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5 Da es sich bei „Schönheitsope- rationen“ um einen medizinischen Eingriff bzw. eine medizinische Intervention han- delt, sprechen Ärzte von Patienten/innen. Da ...
Art: Mitschriften
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München, 31. Januar 2007
Tabelle 37: Übersicht der WBO zur Erlangung der Facharztbezeichnung
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Projektablauf ............................................................................................... Abbildung 2: Projektzeitplan ............................................................................................ Abbildung 3: Vergleich der Grundgesamtheit der ästhetisch tätigen Operateure und Einrichtungen mit der Stichprobenziehung durch die GP Forschungsgruppe und die GÄCD........................................................ Abbildung 4: Hochrechnungsverfahren............................................................................ Abbildung 5: Ärzte als Anbieter ästhetischer Eingriffe aufgegliedert nach Praxis, Klinik und gewerblichen Einrichtungen ....................................................... Abbildung 6: Einrichtungen als Anbieter ästhetischer Eingriffe aufgegliedert nach Praxis, Klinik und gewerblichen Einrichtungen ........................................... Abbildung 7: Ärzte in Praxen/Kliniken/gewerblichen Einrichtungen pro Bundesland ...... Abbildung 8: Einrichtungen nach Praxen/ Kliniken/ gewerbl. Einrichtungen pro Bundesland........................................................................................... Abbildung 9: Verteilung der ästhetisch tätigen Ärzte nach Fachrichtung und nach Bundesland ........................................................................................ Abbildung 10: Bevölkerung pro Arzt .................................................................................. Abbildung 11: Mitgliedschaft in Fachgesellschaften .......................................................... Abbildung 12: Vergleich der Stichprobe der GP Forschungsgruppe-Erhebung und der GÄCD-Mitgliederbefragung .................................................................. Abbildung 13: Zufriedenheit mit dem ästhetischen Ergebnis einer „Schönheitsoperation“ Abbildung 14: Auswirkungen von „Schönheitsoperationen“ auf das Wohlbefinden........... Abbildung 15: Operationsort bei durchgeführten ästhetischen Eingriffen.......................... Abbildung 16: Anzahl Beratungsgespräche vor der Operation (in %) ............................... Abbildung 17: Vorbereitung auf das erste Beratungsgespräch (in %) ............................... Abbildung 18: Checkliste für Patienten zur „Schönheitschirurgie“ ..................................... Abbildung 19: Themen des ersten Beratungsgesprächs ................................................... Abbildung 20: Zufriedenheit mit den Arzt- und Risikoinformationen ..................................
1. Ziele und Aufgabenstellung des Projektes
„Schönheitsoperationen“ sind in den letzten Jahren verstärkt Gegenstand des media- len Interesses geworden. Spektakuläre Sendungen wie „The Swan“ und die Live- Übertragung einer Brustvergrößerung bei einer jungen Frau in einem privaten Fern- sehsender hatten einen deutlichen gesellschaftlichen Nachhall, der beispielsweise dazu führte, dass der Landesfrauenrat Niedersachsen im Jahr 2005 über 5.000 Un- terschriften gegen „Schönheitsoperationen“ im Fernsehen gesammelt hat. Mit dieser Aktion wurde die Aufforderung an die Programmverantwortlichen von Fernsehsen- dern verbunden, in Zukunft vor allem solche Sendungen zu unterlassen, die wegen ihres Show-Charakters falsche Hoffnungen wecken, unrealistische Schönheitsideale propagieren, die Risiken medizinischer Eingriffe und Operationen verharmlosen so- wie nicht ausreichend auf mögliche Folgen oder Komplikationen hinweisen. Auch die Bundesärztekammer wurde initiativ und bildete im Oktober 2004 eine breit angelegte „ Koalition gegen den Schönheitswahn “. 1 Der Koalition ist es ein Anliegen, den Trend zu „Schönheitsoperationen“ besonders bei Jugendlichen und Heranwachsenden zu stoppen. Sie will deshalb Kinder und Jugendliche dabei unterstützen, ein stärkeres Selbstwertgefühl zu entwickeln. Dies soll u.a. dadurch geschehen, dass der Lehrerverband zusammen mit den Fachge- sellschaften Unterrichtsbausteine zum Thema „Schönheitsoperationen“ entwickeln will. Die BÄK kündigte an, einen Verhaltenskodex für ästhetische Chirurgie zu entwi- ckeln. 2
Das Bundesgesundheitsministerium und der Deutsche Ärztetag sind zusätzlich bei Ärzten aktiv geworden. „Schönheitsoperationen“ wurden in die Änderung des Heilmit- telwerbegesetzes vom April 2005 aufgenommen. Dort wird irreführende und ethisch bedenkliche Werbung untersagt.
