der Jungen durch die Interaktionen der Lehrkräfte,
die Auswahl der unterrichtsrelevanten Themen, die Gestaltung der Medien und Materialien und die
Struktur der Institution Schule.“ (Prengel 2006, S.27)
ZIEL:
„Feministische Pädagogik muss den Mädchen und Frauen, die sich bilden wollen, darum Freiräume
eröffnen, ihre eigenen Versionen des Geschlechterverhältnisses zu entwickeln, nicht aber
entmündigende Vorgaben über den richtigen Weg machen, denn auch in der Pädagogik sind
Gleichheit und Freiheit nicht zu trennen.“ (Prengel 2006, S. 138)
***Interkulturelle Pädagogik
Interkulturelle Pädagogik sagt, dass Pädagogik mit „Angehörigen verschiedener Kulturen zu tun hat
und dass bisher unreflektiert die Normen und Werte der dominierenden Kultur einschließlich der
zugehörigen Höherwertigkeitsvorstellungen weitergegeben werden.“ (Prengel 2006, S.27)
Prengel ist der Meinung, dass in der Schule im Gegensatz zur kulturellen Vielfalt der Gesellschaft
kann nach wie vor von einer Monokultur“ (Prengel 2006, S.88) gesprochen werden muss. Der
Unterricht ist in einer Regelschule zumeist auf einen mitteleuropäischen, weißen, aus der
bürgerlichen Mittelschicht stammenden Schüler angepasst.
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Pädagogik der Vielfalt - Diversity Pädagogik - Inklusive Pädagogik

  • barrierefreier Zugang zur Bildung

_ **_Celebrate Diversity_** _ – ein amerikanischer Slogan - verwendet Annedore Prengel als Sichtbarmachung und Darstellung der Gemeinsamkeiten der Pädagogik der Vielfalt, der Diversity Education, der inklusiven Pädagogik, der Menschenrechtsbildung und für die demokratischen Erziehung. „Trotz der unterschiedlichen Begriffe haben sie dahinter liegenden Ansätze gemeinsame Ziele.“ (Prengel 2010, S. 1)

Pädagogik der Vielfalt ist ein Begriff, der von Annedore Prengel geprägt wurde. 1993 erschien ihr Buch "Pädagogik der Vielfalt", worin sie sich vor allem auf die Kategorien Geschlecht (feministische Pädagogik), Behinderung (Integrationspädagogik) und Kulturalität (interkulturelle Pädagogik – antirassistische Bildungsarbeit) – bezieht. „Die drei pädagogischen Bewegungen thematisieren jeweils spezifische pädagogische Fragestellungen, jede widmet sich einer besonderen Problematik; zugleich haben sie wesentliche strukturelle Gemeinsamkeiten.“ (Prengel 2006, S. 12)

*****Feministische Pädagogik** Trotz formal gleicher Bildungszugängen und guten schulischen Noten auch im naturwissenschaftlichen Bereich gab und gibt es feministische Kritik am Bildungswesen: „ Die guten Schulleistungen der Mädchen haben keinen entsprechenden Berufserfolg zur Folge, die untergeordnete schlechtbezahlte Stellung der Frauen im Beruf bleibt nach wie vor bestehen.“ (Prengel 2006, S. 26) Des Weiteren ist trotz koedukativ geführten Unterricht, laut Prengel, oftmals keine Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern erkennbar (Heimlicher Lehrplan). „Dieser heimliche Lehrplan fördert die Dominanz der Jungen durch die Interaktionen der Lehrkräfte, die Auswahl der unterrichtsrelevanten Themen, die Gestaltung der Medien und Materialien und die Struktur der Institution Schule.“ (Prengel 2006, S.27)

ZIEL: „Feministische Pädagogik muss den Mädchen und Frauen, die sich bilden wollen, darum Freiräume eröffnen, ihre eigenen Versionen des Geschlechterverhältnisses zu entwickeln, nicht aber entmündigende Vorgaben über den richtigen Weg machen, denn auch in der Pädagogik sind Gleichheit und Freiheit nicht zu trennen.“ (Prengel 2006, S. 138)

