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Die Vorlesung von Prof. Dr. Reiner Lauterbach der Universität Hamburg zur Funktionalanalysis wird aus fünf Kapiteln bestehen.
Art: Skripte
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Universität Hamburg, SS 2016
INHALTSVERZEICHNIS v
Literaturverzeichnis 160
Wir wollen die Funktionalanalysis entsprechend dem Kanon, dem in der Lite- ratur weitgehend gefolgt wird, vgl. z. B. Alt [3], behandeln. Als Vorkenntnisse erwarten wir Kenntnisse der linearen Algebra und der Analysis gemäß einem üb- lichen einführenden Kursus an einer deutschen Hochschule. Insbesondere setzen wir voraus, dass die Hörer mit dem Integralbegriffen nach Riemann und Lebes- gue vertraut sind und darüber hinaus, die Räume Lp (Ω; R) für Gebiete im R n und p ∈ [1 , ∞) als Konzepte bekannt sind. Außerdem erwarten wir, dass die Ei- genschaften von R und R n^ vertraut sind, sowohl die lineare Struktur wie auch elementare metrische Eigenschaften. Wir wollen nicht nur eine abstrakte Theo- rie von Räumen anbieten, sondern möglichst auch einen reichen Beispielvorrat. Dazu dienen die Übungsaufgaben und das wöchentliche Beispiel, genannt Raum der Woche. Grundkenntnisse in der mengentheoretischen Topologie sind nützlich, aber keineswegs notwendig. Die erwarteten Vorkenntnisse werden üblicherweise in einer Analysisvorlesung abgedeckt.
Wesentliche Prinzipien, die sowohl abstrakt wie auch in konkreten Beispie- len eine Rolle spielen werden sind: der Satz von Hahn-Banach, Vervollständi- gung metrischer Räume und die Anwendung auf Räume der Funktionalanalysis, der Bairesche Kategoriensatz mit seinen weitreichenden Folgerungen, Dualräume und schwache Topologien. Diese Konzepte sind teilweise direkte Fortsetzungen von Ideen, die bereits in der Analysis bzw. der linearen Algebra auftauchen. Die Funktionalanalysis steht in enger Beziehung zu Anwendungen, speziell auf dem Gebiet der (partiellen) Differentialgleichungen, aber auch in engem Zusammen- hang mit der Entwicklung der Quantenmechanik und anderer mathematischer Disziplinen. Wichtig ist mir die folgende Bemerkung: Man kann auf verschiede- nen Abstraktionsebenen vorgehen. Eine Möglichkeit wäre Hilberträume in den Mittelpunkt zu stellen, eine andere lokalkonvexe oder Frechéträume als Schwer- punkt auszuwählen. Wir wollen einen Zwischenweg gehen und Banachräume als zentrales Objekt betrachten. Allerdings soll der Hinweis nicht fehlen, dass die ma- thematische Formulierung konkreter Anwendungen auch auf allgemeinere Räume führen kann. Unsere Vorlesung ist nicht die vollständige Beschreibung der Theo- rie, sondern ein Aspekt und andere Aspekte können für gewisse Zwecke angemes- sener und besser geeignet sein. Allerdings sollte die fundierte Kenntnis des hier angebotenen Materials es leicht machen, auch andere allgemeinere Aspekte zu
Abbildung 1: David Hilbert (23.1.1862–14.2.1943) im Jahr 1900
Abbildung 2: Stefan Banach (30.3.1892–31.8.1945)
Abbildung 3: Hermann Klaus Hugo Weyl (9.11.1885–8.12.1955)
Abbildung 4: Laurent Schwartz (5.3.1915–4.7.2002)
Hier wollen wir kurz zurückblicken auf einige grundlegende Aspekte der linearen Algebra und der Analysis und wollen diese dann zusammenführen um erste Schritte zu einem neuen Verständnis tiefliegender Zusammenhänge zu gehen.
1.1 Algebra und Topologie.................. 1 1.1.1 Lineare Räume...................... 1 1.1.2 Metrische Räume..................... 5 1.1.3 Kategoriensatz...................... 16 1.1.4 Topologische Gruppen.................. 18 1.2 Lineare metrische Strukturen.............. 20 1.2.1 Lineare metrische Räume und Vervollständigung... 20 1.2.2 Stetige Lineare Abbildungen.............. 25
Im Folgenden sei K ein Körper und zwar vereinbaren wir, dass K immer für einen der beiden Körper R oder C steht. Es wird Beispiele von Aussagen geben, die nur für einen der beiden Körper wahr sind, dann werden wir darauf hinweisen. Alle Aussagen, die mit K formuliert werden, gelten für beide Körper. V sei im Folgenden ein linearer Raum über K. Da die lineare Algebra sich oft auf endlich dimensionale Räume beschränkt, wollen wir hier ein paar Begriffe speziell für den unendlich dimensionalen Kontext wiederholen.