Vor allem von der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen (VDPC, jetzt: DGPRÄC) und der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) wurde verstärkt darauf hingewiesen, dass zunehmend ästhetische oder kosmetische Eingriffe durch Ärzte ohne offizielle Qualifizierung durchgeführt sowie von gewerblichen Instituten angeboten werden. 3 Zur Qualitätssicherung beim Ange- bot von „Schönheitsoperationen“ hat daher der 108. Deutsche Ärztetag im Mai 2005 beschlossen, die Facharztbezeichnung „ Plastische Chirurgie “ um den Zusatz „ Ästhe- tische “ zu erweitern. Es ist Aufgabe der Landesärztekammern, dies in den Weiterbil- dungsordnungen umzusetzen. Trotz der öffentlichen Aufmerksamkeit fehlen bislang jedoch objektive und valide Da- ten zur Situation von Angebot und Nachfrage von „ Schönheitsoperationen “. Über beides liegen in Deutschland nur Schätzungen vor. In der Antwort der Bundesregie- rung auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Fraktionen vom 29.12.2003 (BT-Drs. 15/2289) bleibt die Anzahl der als „Schönheitschirurgen“ tätigen Ärzte in Deutschland
(^1) Der Koalition gehören an: BÄK, Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung, Patienten-
beauftragte der Bundesregierung, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, die Evangelische Kirche in Deutschland, VDPC und VDÄPC, die Barmer Ersatzkasse, der Deutsche Lehrerverband, die Kommission für Jugendmedienschutz, der Vorsitzende der zentralen Kommission zur Wahrung ethi- scher Grundsätze in der Medizin und in ihren Grenzgebieten, die Vorsitzende der Enquete- Kommission „Kultur in Deutschland“, das ZDF sowie die Deutsche Sportjugend. (^2) Ärzte-Zeitung vom 1.2.2005: „ Wider den Schönheitswahn “ (^3) z.B. im Artikel „ Ästhetische OPs: Zahl hat sich in zwölf Jahren versechsfacht “ der Ärzte-Zeitung vom
27.10.
ebenso offen wie die Anzahl der „Schönheitsoperationen“. Des Weiteren liegen keine Informationen zur Ergebnisqualität der Operationen und zur Ausbildung der Opera- teure vor. Auch die Anzahl der arzthaftungsrechtlichen Klagen wegen Behandlungs- fehlern bei „Schönheitsoperationen“ ist dort nicht bekannt.
Nach Schätzungen des VDPC (jetzt: DGPRÄC) beläuft sich der Umsatz mit ästheti- scher Medizin in Deutschland jährlich auf fünf Milliarden Euro, davon sollen 800 Milli- onen Euro auf plastische Operationen entfallen, die nicht primär medizinisch indiziert sind. 4
Antworten auf die in der Kleinen Anfrage gestellten Fragen werden auch dadurch erschwert, dass die Begriffe „Schönheitschirurgie“, „Schönheitsoperationen“, Kosme- tische Chirurgie oder Ästhetische Chirurgie in Deutschland nicht eindeutig definiert sind.