*****Interkulturelle Pädagogik** Interkulturelle Pädagogik sagt, dass Pädagogik mit „Angehörigen verschiedener Kulturen zu tun hat und dass bisher unreflektiert die Normen und Werte der dominierenden Kultur einschließlich der zugehörigen Höherwertigkeitsvorstellungen weitergegeben werden.“ (Prengel 2006, S.27) Prengel ist der Meinung, dass in der Schule im Gegensatz zur kulturellen Vielfalt der Gesellschaft kann nach wie vor von einer Monokultur“ (Prengel 2006, S.88) gesprochen werden muss. Der Unterricht ist in einer Regelschule zumeist auf einen mitteleuropäischen, weißen, aus der bürgerlichen Mittelschicht stammenden Schüler angepasst.

ZIEL:

„Interkulturelle Erziehung kann versuchen, die Fähigkeiten zum respektvollen wechselseitigen kennenlernen zu ermutigen. Weniger in gemeinsamen Normen, sondern im Bewusstwerden der eigenen Kultur und im Hinhören auf die andere Kultur finden sich die Verbindungswege zwischen den Kulturen.“ (Prengel 2006, S.93)

*****Integrative Pädagogik:** „Die schulische und gesellschaftliche Nichtaussonderung von Menschen mit Behinderungen ist das Ziel der Integrationspädagogik. Im Verständnis dieser Bewegung meint Integration das gemeinsame Lernen aller, von geistig behinderte bis hin zu guten Schülerinnen und Schülern und schließt Kinder mit allen Arten von Behinderungen, also auch blinde, gehörlose, körperbehinderte und schwermehrfachbehinderte Kinder mit ein.“ (Prengel 2006, S.139)

ZIEL:

Es muss das Ziel sein, das Kind als Individuum in den Blick zu nehmen und den Verschiedenheiten der Kinder gerecht zu werden (z.B. individuelle Förderung aller Kinder).

Laut Prengel stehen diese drei Reflexionsfelder aber alle vor dem gleichen Dilemma: Gleichberechtigung funktioniert häufig nur dann, wenn sich ein Feld an die Norm anpasst, denn Verschiedenheiten sind oftmals gesellschaftlich nicht anerkennt. Sie fasst daher diese drei pädagogischen Themenfelder unter dem Dach einer „Pädagogik der Vielfalt“ zusammen. Diesen unterschiedlichen Perspektiven und Ansätzen ist ihr Bemühen um Abbau von hierarchischen Strukturen gemeinsam. Hierzu entwirft sie eine Didaktik für heterogene Lerngruppen, welche einen professionellen Umgang mit Vielfalt im Schul- und Bildungsbereich erleichtern soll, und führt hierfür einen emanzipatorischen Bildungsbegriff ein. „Mädchen und Jungen, behinderte und nichtbehinderte Menschen, Angehörige verschiedener Kulturen, Subkulturen und Gesellschaftsschichten: Ihnen allen steht Bildung zu. All den verschiedenen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in ihren je unterschiedlichen Lebenslagen sollen die Einrichtungen des Bildungswesens gerecht werden.“ (Prengel 2006, S.11)

Zentral für eine „Schule der Vielfalt“ liegt in der Akzeptanz von Individualität und Offenheit gegenüber Vielfältigkeit/Heterogenität.

Ziel ist es, das Recht auf Gleichberechtigung und das Recht auf Unterschiedlichkeit einzufordern und einen Beitrag zur „ Demokratisierung des Geschlechterverhältnisses, zur Entfaltung kulturellen Reichtums und zum Respekt vor Individualität in der Erziehung.“ (Prengel 2006, S. 13) zu leisten.