Definition 1.1.1.1. Es sei V ein linearer Raum über K_._
1. Ein Element x ∈ V heißt Linearkombination der Familie von Vektoren { xα } α ∈ A, wobei A eine beliebige Indexmenge ist, falls es eine zugehörige Familie von Skalaren λα^ ∈ K gibt, von denen höchstens endlich viele von Null verschieden sind mit x =
∑
α ∈ A
λαxα.
2. Eine Linearkombination (^) ∑
α ∈ A
λαxα
mit höchstens endlich vielen von null verschiedenen Koeffizienten heißt nicht- trivial , wenn mindestens einer der Koeffizienten von null verschieden ist.
3. Eine Familie { xα } α ∈ A heißt linear unabhängig , falls für jede Linearkombi- nation von Elementen der Familie mit ∑
α ∈ A
λαxα^ = 0
folgt, dass alle λα^ = 0 sind.
4. Eine Familie { xα } α ∈ A erzeugt V , wenn jedes Element x ∈ V sich als Line- arkombination der Familie { xα } α ∈ _A darstellen lässt.
Proposition 1.1.1.2. 1. λx = 0 gilt genau dann, wenn λ = 0 oder x = 0_._
2. Eine Familie { xα } α ∈ A ist nicht linear unabhängig, falls es ein β ∈ A gibt mit xβ^ ist Linearkombination der Familie { xα } α ∈ _A.
Beweis. Wir wollen nur darin erinnern, dass der Beweis der vierten Aussage auf dem Zornschen^1 Lemma beruht. Da dieses noch an anderen Stellen eine wichtige Rolle spielen wird, wollen wir es nun formulieren. (^1) Max August Zorn (6.6.1906–9.3.1993) studierte und promovierte an unserer Hochschule. Er
wurde von den Nazis verfolgt und emigrierte in die USA. Sein mathematisches Werk umfasst Gruppentheorie, Mengenlehre, aber auch reelle und komplexe Analysis, wie auch Funktional- analysis. Am bekanntesten ist das nach ihm benannte Lemma, das äquivalent zum Auswahl- axiom und dem Wohlordnungssatz ist. Eine überraschende Konsequenz ist die Existenz nicht messbarer Mengen.
Die Multiplikation mit Skalaren ist ebenfalls komponentenweise zu verste- hen, also
λ
k 1 k 2 .. . kn
λk 1 λk 2 .. . λkn
Es ist einfach nachzuprüfen, dass alle Bedingungen eines Vektorraumes er- füllt sind. Die Menge
ist offensichtlich linear unabhängig und erzeugend, also eine Basis.
( λf )( ω ) = λf ( ω ).
Man erkennt unschwer, dass durch die Wahl Ω = { 1 , 2 ,... , n } das erste Beispiel in dieser Klasse von Beispielen bis auf Isomorphie integriert wird.
Wir erinnern an den Begriff der linearen Abbildung zwischen zwei Vektorräu- men und fassen die relevanten Aussagen wieder als Satz zusammen.
Satz 1.1.1.6. Es seien V 1 , V 2 Vektorräume über K und L : V 1 → V 2 eine K - lineare Abbildung. Dann gilt:
1. ker L ist ein linearer Unterraum von V 1_. 2._ BILD( L ) ist ein linearer Unterraum von V 2_._
3. L ist genau dann injektiv, wenn ker L = { 0 } _ist.
Beweis. Alle Aussagen sind aus der linearen Algebra bekannt.
Lemma 1.1.1.7. Die Menge der linearen Abbildungen { L : V 1 → V 2 | L ist linear } bildet bezüglich der natürlichen Operationen
( L 1 + L 2 ) x = L 1 x + L 2 x ( λL ) x = λ ( Lx )
einen linearen Raum.
Beweis. Bekannt!
Spezielle lineare Abbildungen sind lineare Abbildungen von V in den zu- grundeliegenden Körper K, die nach dem oben stehenden Lemma 1.1.1.7 einen linearen Raum bilden.