Nicht eindeutig ist außerdem die Benennung der Nachfrager von „Schönheitsoperati- onen“, sind es Patienten/innen oder Kunden/innen? 5 Da es sich bei „Schönheitsope- rationen“ um einen medizinischen Eingriff bzw. eine medizinische Intervention han- delt, sprechen Ärzte von Patienten/innen. Da „Schönheitsoperationen“ jedoch auch von gewerblichen Instituten angeboten werden und die Leistungserbringung bei nicht-medizinisch indizierten Leistungen auf einer privatrechtlichen Absprache zwi- schen Nachfrager und Leistungsanbieter erfolgt, ist die Bezeichnung Kunde/in eben- so berechtigt. Anhand der o.g. Umsatzgrößen wird bereits deutlich, dass es eindeutig einen Markt für „Schönheitsoperationen“ gibt. Die Wahl der Begrifflichkeiten ist inso- fern auch nicht unerheblich, da dadurch ganz unterschiedliche Aspekte in den Vor- dergrund gerückt werden: die Patientenrolle ist von anderen Erwartungen und Ver- haltensweisen geprägt als die Kundenrolle. Für Kunden gilt der Verbraucherschutz.
Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV), vertreten durch die Bundesanstalt für Landwirt- schaft und Ernährung (BLE), ein Forschungsprojekt in Auftrag gegeben, das verläss- liche Informationen über Ausmaß, Probleme und Handlungsbedarf für den Bereich „Schönheitsoperationen“ ermitteln soll.
Primäres Ziel des Forschungsprojektes ist es, im Rahmen einer wissenschaftlichen Bearbeitung eine Marktanalyse und einen fundierten Überblick
(^4) Ärzte-Zeitung vom 10.03.2006: „ Ästhetische Medizin ist ein Milliarden-Markt “ (^5) Für die Verwendung der männlichen/weiblichen Sprachformen möchten wir darauf hinweisen, dass
in Fällen, bei denen das männliche grammatikalische Geschlecht (Genus) im Sprachgebrauch üblich ist und deshalb im Bericht verwendet wird, sich die Aussagen sowohl auf Männer wie auf Frauen be- ziehen.
2. Planung und Ablauf des Projektes
Das Forschungsprojekt ist im November 2005 an die GP Forschungsgruppe verge- ben worden und sollte im Oktober 2006 abgeschlossen werden.
Laut Projektplan ist das in Abbildung 1 dargestellte 4-stufige Vorgehen durchgeführt worden.
Abbildung 1: Projektablauf
Grafik: GP Forschungsgruppe 2007
Die Durchführung des Forschungsprojektes war ursprünglich auf 12 Monate angelegt worden. Durch nicht vorhersehbare Interventionen innerhalb einzelner Fachgesell- schaften verzögerte sich die Vollerhebung bei den Anbietern erheblich. Davon war auch der Beginn der Verbraucherbefragung betroffen, da über die Einverständniser- klärung von Anbietern Patienten/innen von ästhetisch tätigen Operateuren rekrutiert werden sollten. Im Juli 2006 wurde deshalb eine Verlängerung der Projektlaufzeit bis Ende Januar 2007 beantragt und auch bewilligt.
Verbraucher- politische Maßnahme
Grundlagen- Phasen recherche
Aufgaben/ Ziele
Vorgehen und Methode
Verbraucher- befragung
Angebots- analyse
1 2 3 4
Abbildung 2: Projektzeitplan
geplant realisiert
Arbeitsschritte Jahr^2005 2006 Monat 11 12 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12 1
Grundlagenrecherche
Projektbeiratssitzung
Zwischenbericht
Angebotsanalyse
Erfassung der Anbieter
Vollerhebung bei 1.712 Anbietern
Verbraucherbefragung
Verbraucherpolitische Maßnahme
Projektbeiratssitzung
Arbeiten am Abschlussbericht
Grafik: GP Forschungsgruppe 2007
Grundlagenrecherche
Bereits für die Projektkonzeption war ein Projektbeirat einberufen worden, in dem die Fachdisziplinen Plastische Chirurgie, Gynäkologie, Dermatologie und Innere Medi- zin/Anti-Aging sowie der klinische und niedergelassene Bereich vertreten waren:
Mit dem Beirat wurden im November 2005 im Rahmen einer Beiratssitzung die Pro- jektplanung abgestimmt sowie in Folge auch die Entwürfe für die Anbietererhebung und die Verbraucherbefragung.