Ausgangspunkt der Pädagogik der Vielfalt ist die Gleichheit und Verschiedenheit der Kinder/Jugendlichen. Pädagogik der Vielfalt arbeitet im Sinne der gleichen Freiheit , das demokratische Gleichheitsprinzip ohne Angleichungszwang geschehen zu lassen. Vielfalt soll ohne Hierarchiebildung wertgeschätzt werden.

„Differenz ohne Gleichheit bedeutet gesellschaftliche Hierarchie, kulturelle Entwertung, ökonomische Ausbeutung. Gleichheit ohne Differenz bedeutet Assimilation, Anpassung, Gleichschaltung, Ausgrenzung von Anderen.“ ( Prengel 2006, S. 184)

Empfehlung: Annedore Prengel 2012: Referat: Pädagogik der Vielfalt. 9. Ganztagsschulkongress 2012 Berlin Download unter: http://www.ganztagsschulen.org/de/1362.php

Kernpunkte der Pädagogik der Vielfalt?

Hauptpunkt der Pädagogik der Vielfalt nach Prengel ist, dass jeder Mensch einzigartig ist und diese als bereichernd gesehen werden. Annedore Prengel sieht die Unterschiedlichkeit der Menschen als Ressource - „(…) die vielfältigen Biographien Einzelner als Reichtum gesehen werden.“ (Prengel 2006) und grundsätzlich nicht als Problem verstanden.

Pädagogik der Vielfalt setzt auf Ermutigung und akzeptierende, anti-diskriminierende, emanzipatorische Haltung und unterstützende Strukturen. Des Weiteren setzt dieses Konzept auf individuelles Lernen und individuelle Förderung. Orientierung an und Anerkennung von individuellen Stärken, Fähigkeiten und Fortschritten sind wichtige Prinzipien - Vergleiche werden vermieden. Wichtig hierzu sind auch chancengerechte Rahmenbedingungen in der Schule und anregende Lernumgebungen.

Schweden und Finnland legen großen Wert auf eine anregende und schöne Lernumgebung. Bunte Vorhänge an den Fenstern, Tischdecken in den Essräumen, schöne helle Möbel finden sich überall. Die Bücher sind neu und auf dem neuesten Stand und eignen sich für das Individuelle Lernen. Computer in den Klassenräumen, Laptops zum Ausleihen für individuelles Lernen sind selbstverständlich. In den naturwissenschaftlichen Räumen und in Hauswirtschaft gibt es hübsche, bunte Schürzen. Es gibt viele Kleinigkeiten, die den Kindern signalisieren: Ihr seid es uns wert.“ (Ratzki 2004)

Prengel betont auch, dass Pädagogik der Vielfalt ** nicht die Legitimation erteilt, alles tun und lassen zu können.**

Zentrale Prinzipien und didaktische Elemente der Pädagogik der Vielfalt sind: (vgl. Prengel 2006)