Definition 1.1.1.8. Der lineare Raum { f : V → K | f ist linear } heißt der al- gebraische Dualraum von V und wird mit V ∗^ bezeichnet.
Definition 1.1.1.9. Ist L : V → W linear, so ist die duale Abbildung L ∗^ : W ∗^ → V ∗^ definiert durch
( L ∗ w ∗)( v ) = w ∗( Lv ).
In dem zuletzt genannten Beispiel 1.1.1.5 (3) haben wir neben der linearen Struk- tur ein weiteres Konzept, wir kennen nämlich einen Konvergenzbegriff. Was steckt dahinter? Wir betrachten Folgen von Funktionen und können entscheiden, ob die- se Folgen konvergent sind. Diese Konstruktion ist wichtig genug, um erst einmal die formalen Grundlagen zu diskutieren. Wir definieren erst den Begriff eines topologischen Raumes und sprechen dann über den Spezialfall eines metrischen Raumes. Wir beginnen mit einer Menge X , P( X ) sei die Potenzmenge von X , also die Menge aller Teilmengen.
3. Ist A ⊂ X eine Teilmenge eines topologischen Raumes ( X, T) , so nennt man die größte darin enthaltene offene Menge das Innere von A, als Symbol schreiben wir
◦ A. Formal sieht dies so aus: ◦ A =
⋃
U ⊂ A,U ist offen
4. Es sei K ⊂ X eine Teilmenge. Wir definieren eine Relativtopologie auf K durch T K = { A ⊂ K | A = K ∩ T, T ∈ T}_.
⋃
A ∈ F
6. Ein topologischer Hausdorffraum heißt kompakt ( überdeckungskompakt ), wenn aus jeder Überdeckung F von X eine endliche Teilmenge F 1 ⊂ F ausgewählt werden kann, so dass bereits F 1 _eine Überdeckung von X ist.
Aufgabe 1.1.2.3. Sei ( X, T) ein topologischer Hausdorffraum. Zeigen Sie:
TR1 Zu jedem x ∈ X und jeder kompakten Menge C ⊂ X, x / ∈ C gibt es offene Mengen U, V mit x ∈ U, C ⊂ V und U ∩ V = ∅. TR2 Zu zwei disjunkten kompakten Mengen C 1 , C 2 gibt es offene Mengen U 1 , U 2 mit Ci ⊂ Ui , i = 1 , 2 und U 1 ∩ U 2 = ∅.
Lemma 1.1.2.4. Elementare Eigenschaften kompakter Räume sind:
_1. Abgeschlossene Teilmengen kompakter Räume sind kompakt.
Beweis. 1. Sei A ⊂ X abgeschlossen, dann ist X \ A offen und jede offene Überdeckung von A lässt sich durch Hinzunahme von X \ A auf ganz X fortsetzen. Die Kompaktheit von X erlaubt eine endliche Teilüberdeckung auszuwählen. Diese überdeckt dann auch A und daran ändert auch die (eventuelle) Wegnahme von X \ A nichts.
Aufgabe 1.1.2.5. Man zeige, ein topologischer Raum ist genau dann kompakt, wenn er die endliche Durchschnittseigenschaft (engl.: finite intersection pro- perty ) besitzt, d. h. wenn für eine beliebige Familie von abgeschlossenen Mengen gilt, dass, falls je endlich viele nichtleeren Schnitt haben, der Schnitt aller Mengen nicht leer ist.
Definition 1.1.2.6. Es sei ( X, T) ein topologischer Raum, eine Teilmenge Z ⊂ X heißt dicht , wenn für jede nichtleere offene Menge U ∈ T gilt, dass
Z ∩ U 6 = ∅.
Definition 1.1.2.7. Ein topologischer Raum heißt separabel , falls es eine ab- zählbare dichte Teilmenge Z ⊂ X gibt.
Definition 1.1.2.8. Es sei ( X, T) ein topologischer Raum.
1. Eine Teilmenge U ⊂ T heißt Basis der Topologie^3 , wenn jede offene Teil- menge als Vereinigung von Elementen aus U _geschrieben werden kann.
Aufgabe 1.1.2.9. Ein kompakter Hausdorffraum in dem die Topologie dem ers- ten Abzählbarkeitsaxiom genügt, ist folgenkompakt.