Für die Entwicklung des Erhebungsbogens der Anbieterbefragung wurde auf das Erhebungsinstrument zurückgegriffen, mit dem der VDPC (jetzt: DGPRÄC) in der Vergangenheit die Mitgliederbefragungen zur Art und Häufigkeit von ästhetisch- plastischen Operationen durchgeführt hat. Dadurch sollte auch eine hohe Kooperati- onsbereitschaft mit der Community der ästhetisch-plastischen Chirurgen hergestellt werden. Der Erhebungsbogen wurde aufgrund von Fachgesprächen mit ästhetisch- plastischen Operateuren modifiziert und mit der Präsidentin des VDPC (jetzt: DGPRÄC) abgestimmt.
kussionsprozess hinsichtlich Pro und Contra der Mitwirkung an der Erhebung statt. Dabei ging es offensichtlich um Ängste hinsichtlich des Datenschutzes und der Transparenz des Marktes. Zumindest von der DGPRÄC liegt uns ein Aufruf vor, in dem die Mitglieder der Gesellschaft aufgefordert wurden, nicht an dieser Studie mit- zuwirken und das Ausfüllen der Erhebungsunterlagen zu unterlassen ( siehe Anlage ). Nach intensiven und langwierigen Verhandlungen ist es uns dann gelungen zu errei- chen, dass die GÄCD die Daten einer eigenen Mitgliederbefragung dem For- schungsprojekt zur Verfügung stellt und die DGPRÄC mit dem Erhebungsbogen der GP Forschungsgruppe eine eigene Befragung durchführt und die ausgefüllten Bogen dann der GP Forschungsgruppe übermittelt.
Da im Erhebungsbogen eine Frage enthalten ist, die als Filterfrage für die Mitarbeit der Ärzte bei der Rekrutierung von Kunden/innen verwendet wurde, verschob sich durch die o.g. Schwierigkeiten die Verbraucherbefragung auf den Herbst/Winter
Verbraucherbefragung
Für die Verbraucherbefragung wurden unterschiedliche Zugänge gewählt. Es wurden wie geplant Patienten/innen von 50 kooperierenden Operateuren aus Praxen, Klini- ken und Instituten rekrutiert. Es wurde dabei auf eine Gleichverteilung von Fachärz- ten für Plastische und Ästhetische Chirurgie, Gynäkologie, Dermatologie und Hals- Nasen-Ohren-Heilkunde geachtet. Zusätzlich wurden nach Quotenvorgabe von Inter- viewern Verbraucher/innen mit ästhetischen Operationen gesucht. 6 Des Weiteren wurden Verbraucher/innen aus Internetforen 7 sowie über Kleinanzeigen in auflagen- starken Zeitungen 8 rekrutiert. Dabei erwies sich der Zugang über Kleinanzeigen nicht als effektiv und wurde nicht weiter verfolgt. Außerdem wurden über ein Online-Panel 9 Verbraucher/innen befragt und durch den Zukauf von Adressen aus einem Adres- senpool 10 Kunden von ästhetisch tätigen Operateuren erreicht.
Insgesamt wurden 620 Personen befragt, die überwiegend im Zeitraum 2004- einen ästhetischen Eingriff haben durchführen lassen.
Zur Ermittlung der Anzahl strittiger Fälle wurde der Kontakt zu den länderspezifi- schen Schlichtungs- bzw. Gutachterstellen aufgenommen und auf die von diesen Stellen gelieferten Daten Bezug genommen.
Verbraucherpolitische Maßnahmen
Zur Beurteilung berufsrechtlicher Fragen sind sowohl die entsprechenden Anträge beim Deutschen Ärztetag, die Stellungnahmen einzelner Fachgesellschaften sowie die Berufs- und Weiterbildungsordnungen gesichtet worden. Außerdem sind zu die- sem Thema die Mitglieder des Projektbeirats sowie Vertreter von Fachgesellschaften konsultiert worden.