  • Selbstachtung und Anerkennung Wer andere anerkennen will, muss zuerst sich selbst anerkennen können. Dies soll in der Pädagogik der Vielfalt als Lernziel sowohl für Lehrpersonen und SchülerInnen gelten. Hierzu bedarf es Reflexion der eigenen Person, sich selbst und andere anzuerkennen, nein sagen zu können usw. „Anerkennung der Persönlichkeit kann Selbstachtung, liebevolle Selbstwahrnehmung, Fähigkeit zur Artikulation der eigenen Erfahrung und des eigenen Willens und zum Handeln im eigenen Interesse bewirken.“ (Prengel 2006, S.186)
  • Kennenlernen der Anderen Andere Kennenlernen und sich auf andere einlassen, neugierig sein usw. ist eine Grundvoraussetzung für erfolgreiches Zusammenleben. Im Unterricht muss Raum geschaffen werden, dass Kinder sich kennenlernen können. „Solche Gemeinsamkeit setzt sich zusammen durch den Kontakt zwischen Verschiedenen, sie wird nicht erreicht durch Angleichung der Verschiedenen aneinander oder an eine übergeordnete Vorgabe .“ (Prengel 2006, S.187)
  • Verschiedenheiten nutzen – Entwicklung von Verschiedenheiten Zusammen spielen und lernen, Gemeinschaften zwischen Älteren und Jüngeren, sich gegenseitig helfen, wobei jeder sein Bestes einbringen kann. Dadurch entwickeln sich Beziehungen zwischen Verschiedenen. „Einander wahrnehmen und kennenlernen gibt in den unterschiedlichen Bildungseinrichtungen (…) Impulse, Neues zu probieren und sich weiterzuentwickeln. Wenn verschiedene Menschen einander kennenlernen, eröffnen sich neue Handlungsperspektiven.“ (Prengel 2006, S. 187)
  • Prozesshaftigkeit „Ein Bildungsziel wie Selbstachtung und Anerkennung der Anderen lässt sich nicht funktional lehren, nicht ausschließlich durch Appelle und Unterrichtsinhalte vermitteln. (…) Den Schritt selber tun, das ist wirklich Aneignung, nicht weil es vom Erwachsenen gewollt war.“ ( Prengel 2006, S.191)
  • Kollektivität: Gemeinsamkeit zwischen Menschen mit Ähnlichen Erfahrungen In der Arbeitsgruppe lernen sie auch zusammen mit Kindern, die ähnlich weit sind wie sie selbst. Die Differenzierung darf aber nicht zu dauerhafter Separation führen „Im Austausch mit Verschiedenen kommt es vor, dass Einzelne beim Zuhören erkennen `Das habe ich auch schon einmal erlebt´.“ (Prengel 2006, S. 188)
  • Keine Definitionen Kinder sollten nicht in Kategorien z.B. als Türke oder Italienerin, als behinderte oder nicht-behinderte SchülerIn, als gut oder schlecht Lernende definiert werden. „Pädagogik der Vielfalt geht aus von der ´Unbestimmbarkeit der Menschen. (…) Sie wendet sich gegen alle Verdinglichungen in Gestalt von Definitionen, was ein Mädchen, ein Junge, ein Verhaltensgestörter, eine Türkin …sei.“ (Prengel 2006, S. 191)
  • Keine Leitbilder Erwachsene legen nicht fest, was Kinder einmal werden sollen. Kinder haben ein Recht, ihr eigenes Leben zu gestalten und die LehrerInnen unterstützen sie dabei, leiten sie zur eigenständigen Planung an, eröffnen Zugänge zur eigenen Lerngeschichte, sorgen für geeignete Identifikationsmöglichkeiten, die über das zuhause Erlebte hinausgehen. „Offenheit und Heterogenität der Schülerinnen und Schüler sowie für ihre nicht vorausbestimmbaren eigenen Lernprozesse verbietet das Aufstellen von verbindlichen Leitbildern. (…) Dazu gehört, dass auch ihre Emanzipationswege oder ihre kulturelle Zugehörigkeit nicht von wohlmeinenden Pädagoginnen und Pädagogen vorgezeichnet werden sollen.“ (Prengel 2006, S.191)
  • Aufmerksamkeit für die individuelle und kollektive Geschichte Zu der Reflexion der Frage "Wie bin ich geworden, wer ich heute bin?" kommt eine zweite Frage: "Wie ist unsere Lerngemeinschaft geworden, was sie gerade ist?" Ausgehend von der persönlichen Entwicklung verstehen Kinder die gesellschaftliche Entwicklung zunehmend. „Je tiefer das Verständnis für die lebensgeschichtlichen und geschichtlichen Hintergründe ist, umso freier und verantwortlicher können neue Perspektiven entwickelt werden.“ (ebd.)
  • Innerpsychische Heterogenität ) Eine Person kann in einer Situation wütend werden und in der anderen Situation ruhig bleiben. Menschen unterscheiden sich nicht nur untereinander, sondern sind auch in sich unterschiedlich bzw. ambivalent. Deshalb sprechen wir auch von verschiedenen Begabungen, die ein und derselbe Mensch in unterschiedlichem Maße entwickeln kann. Unterricht muss sich darauf einstellen. „Selbstwahrnehmung fördern bedeutet, dass neben der Aufmerksamkeit für bereits bekannte Seiten der Person auch Aufmerksamkeit für verdrängte Gefühle entsteht (…). Das Wahrnehmen dieser widersprüchlichen und abgelehnten Seiten der eigenen Persönlichkeit ist die Kehrseite des Kennenlernens und Achten der Anderen.“ (Prengel 2006, S.189)
  • Begrenztheit und Trauerarbeit - Entfaltung und Lebensfreude Begrenztheit erleben ist hart - um jedoch Lebensfreude entfalten zu können ist es auch nötig, Einschränkung und Scheitern erlebt zu haben. Nach Wut und Trauer über eigenes Versagen kann sich der Blick für die eigenen Potenziale neu öffnen. Es ist eine pädagogische Aufgabe Kindern Wut und Trauer zu gestatten und ihnen zu helfen, dann ihre Potenziale neu zu erkennen. „Pädagogik der Vielfalt kann ohne Trauerarbeit, die mit dem Wissen um Begrenztheit einhergeht, nicht auskommen. (…) Die paradoxe Wirkung der Trauerarbeit ist, dass die Akzeptanz der Begrenztheitserfahrung nicht einengt, sondern wenn Schmerz und Zorn darüber bewusst werden durften, kann sich der Blick öffnen für die Potentiale, die vorhanden sind und für die realen Möglichkeiten der Entgrenzung.“ (Prengel 2006, S.190) S.192)

