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Art: Abschlussarbeiten
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Eine Diplomarbeit im Studiengang Audiovisuelle Medien Fakultät Electronic Media Fachhochschule Stuttgart Hochschule der Medien
Erklärung
Ort, Datum Unterschrift
7. Quellenangaben................................................................................................ V
7.1 Verzeichnis verwendeter Literatur......................................................................................... VI
7.3 Abbildungsverzeichnis.......................................................................................................... VII 7.4 Filmographie......................................................................................................................... VIII
8.1 Partiturausschnitt ‚Schwerkraftuhr’....................................................................................... A- 8.2 Das Drehbuch ‚Aufwämphase’............................................................................................. A- 8.3 DVD...................................................................................................................................... A-
Bedeutung die wichtigsten Aspekte der Wahrnehmung auf Zuschauerebene zu durch- leuchten. Das Wissen um psychologische und daraus resultierende körperliche Vorgän- ge könnte offen legen, welche Ursachen hinter den unterschiedlichen Wirkungen von Filmmusik stecken. Ziel dieser Arbeit ist es Ursachen der Wirkungen von Filmmusik sowie funktionale Zu- sammenhänge zwischen Musik und Bild herauszuarbeiten, um anhand dieser Betrach- tungen genrespezifische Wirkungsunterschiede aufzuzeigen. In diesem Sinne vernetzt Kapitel 2 der vorliegenden Arbeit Aspekte aus Biologie, Psy- chologie, Umwelt und individueller Prägung des Rezipienten. Ziel ist es, den abstrakten Begriff ‚Wahrnehmung’ genauer zu beleuchten und herauszuarbeiten welche Vorgänge bei unserer Wahrnehmung ablaufen. Dabei orientiere ich mich hauptsächlich an den wissenschaftlichen Ausführungen von Claudia Bullerjahn und Horst-Peter Hesse. Clau- dia Bullerjahn studierte unter anderem Musikwissenschaft, Kalvierpädagogik und Biolo- gie. Aufgrund ihres Hintergrunds erläutern ihre Ausführungen den Zusammenhang zwi- schen Biologie und Filmmusik besonders deutlich. Kapitel 3 konzentriert sich direkt auf die Filmmusikebene. Dabei wird auf die funktionalen Aspekte der Musik eingegangen, die klären sollen, welches Potential Musik als Ergän- zung zur visuellen Komponente in sich trägt. Dabei zeigte sich die Literatur von Zofia Lissa als ergiebigste Quelle. In Kapitel 4 stelle ich die unterschiedlichen Techniken vor, die der Komponist einsetzen kann, um dieses Potential voll auszuschöpfen und auf Rezipientenebene die gewünschte Wirkung zu erzielen. Da die Komponenten des Filmkomplexes in ihrer Zusammensetzung je nach Genre va- riieren, gelten für unterschiedliche Genres unterschiedliche Funktions- und Wirkungszu- sammenhänge. Deswegen wird als Abschluss in Kapitel 5 anhand von drei praktischen Beispielen gezeigt, ob und inwiefern sich die gewonnenen theoretischen Kenntnisse genrespezifisch äußern. Die Betrachtung schließt hierbei einen szenischen Film, einen Dokumentarfilm und einen wissenschaftlichen Anschauungsfilm ein. Die Beispiele für Dokumentarfilm und Anschauungsfilm wurden von mir eigenständig komponiert. Die Betrachtung über den szenische Film erläutere ich anhand eines vorge- legten Filmmusikkonzepts für den Film ‚Aufwärmphase’, der sich momentan in der Post- produktion befindet.