(^6) Hier erfolgte eine Kooperation mit dem Marktforschungsinstitut Marplan. (^7) z.B. Brigitte Community, Medizin-Forum, Forum Romanum, Lifeline-Forum (^8) Süddeutsche Zeitung, Abendzeitung (AZ), TZ, Berliner Morgenpost (^9) Es wurde das Online-Panel von ODC Services GmbH in Anspruch genommen. (^10) Der Adressenkauf erfolgte bei der Schober Consumer Information GmbH.
Erste mögliche Auswirkungen des Heilmittelwerbegesetzes sind anhand einer Stich- probe von Internetauftritten geprüft worden.
Der Entwurf des Abschlussberichtes ist mit den Projektbeiratsmitgliedern in einer Bei- ratssitzung Mitte Januar diskutiert worden.
Die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit verbraucherpolitischer Interventionen wird durch eine Würdigung der Gesamtergebnisse erörtert.
äußeren Erscheinungsbildes und des Wohlbefindens. “ 12 Nahezu gleichlautend ist die Definition der International Plastic Reconstructiv Aesthetic Surgery. 13
Wir schließen uns im Rahmen des Forschungsprojektes dieser Definition an. „Schönheitschirurgie“ ist kein Fachterminus, sondern eine vielfach – selbst von Fachärzten für Plastische und Ästhetische Chirurgie – verwendete umgangssprachli- che Bezeichnung für ästhetische oder kosmetische Eingriffe und Operationen. Diese lassen sich im engeren Sinne in rekonstruktive und ästhetische Operationen untertei- len. Rekonstruktive Operationen dienen der plastisch-chirurgischen Wiederherstel- lung der körperlichen Erscheinung, vor allem nach Brand- und Unfallverletzungen oder Krebserkrankungen. Bei rekonstruktiven Operationen handelt es sich exklusiv um medizinisch bedingte Indikationen. Patienten mit Tumoren oder mit schwer ent- zündlichen Erkrankungen sowie Deformierungen nach Unfällen erfordern teilweise ausgedehnte ästhetische Rekonstruktionen. Rekonstruktive Operationen sind jedoch nicht Gegenstand dieses Forschungsprojektes, ungeachtet der ästhetisch-operativen Kompetenz, die für sie erforderlich ist. Ästhetische Operationen sind im Gegensatz zu rekonstruktiven Operationen nicht zwingend erforderlich. Sie hängen eng mit kulturell-gesellschaftlichen Attitüden und der subjektiven Lebensqualität zusammen. Sie sollen in der Regel das eigene Kör- perselbstbild verbessern, damit Selbstvertrauen und Selbstsicherheit festigen und die Attraktivität steigern. Ästhetische Operationen weisen somit eine stark psychologi- sche Komponente auf, bei der der Leidensdruck eine nicht unerhebliche Rolle spie- len kann. Sofern der Leidensdruck psychiatrische Diagnosen hervorruft, ist auch eine medizinische Indikation gegeben. Diese führt dann aber zur Verordnung von Psycho- therapie und nicht zur Verordnung ästhetischer Operationen, wie im Urteil des Bun- dessozialgerichtes vom 20.2.1993 hervorgehoben wurde. Trotz der juristischen Klarstellungen sind die Grenzen zwischen medizinischer Indika- tion und selbstgewähltem Verschönerungsanliegen in der Praxis fließend und nicht immer eindeutig. Eine der großen Referenzfiguren der modernen Plastischen Chirur- gie, der brasilianische Arzt Ivo Pitanguy, negiert sogar die Abgrenzungsversuche: „ Es gibt für mich keine Trennung zwischen einer medizinischen und einer ästhetischen Indikation. Sich mit sich selbst wohl zu fühlen ist in keiner Weise oberflächlich. Ich operiere ja nicht nur die Körper, sondern auch die Seelen. “ 14 Das psychische Wohl- befinden eines Patienten steht im Vordergrund, betont z.B. auch der deutsche Arzt Berg (o.J.: 16). Kritisch merkt hingegen Thomas zu der von Plastischen