Was ist Diversity Pädagogik/ Managing Diversity?

Das Konzept der "Pädagogik der Vielfalt in Gemeinsamkeit" kann analog zum Inklusionsbegriff und als eine Vorreiterin des Managing Diversitäten im Schulbereich gesehen werden. „Die Pädagogik der Vielfalt akzeptiert und schätzt die Heterogenität der Kinder und verzichtet auf Trennung und Etikettierung - letztlich meint sie das Gleiche wie Inklusion.“ (Hinz 2004, S. 65)

Diversity ist der ganzheitliche Ansatz, der die Unterschiede der Menschen in einer Einrichtung/Organisation als Chance für diese selbst und für die Institution versteht. Sie erfordert von allen Verantwortlichen eine Auseinandersetzung mit sich selbst, mit der eigenen Haltung und mit behindernden/benachteiligenden Strukturen z.B. in der eigenen Einrichtung. Es reicht also nicht, die Unterschiedlichkeiten zu erkennen, sondern ich muss auch das Verbindende sehen, um Inklusion/Chancengleichheit/Gleichberechtigung herzustellen. Der Leitgedanke des Diversity Management sollte die Gesamtheit der Gesellschaft mit all ihren Dimensionen und Institutionen erfassen. Durch die Diversity-Pädagogik solle Begabungen und Potentiale eines jeden Kindes gefördert werden und der Ausschluss der marginalisierten Personen vermindern werden (Antidiskriminierung). „Vielfalt bereichert das Zusammenleben durch die Eröffnung alternativer Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsansätze“ und „Diversity Management ist eine Strategie zur Förderung der Wahrnehmung, Anerkennung und Nutzung von Vielfalt in Institutionen.“ (Stiftung SPI 2011, S.7)

„Pädagogik der Vielfalt“ nach Prengel entwirft einen Unterricht und eine Didaktik für heterogene Lerngruppen und fokussiert hauptsächlich auf einen chancengerechten Umgang mit SchülerInnen im Unterricht. Diversity Management in der Pädagogik geht jedoch darüber hinaus und will das Prinzip des Umgangs mit Vielfalt im gesamten Kontext von pädagogischen Institutione n umgesetzt wissen.

Ziele der Diversity Pädagogik?