2. Grundlagen der Wahrnehmung und Wirkung Um die Wirkung von Filmmusik nachvollziehen zu können, müssen wir die Aspekte der menschlichen Wahrnehmung studieren. Der Wahrnehmungsablauf spielt sich nicht ein- dimensional ab, sondern basiert auf einer komplizierten Beziehung zwischen physiologi- scher Disposition, psychologischen Einflüssen sowie prägenden Umweltfaktoren. Das macht eine allgemein gültige Erörterung schwierig bis unmöglich, allerdings ist die Kenntnis der Grundlagen von eminenter Bedeutung für das Verständnis. Denn nur mit diesem Wissen erschließen sich Zusammenhänge über die Wirkung von Reizen. Daraus lässt sich ableiten, warum bestimmte Musik an manchen Stellen im Film unentbehrlich scheint beziehungsweise einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtwirkung nimmt. Ge- nauso erklärt sich so, warum sie manchmal deplatziert scheint oder sich symbiotisch einfügt und warum nicht jeder Zuschauer dieselben Erfahrungen mit ihr macht.
Die Grundlage unserer auditiven Wahrnehmung stellt unsere biologische Ausstattung dar. Dass Musik in eine erstaunliche Interaktion mit physiologischen Komponenten tritt, kann jeder aus seinem persönlichen Erfahrungsschatz ablesen. In Gegenwart von Musik wippen wir unvermittelt mit dem Fuß oder nicken im Takt. Wir trommeln sogar Rhythmen nach, ohne dass wir uns dessen bewusst wären. Zu laute oder unangenehme Klänge können direktes Schmerzempfinden auslösen. Aber auch indirekt schafft es Musik, uns so stark zu emotionalisieren, dass wir entsprechende körperliche Reaktionen zeigen und das ein oder andere Taschentuch benötigen. Überraschend ist auch die hohe Anzahl an passiv im Gedächtnis gespeicherten Songs und Songtexten. Aktiv und bewusst können wir nur wenige komplett reproduzieren. Al- lerdings erkennen wir etliche der im Radio gespielten Melodien innerhalb einer Sekunde wieder und können problemlos mit singen. Insofern ist es von Interesse nachzuvollziehen, welchen Weg ein Audiosignal auf seinem Weg durch den menschlichen Körper zurücklegen muss und welche Stationen entschei- dend für die Verarbeitung und Speicherung von Musik sind.
nun eine so genannte Wanderwelle aus dem Mittelohr auf den Schneckengang, wird die Basilarmembran in Schwingung versetzt, wobei die äußeren Sinneshärchen von der Tektorialmembran ‚festgehalten’ und somit gebogen werden. Die dabei erzeugte Erre- gung leiten die äußeren Haarzellen an die inneren Haarzellen weiter. Da die Basilar- membran in Höhe und Breite nicht konstant ist, resoniert sie an unterschiedlichen Stellen zu unterschiedlichen Frequenzen. Je nachdem an welcher Stelle der Membran die äuße- ren Härchen erregt werden, reagieren diese also auf eine andere Frequenz des Klangs und leiten diese spezifische Frequenz an die inneren Härchen weiter. In der Schnecke findet somit eine Zerlegung des Gesamtsignals in seine einzelnen Frequenzen statt. Diese Frequenzen erregen nun die inneren Haarzellen, die eine erstaunliche und ent- scheidende Leistung für unser Gehör vollbringen. Die ankommenden mechanischen Schwingungen werden mittels Transduktion über Ionenkanäle in elekrische und chemi- sche Signale umgewandelt. Erst diese gewandelte neuronale Erregung kann sich vom Hörnerv über das Stammhirn bis zum Gehörzentrum in den Schläfenlappen fortpflanzen (vgl. de la Motte-Haber 1984, S.26ff.). Metaphorisch vergleichbar ist dieser Vorgang mit einer Analog–Digital-Wandlung in der Tonstudioperiferie.