Chirurgen in diesem Zusammenhang häufig geäußerten hohen Wertschätzung des psycho- sozialen Wohlbefindens von Patienten an, dass die Berufsgemeinschaft Plastischer Chirurgen sich auf eine Unterscheidung zwischen einem Patienten („patiens“ = einer der leidet) und einem gesunden Kunden verständigen sollte. „ Allzu große Willfährig- keit mit Rekurs auf die WHO-Gesundheitsdefinition öffnet nur zu offensichtlich die Türen von einer verantwortlichen Medizin zum reinen Geschäft. “ (Thomas 2003: 44). Die Diskussion zur Einschätzung ästhetischer Operationen bewegt sich somit auf dem Kontinuum von Krankheitsbehandlung einerseits bis hin zu Verbesserung der Lebensqualität und Lifestyle-Medizin andererseits. Aus der Einschätzung ästhetischer Operationen ergeben sich unmittelbare materielle Konsequenzen hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht. Diese ist dann gegeben, wenn ästhetische Operationen als gewerbliche Leistungen eingestuft werden. Laut einem Urteil des Finanzgerichtes Köln (Az.: 3V 5850/04) gilt ein Auftritt im Internet sowie
(^12) Zitiert nach Panfilov 2003: (^13) siehe dazu Lösch 1989 (^14) nachzulesen bei Taschen 2005:
sonstige Werbung für ästhetische Operationen als Hinweis darauf, dass eine medizi- nische Indikation nicht gegeben ist und es sich um eine gewerbliche Leistung han- delt. Das Anbieten gewerblicher Leistungen schafft eine Anbieter-Kundenbeziehung. Bei Inanspruchnahme der angebotenen Leistung stellt sich das Paradox, dass ein Kunde gleichzeitig auch Patient ist. In den weiteren Erörterungen des Berichts wird diese ambivalente Situation mehrfach aufgegriffen.
Als Lösungsweg für das ‚Gewerbe-Dilemma’ bieten Vertreter der Plastischen Chirur- gie die Auffassung an, dass ästhetische Operationen immer dann Heilbehandlungen und somit von der Umsatzsteuer befreibar sind, wenn die Initiative für den Eingriff vom Patienten ausgeht. 15
Die Bezeichnung ästhetische Operationen wird im Bericht synonym für kosmetische Operationen und für „Schönheitsoperationen“ verwendet.
3.1 Kenntnisstand zur Nachfrage und Inanspruchnahme von ästhetischen Operationen
Die Nachfrage nach ästhetischen Operationen äußert sich zuerst im Wunsch, eine solche Operation durchführen zu lassen. Mehrere Meinungsumfragen legen den Ein- druck nahe, dass offensichtlich innerhalb der Bevölkerung eine hohe Bereitschaft zu „Schönheitsoperationen“ besteht. Nach einer im Jahr 2002 von dem Marktfor- schungsinstitut FORSA durchgeführten telefonischen Umfrage würden sich – je nach Alter – zwischen 60% und 82% der befragten Frauen im Alter bis zu 60 Jahren einer „Schönheitsoperation“ unterziehen, um mit ihrem Körper zufriedener zu sein. 16
Der Wunsch nach einer „Schönheitsoperation“ scheint sich auch bereits auf die Gruppe der Kinder und Jugendlichen ausgeweitet zu haben. In einer Repräsentativ- erhebung der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Jahr 2006 stimmen von Mädchen im Alter zwischen 14 und 17 Jahren 7% vollständig und 10% ziemlich der Aussage zu „ Wenn ich die Möglichkeit hätte, würde ich eine Schönheitsoperation machen lassen “. 17 Nach einer Untersuchung der Landesbausparkassen (LBS) in Nordrhein-Westfalen haben 2003 bereits sogar rund 20% der Kinder im Alter von neun bis 14 Jahren darüber nachgedacht, sich Fett absaugen oder Nase bzw. Brust korrigieren zu lassen. 18 Einschränkend zu bedenken ist jedoch, dass diese Umfragen reine Absichtserklärungen widerspiegeln, deren wahrscheinlicher Realisierungsgrad völlig offen ist.