Beispiel 1.1.2.10. Beispiele topologischer Räume sind:
(^3) Wir beachten den doppelten Gebrauch des Wortes Basis, einmal als Basis eines linearen
Raumes, dann als Basis der Topologie. Beide Begriffe sind gebräuchlich, eine Vermeidung dieser Doppeldeutigkeit ist fast unmöglich. Aus dem Kontext sollte immer klar werden, welche der beiden Begriffe gemeint ist.
Abbildung 7: Andrej Nikolajewitsch Tychonov (30.10.1906–7.10.1993)
3. Ist f : X → Y bijektiv, so nennt man f einen Homöomorphismus , falls f und f −^1 beide stetig sind.
Aufgabe 1.1.2.14. 1. Man zeige, f : X → Y ist genau dann stetig, falls die Urbilder abgeschlossener Mengen abgeschlossen sind.
Eine wichtige Konstruktion ist die sogenannte Quotientenbildung. Gegeben sei ein topologischer Raum ( X, T) und eine Äquivalenzrelation auf X , die wir als x ∼ y schreiben. Mit [ x ] bezeichnen wir die Äquivalenzklasse und mit X/ ∼ den Quotientenraum oder auch die Menge der Äquivalenzklassen. Es gibt eine Abbildung Π : X → X/ ∼ : x 7 → [ x ]. Die Verknüpfung von Äquivalenzrelationen und Topologie wird durch folgende Definition hergestellt.
Definition 1.1.2.15. Eine Äquivalenzrelation heißt abgeschlossen , wenn für je- des x ∈ X die Klasse [ x ] abgeschlossen ist.
Definition 1.1.2.16. Wir definieren eine Topologie T Q auf X = X/ ∼ als die feinste Topologie, so dass Π stetig ist. Diese Topologie wird als Quotiententopo- logie bezeichnet.
Es ist leicht nachzuprüfen, dass ( X/ ∼ , T Q ) ein topologischer Raum ist.
Satz 1.1.2.17. Sei ( X, T) ein topologischer Raum und ∼ eine abgeschlossene Äquivalenzrelation auf X und Y ein topologischer Raum. Dann ist f : X/ ∼ → Y genau dann stetig, wenn f ◦ Π stetig ist.
Beweis. Klar!
Beispiel 1.1.2.18. Wir betrachten R, x ∼ y ⇐⇒ x − y ∈ Z. Die Quotienten- bildung identifiziert Punkte.
Man beachte, dass die Frage ob Quotiententopologien hausdorffsch sind, falls der ursprüngliche Raum hausdorffsch ist, nicht leicht zu beantworten ist. Not- wendig dafür ist offensichtlich, dass die Relation abgeschlossen ist. Dies ist aber im allgemeinen nicht hinreichend.
Metrische Räume
Wir wollen nun eine Spezialisierung betrachten und metrische Räume betrachten.
Definition 1.1.2.19. { Es sei X eine Menge, eine Abbildung d : X × X → R+ =
x ∈ R
∣∣ ∣∣ x ≥ 0
} heißt Metrik , wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
M1 d ( x, y ) = 0 dann und nur dann, wenn x = y.
M2 d ( x, y ) = d ( y, x ) für alle x, y ∈ X.
M3 d ( x, z ) ≤ d ( x, y ) + d ( y, z ) für alle x, y, z ∈ X.
Das Paar ( X, d ) wird dann als metrischer Raum bezeichnet. Die Eigenschaft (M3) wird als Dreiecksungleichung bezeichnet.
In einem metrischen Raum hat man auf eine natürliche Weise eine Topologie.
Definition 1.1.2.20. Sei ( X, d ) ein metrischer Raum. Eine Teilmenge U ⊂ X nennen wir metrisch offen , wenn zu jedem Punkt x ∈ U ein positive Zahl ε > 0 existiert, so dass die ε -Kugel Bε ( x ) , definiert durch
Bε ( x ) = { y ∈ X | d ( x, y ) < ε } ,
in U enthalten ist.
Lemma 1.1.2.21. Sei ( X, d ) ein metrischer Raum, dann bildet die Menge der metrisch offenen Mengen T d eine Topologie auf X. Wir nennen T d auch eine metrische Topologie_._
Beweis. Leicht nachzuprüfen!
Satz 1.1.2.22. Ein metrischer Raum ist genau dann kompakt, wenn er folgen- kompakt ist.
Beweis. Da ein metrischer Raum dem ersten Abzählbarkeitsaxiom genügt, ist die erste Richtung schon in Aufgabe 1.1.2.9 gezeigt. Für die Umkehrung sei auf die Literatur (z. B. Werner [31] Satz B.1.7) verwiesen.