Das Signal das auf noch recht anschauliche Weise vom Ohr in die Körperperipherie ge- langt, bewegt sich über den Hörnerv weiter fort. Die Weiterleitung erfolgt äußerst kompli- ziert. Bei der Auswertung eines Reizes wird dieser mindestens fünf Mal in Zwischenhirn, Mittelhirn und Hirnstamm verschaltet, bis er endlich in Großhirnareale vordringt. Der Reiz
wird teilweise multiplikativ und gleichzeitig an verschieden Neurone gesendet. Dabei kann das Signal parallel unter verschieden Aspekten analysiert und weiterverarbeitet werden (vgl. Altenmüller, S. 327). Nach einer ersten Analyse im Großhirn sendet dieses wiederum Befehle zur weiteren Bearbeitung gleichzeitig an verschiedene Organe. Er- gebnis ist eine ständige, kommunikative und wechselseitige Interaktion der einzelnen Anlaufstellen. Ein absoluter, konkreter Signalweg existiert also nicht. Das komplexe Zu- ammenspiel aller involvierten Organe, Nervenbahnen und Hirnareale aufzuzeigen, würde den Rahmen dieser Arbeit bei Weitem sprengen. Deswegen sollen nur die Verarbei- tungsstellen erklärt werden, deren Funktionsweise zum Verständnis der Wahrnehmung von Musik beziehungsweise Filmmusik beitragen.
Hesse spricht hier den besonders wichtigen Vorgang der Reizbewertung und Verknüp- fung an. Bevor ein sensorischer Reiz sich seinen Weg in die Großhirnrinde bahnt und somit ins Bewusstsein dringt, muss er das limbische System passieren, das sich inner- halb des Großhirns befindet. Es dient als Verbindungsglied zwischen älteren und neue- ren Gehirnteilen und stellt das Zentrum vegetativer^1 und hormonaler Vorgänge im Körper dar. Da es damit auch der hierarchisch wichtigste Regulator von Emotionen ist, erhält alles, was wir bewusst wahrnehmen, vorab eine affektive Färbung. Diese Färbung ist oft wesentlich für Entscheidungen und Reaktionen des Menschen. Der Hippocampus als eminent wichtiger Bestandteil dieses Systems vergleicht neu ein- treffende Informationen mit gespeicherten Erlebnissen, bewertet sie und sortiert sie in bekannte und unbekannte Elemente. Der Hippocampus spielt insofern auch für Lernvor- gänge eine Rolle, da hier bereits das Lernen einfacher Assoziationen stattfindet und er an der Übertragung von Informationen aus dem Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitge- dächtnis beteiligt ist (vgl. Bullerjahn 2001, S.119). Zu beachten ist, dass spätestens hier eine rein mechanische Interpretation unserer Wahrnehmung nach einem Ursache- Wirkungsprinzip nicht mehr greift. Durch den Vergleich neuer Reize mit Erfahrungen (^1) Vegetative Funktionen des Körpers sind unbewusst ablaufende Körperfunktionen
Der linke Hippocampus zeigt bei dissonanten Klängen andere Reaktion als bei konso- nanten (vgl. Bullerjahn 2001, S.119). Da das limbische System außerdem mit dem ve- getativen Nervensystem verknüpft ist, werden emotionale Reaktionen des Körpers hier direkt bearbeitet. Stuft der Hippocampus einen Reiz als emotional schmerzhaft ein, wird der Befehl gegeben, Tränen zu produzieren (vgl. Hesse, S.22). Die blitzschnelle Weiter- leitung und wechselseitige Verarbeitung gleichzeitig eintreffender Signale kann Folgen haben. Rührt uns eine Filmszene zu Tränen, verbinden wir diese emotionale Reaktion immer mit der Handlung, da wir dieser unsere Aufmerksamkeit widmen. Eine begleiten- de, emotionale Musik kann im System allerdings ebenso zur Tränenproduktion beitra- gen. Da der Zuschauer diese allerdings meist nicht bewusst wahrnimmt, merkt er nicht, dass auch die Musik ihn emotionalisiert. Hippocampus und Mandelkern bieten einer der wichtigsten Voraussetzungen für eine Filmrezeption. Der Zuschauer kann aufgrund sei- ner eigenen Erfahrung empathisch die Gefühle des dargestellten Filmcharakters nach- vollziehen. Die komplexen Filterstationen des Thalamus und Hippocampus stellen unserem Wahr- nehmungsssystem also enorm wichtige Funktionen zur Verfügung. Interessant ist die Tatsache, dass alle Reize, die in unser rationales Bewusstsein dringen, vorher schon emotional bewertet wurden, wobei der Hörnerv noch enger mit dem limbischen System verknüpft ist, als andere Sinne. Das Gedachte wird also immer gefühlt.