Ein differenzierteres Bild hinsichtlich des Interesses an „Schönheitsoperationen“ lie- fert eine Untersuchung von Kluge & Sonnenmoser (2001). Demnach hat ein Prozent der befragten Personen im Alter von 14-92 Jahren zum Zeitpunkt der Befragung be- reits eine „Schönheitsoperation“ gemacht. 7,1% planen die Durchführung einer Ope- ration bzw. würden sie gern machen. Erwartungsgemäß sind Frauen mehr als dop- pelt so häufig wie Männer unter den operationserfahrenen Personen zu finden. Zwar finden sich unter den 30 bis 49jährigen etwas häufiger Personen – vor allem Frauen
(^15) vgl. zu dieser Argumentationskette Bruck 2005 (^16) zitiert nach Neuhann-Lorenz 2006: (^17) siehe dazu BZgA Forum 1-2006: (^18) Landesbausparkassen Nordrhein-Westfalen, Untersuchung Kinderbarometer 2003, zitiert in: epd
sozial Nr. 34 vom 26.8.
Nur etwa 25% der Eingriffe, die vom VDPC/ VDÄPC für das Jahr 2004 gemeldet wer- den, d.h. 175.000, seien rein ästhetische Eingriffe. Drei Viertel der Operationen seien Rekonstruktionen als Folge von Therapie, Unfällen und Verbrennungen.
Nach den Daten von VDPC und VDÄPC verteilen sich die Operationen des Jahres 2004 zu 87,5% auf Frauen und zu 12,5% auf Männer. Zehn Prozent aller Eingriffe sollen bei Kindern und Jugendlichen durchgeführt worden sein, wobei es sich in der Mehrzahl der Fälle um die Korrekturen stark abstehender Ohren gehandelt habe. Letztere Zahlen werden von der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) angezweifelt. Nach ihren Daten würden lediglich ein Prozent aller ästhetisch-plastischen Eingriffe in Deutschland bei Jugendlichen unter 18 Jahren durchgeführt werden. 23
3.2 Größe des Angebots und Facharztbezeichnung
Die Plastische Chirurgie ist seit 1992 als eigenes Fachgebiet in Deutschland etab- liert, zuvor war sie das Teilgebiet „Plastische Chirurgie“ der Allgemeinen Chirurgie. Um mehr Transparenz und Qualität bei dem Angebot ästhetischer Operationen zu erreichen, hat der Deutsche Ärztetag 2005 beschlossen, die Facharztbezeichnung in „Facharzt/Fachärztin für Plastische und Ästhetische Chirurgie“ zu erweitern. Nach der Approbation muss eine mindestens 6-jährige Weiterbildung absolviert werden, in deren Rahmen 600 Operationen selbstständig durchgeführt werden müssen. 24
Laut Ärztestatistik der Bundesärztekammer gibt es im Jahr 2005 635 Fachärzte für Plastische und Ästhetische Chirurgie, darunter 140 Ärzte aus dem oben erwähnten früheren Teilgebiet „Plastische Chirurgie“. Die Zusatzbezeichnung „Plastische Opera- tionen“ weisen 1.274 Ärzte auf. In der DGPRÄC (vormals VDPC) sind im Jahr 2005 571 und im Jahr 2006 621 Plastische Chirurgen organisiert. 25 Darunter befinden sich jedoch auch nicht mehr aktive Ärzte sowie Ärzte, die gegenwärtig im Ausland berufs- tätig sind.
Zu Beginn des Forschungsprojektes konnten wir aufgrund der Adressenüberprüfung von einer Grundgesamtheit von 1.906 Ärzten ausgehen, die ästhetische Operationen anbieten. Wie sich diese Grundgesamtheit neben den Plastischen Chirurgen auf Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, Hals-Nasen-Ohrenärzte, Dermatologen, Gynäkolo- gen, Internisten oder andere Spezialisierungen und Institute verteilt, war nicht be- kannt.