Ziel ist es, Heterogenität (und Unterschiedlichkeiten sind keine Ausnahmezustände, sondern alltägliche Normalität) nicht als Belastung sondern als Chance, als Herausforderung zu sehen. Hierzu bedarf es auch die Sichtbarmachung der vielen Unterschiedlichkeiten der Personen bzw. die Darstellung der Verschiedenheit aller. Durch diesen Blick auf Vielfältigkeit und dem Abwenden von der „Normierung der Köpfe“ (z.B. jeder Schüler/jede Schülerin lernt das gleiche zur gleichen Zeit und in der gleichen Geschwindigkeit), kann auf individuelle Bedürfnisse, Stärken, Potentiale, Schwächen usw. eingegangen werden und die Individualität in den Blick genommen werden. An der Entwicklung des Diversity Prozesses sind alle gleichermaßen beteiligt: Lehrende, Lernende, Eltern, pädagogisches Personal, Schulorganisation und –administration usw.

Ziele der Pädagogik der Vielfalt/ Diversity Pädagogik können u.a. sein: (vgl. Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 6)

  • Antidiskriminierung/Fairness Diskriminierungen, verbaler Art, durch Ausgrenzung, Nichtbeachtung, Hervorhebungen oder Gewalt wird nicht geduldet. Z.B. Entwicklung einen gemeinsamen Code of Conduct/ Verhaltensregeln für alle
  • Emphatie Ein wichtiges Ziel ist es zu erlernen, sich in die Situation des anderen versetzen zu können, andere Perspektiven einnehmen zu können und Emphatie zu entwickeln.
  • Diversitätsgerechtigkeit Überwindung der Diversitätsblindheit, also dem Streben nach Homogenität.
  • Potentialorientierung

Potentiale jedes Schülers/jeder Schülerin erkennen und nutzen: „Wir sind gut, weil wir die Fähigkeiten aller Schülerinnen und Schüler erkennen und entwickeln.“

  • Partizipation Lernprozesse, Angebote und Materialien sind für alle gleichermaßen zugänglich: „Wir differenzieren nicht nach Leistung, sondern, jede Schülerin, jeder Schüler kann sich mit seinen Fähigkeiten in alle Lernprozesse einbringen.“ ( Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 6)
  • Willkommenskultur Defizite werden nicht hervorgehoben, sondern alle SchülerInnen respektiert und in ihrer Individualität akzeptiert: „Wir geben jedem Kind die Chance, Defizite aufzuarbeiten, bewerten es aber vorwiegend nach seinen Potentialen und Fähigkeiten“ ( Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 6)
  • Abbau von Hierarchien: gute und schlechte SchülerInnen „Überwindung von Hierarchien: „Es gibt keine guten und schlechten Schülerinnen und Schüler. Jeder kann (und sollte) seine Chancen nutzen.“ ( Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 6)

Als Ziel ist somit definiert, dass sich jede/jeder weiterentwickelt und Neues lernt, was nicht bedeutet, dass alle das Gleiche zur gleichen Zeit und in der gleichen Geschwindigkeit erlernen müssen. „ Wir sind nicht (deshalb) gut, weil wir alle Schülerinnen und Schüler auf den gleichen Wissens- und Leistungsstand bringen“ (Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 6)

Voraussetzungen für Pädagogik der Vielfalt/ Diversity Pädagogik?

Für die Praxis bedeutet die Wahrnehmung von Vielfalt/Diversität, Lernarrangements zu gestalten, in welchen „alle anerkannt werden, sich entfalten und ihre Würde bewahren können“ (Erwachsenenbildung.at, Internetquelle). Hier werden vor allem partizipative – also unter Mitwirkung aller bzw. durch die beteiligten Personen bestimmte – Methoden , egalitäre Teilhabe aller sowie individuelle Lernmöglichkeiten als wirkungskräftig angesehen. „Prengel verwendet dafür einerseits das Bild des Sesselkreises. Im Sesselkreis können alle aus egalitären Positionen heraus miteinander sprechen. Und andererseits das Bild des freien Spiels, in dem alle Teilnehmer_innen ihren Bedürfnissen und ihrer Neugier nachgehen können.“ (Erwachsenenbildung.at, Internetquelle)

Mögliche didaktische, organisatorische und strukturelle Voraussetzungen für einen Unterricht, der dem Vielfalts- oder Diversity-Gedanken folgt: (vgl. Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 9)

Institutionelle Ebene: „Inklusive Pädagogik beginnt mit institutioneller Gleichheit, denn die Voraussetzung inklusiven pädagogischen Handelns ist die für alle verschiedenen Kinder gleiche Möglichkeit der Anwesenheit in einer gemeinsamen Einrichtung.“ (Prengel 2010, S.7)

  • Anderes Verständnis der LehrerInnenrolle : „Weg von der Instruktion -> hin zu Moderation.“ (Engin 2010, S.55)
  • Bereitstellen von ausreichenden Ressourcen „Nur die positive Einstellung zu einer Pädagogik der Vielfalt der Lehrkräfte alleine wird keine oder nur partielle Veränderungen bewirken. Es müssen eben auch veränderte Arbeitsbedingungen geschaffen werden. Beispielsweise bauliche Maßnahmen, räumliche Gestaltungen, zusätzliche zeitliche und finanzielle Ressourcen u.v.m.“ (Engin 2010, S.55)
  • Raum für Reflexion, Weiterbildung und Besprechungen (z.B. Supervision, Austausch zwischen Lehrpersonen …)
  • Soziale Beziehungen der Lernenden fördern (Klassentreffen, Feiern und Ausflüge etc.)
  • Vielfalt der Lehrpersonen –LehrerInnen sind keine homogene Gruppe. Vielfalt soll und kann auch hier sichtbar gemacht werden
  • Austausch und Kooperation von Lehrkräften untereinander, mit anderen Institutionen, mit SchülerInnen, Eltern usw.
  • Verbale Beurteilungen und Selbsteinschätzungen „Der Diversity Gedanke lässt keine „Vergleichsnotengebung“ im klassischen Sinne zu. Beurteilungen und Noten werden individuell nach den jeweiligen Entwicklungs- und Lernfortschritten gegeben.“ (Regionale Bildungsnetzwerke NRW, 2011, S. 8)
  • Perspektiven und Personen werden in ihren Widersprüchlichkeiten wahrgenommen und dürfen auch als solche nebeneinander bestehen
  • Unterschiede werden nicht verwesentlicht und als Grundmerkmal einer Person angesehen, sondern reflektiert und Gemeinsamkeiten werden erlebt, wahrgenommen und besprochen

Beziehungsebene: „Separation hat zur Folge, dass Kindern die Möglichkeit genommen wird, gemeinsam mit anderen Kindern aufzuwachsen und mit deren Lebenssituationen vertraut zu werden.“ (Prengel 2010, S.9)

Persönliche Ebene: Biografie-Arbeit und (Selbst)Reflexion ist ein wesentlicher Bestandteil einer Pädagogik der Vielfalt. „Die Auseinandersetzung mit sich selbst und seinem Lebensumfeld kann viel Konfliktpotential präventiv unterbinden.“ (Schmidt o.J)

Die Einstellung, subjektive Überzeugungen und Haltung der Lehrkräfte ist ein zentraler Aspekt im Umgang mit Heterogenität, daher bedarf es einer kritischen Auseinandersetzung und Reflexion der eigenen Werte und pädagogischen Grundannahmen.

„Solange Lehrkräfte Heterogenität als ein Problem, und nicht als ein Normalfall bzw. sogar als Bereicherung betrachten, wird sich auch im Unterricht wenig ändern.“ (Engin 2010, S.17)

Lehrpersonen sollten laut Wischer 2009 sowohl über Sachkompetenz, diagnostische Kompetenz, didaktische Kompetenz sowie Klassenführungskompetenz aufweisen oder sich zusammen durch die Zusammenarbeit und den Austausch mit KollegInnen hierzu austauschen und weiterentwickeln.