Die Begriffe „Schönheitschirurgie“ oder Kosmetische Chirurgie kommen in der Wei- terbildungsverordnung der Bundesärztekammer nicht vor. Somit handelt es sich um nicht geschützte Begriffe. Theoretisch kann somit jeder Arzt (auch ohne Qualifikation für die Durchführung ästhetischer Operationen) „Schönheitsoperationen“ durchfüh- ren. Dieser Themenkomplex wird ausführlich in Kapitel 7 erörtert.
(^23) Ärzte-Zeitung vom 24.3.2005: „ Chirurgen kritisieren Koalition gegen den Schönheitswahn “ (^24) genaue Darstellung der Inhalte der Weiterbildungsordnung unter www.vdpc.de/fuer-aerzte-und-
mitglieder/neue-weiterbildungsordnung/; Zugriff 28.8. (^25) www.vdpc.de/ordentliche-mitglieder/, Zugriff 28.8.
Detaillierte Leistungsstatistiken liegen ebenfalls nicht vor. Der VDPC (jetzt DGPRÄC) publiziert die in Tabelle 3 aufgeführte Operationshäufigkeit nach Patientenzahlen 26 , wobei einige minimal-invasive ästhetische Eingriffe in dieser Liste nicht aufgeführt werden (z.B. Leberfleck- oder Feuermalentfernung, Hämangiom, Warzenentfernung, Subsurfacing, Skinresurfing, Dermabrasion etc.).
Tabelle 3: Ästhetische Operationen (Patientenzahlen)
25.000 Brustverkleinerung & Bruststraffung 20.000 Gewebeunterfütterung mit Fremdmaterial oder Eigenfett 20.000 Fettabsaugung 20.000 Brustvergrößerung 20.000 Ohrkorrektur 15.000 Injektionen mit Botulinumtoxin 15.000 Lidstraffung 15.000 Bauchdeckenstraffung 10.000 Nasenkorrektur 10.000 Facelift 7.000 Korrektur der Gynäkomastie 7.000 Stirnlift 7.000 Oberschenkelstraffung 5.000 Oberarmstraffung 3.000 Bodylift 2.000 Kinnvergrößerung
Quelle: VDPC (jetzt: DGPRÄC)
3.3 Kosten von ästhetischen Operationen
Informationen über die Kosten von ästhetischen Operationen sind durchaus vorhan- den. In Krankenhäusern bildet die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) die Grundlage der Preisbildung für einen ästhetischen Eingriff. Die GOÄ ist Verbrauchern a priori in der Regel nicht bekannt und schwer nachvollziehbar. Orientieren können sich Verbraucher jedoch in Veröffentlichungen von ästhetisch tätigen Operateuren, z.B. Kümpel (2003), Fatemi (2004), Mang (2005), auf den Webseiten der ästhetisch täti- gen Operateure sowie auf Webseiten thematisch nahe stehender Anbieter.
Auch in Publikumszeitschriften, die sich mit dem Thema „Schönheitsoperationen“ befassen, werden regelmäßig Preise für die einschlägigen Operationen genannt.
Ein Vergleich einiger ausgewählter Kostenangaben zeigt jedoch, dass die Bandbreite der Preise teilweise erheblich ist. Schwankungen ergeben sich zum einen durch die Größe oder die Region der Areale, die behandelt werden (z.B. bei Fettabsaugun- gen), aber offensichtlich auch durch die Honorarvorstellungen der Operateure.
Es dürfte für Verbraucher schwierig sein, sich hier einen transparenten Marktüber- blick zu verschaffen. Der Such- und Vergleichsaufwand ist wie bei anderen konsu- mentenrelevanten Bereichen (z.B. Autokauf, Kreditaufnahme) erheblich. Auf den Sei- ten der Fachgesellschaften DGPRÄC, VDÄPC und GÄCD erhalten Verbraucher in dieser Hinsicht keine Informationen. Die DGÄPC hingegen informiert auf ihrer Web-
(^26) a.a.O.