Zentrale Fragestellungen für die Lehrkraft: (vgl. Engin)

- Welche Diversitätskategorien habe ich vorrangig im Blick?

- Welche Diversitätsdimensionen nehme ich eher als Chance und Bereicherung und welche

eher als hinderlich und problematisch?

- Welche Diversitätsmerkmale spielen bei meiner Unterrichtsgestaltung bislang noch keine

Rolle?

Wichtige Grundvoraussetzungen für eine Pädagogik der Vielfalt/ Diversity Pädagogik (vgl. Ratzki 2004)

Ermutigung und akzeptierende Strukturen Die wichtigste Voraussetzung für eine Pädagogik der Vielfalt ist eine akzeptierende und nicht diskriminierende Haltung der Lehrpersonen und eine diese Haltung unterstützende Struktur des Schulwesens. „Die Schule muss mit dem Kind mitkommen, nicht das Kind mit der Schule. In der gemeinsamen Schule gibt es keine Möglichkeit, Kinder wo anders hinzuschicken. Kein Kind wird ausgeschlossen.

Kinder bleiben in ihrer Lerngruppe, jedes gehört dazu. Das gibt soziale und emotionale Sicherheit.“ (Ratzki 2004, S. 8 – Zitat Jorma Ojala)

Individuelles Lernen und individuelle Förderung Jedes Kind erlebt Anerkennung seiner Fähigkeiten und gewinnt Selbstachtung. Pädagogik der Vielfalt orientiert sich an individuellen Stärken und Lernfortschritten und vermeidet Vergleiche. „Individuelles Lernen spielt in Finnland wie in Schweden eine große Rolle. Kinder bekommen viele Angebote, sie lernen auszuwählen, ihren Lernstand selbst einzuschätzen, mit ihrer Zeit effektiv umzugehen. Selbststeuerung wird kultiviert. Portfolios und Präsentationen von Ergebnissen und Produkten stärken Stolz und Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit. Die Schüler und Schülerinnen werden nicht mit anderen verglichen, nur mit sich selbst – das vermeidet Beschämung. Der Verzicht auf Noten in den ersten Jahren dient diesem Ziel. Individuelle Förderung setzt schnell ein, wenn es nötig ist.“ (Ratzki 2004, S.8) Anregende Lernumgebung Eine anregende, schöne Lernumgebung kann förderlich für das Lernen der SchülerInnen sein und schafft gleichzeitig eine angenehme, wertschätzende Klassenatmosphäre. „Jedes Kind hat drei Pädagogen: Die anderen Kinder sind der erste Pädagoge. Der Lehrer ist der zweite Pädagoge. Der Raum mit dem Interieur ist der dritte Pädagoge.“ (Ratzki 2004, S.9 - Zitat Reinhard Kahl)

BEISPIEL

Aufgabenstellung: Zum Ziele einer gerechten Auslese lautet die Prüfungsaufgabe für sie alle gleich: Klettern sie auf den Baum!

Pädagogik der Vielfalt: Erkunden Sie den Baum und beschreiben Sie ihn aus Ihrer jeweiligen Perspektive!

  • Wernig, Rolf (2003): Auf dem Weg zu einer Schule für alle - Perspektiven der Förderung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Lern- und Leistungsbereich. in: Landeshauptstadt Hannover - Interkulturelle Angelegenheiten Hannover (2003): Sonderpädagogik oder Pädagogik der Vielfalt? Dokumentation der Fachtagung am 29.9.2003; Hannover
  • Wischer, Beate (2009): Umgang mit Heterogenität im Unterricht. – Das Handlungsfeld und seine Herausforderungen. Download unter: http://www.teachers-ipp.eu/Umgang-mit- Heterogenitet.html/2.%20Umgang%20mit%20Heterogenitaet%20-%20DE.pdf