Möchten wir die Verarbeitung von Musik im Gehirn verstehen, müssen wir die Teilung des Gehirns in zwei Hälften, die durch einen Balken zusammengehalten werden, be- rücksichtigen. Den Hälften werden unterschiedliche Aufgaben der Verarbeitung zuge- schrieben. Die linke Hemisphäre ist zuständige für logische Denkaufgaben, da diese Daten dort sequenziell, also nacheinander bearbeitet werden. Die rechte Hälfte ist ein Bearbeitungszentrum für parallele Prozesse. Sie arbeitet eher ganzheitlich. Kreativen wird eine besondere Ausprägung von Informationsverarbeitung in der rechten Gehirn- hälfte nachgesagt (vgl. Hesse, S.21f). Beim Musikerleben sind interessanterweise beide Hirnhälften aktiv, wobei unterschiedli- che Aspekte der Musik von unterschiedlichen Verarbeitungszentren übernommen wer- den. Rhythmische Information zeigen klare Aktivitäten in der linken Gehirnhälfte, wäh- rend Klangfarben, Tonhöhenabstufungen und dynamische Akzente eher in Zentren der rechten Hemisphäre bearbeitet werden (vgl. Bullerjahn 2001, S.117).
Unmittelbar nach der Verarbeitung der Daten wird entschieden, ob eine Speicherung des Materials im Gedächtnis erfolgen soll. Die Grundlage für unsere Gedächtnisstruktur ist dabei das Gehirn. Das Gedächtnis gliedert sich in drei Systeme: das sensorische Ge- dächtnis, das Arbeitsgedächtnis und das Langzeitgedächtnis. Auf die Daten des sensorischen Gedächtnisses hat unser Bewusstsein keinen Zugriff. Hier treffen die Sinnesreize als erstes ein und werden sozusagen zwischengespeichert, in der Hoffnung noch in die weiteren Gedächtnisareale vorzudringen. Das Arbeitsgedächtnis (Kurzzeitgedächtnis) kann nur wenige Informationen spei- chern. Es erhält Material aus dem sensorischen Gedächtnis, strukturiert und überdenkt es neu. Mit dem Arbeitsgedächtnis können wir uns im Gegensatz zu den anderen Ge- dächtnistypen bewusst erinnern. Es ist also die zwingende Voraussetzung für ein Ge- spräch. Visuelle und auditive Elemente erfahren hier eine unterschiedliche Bearbeitung im Codierungsprozess. Akustische Reize werden zu ‚Chunks’^3 verarbeitet, Visuelles in räumlichen Mustern. Das Langzeitgedächtnis ist der Speicher für alle jemals erlernten Informationen oder interne Gedanken. Feste Verknüpfungen von alten und neuen Informationen beim Speichervorgang schaffen ein besseres Assoziationsnetzwerk und somit ein besseres Erinnerungsvermögen für die beteiligten Inhalte. Auf dessen Inhalten greift der Hippo- campus beim Informationsabgleich zu. Von hier aus werden relevante Informationen bei Bedarf wieder abgerufen, allerdings hängt die Möglichkeit der Reproduzierbarkeit einer Information stark von der Qualität der Verknüpfung der Nervenzellen ab. Viele Informati- onen sind zwar latent vorhanden, lassen sich aufgrund fehlender Verknüpfungen aber nur schwer in Erinnerung bringen. Eine Information kann demnach bewusst, unterbe- wusst oder unbewusst vorliegen (vgl. Bullerjahn 2001, S.211f). Beim Speichervorgang werden Informationen oft mit Wünschen und Fantasien angerei- chert, individuell konstruiert und somit verzerrt. Ein exaktes Abbild der objektiven Infor- mation gibt es dagegen selten. Vor allem bei der Reproduktion einer Erinnerung gesche- hen derartige Verzerrungen. Falsche Verknüpfungen können sogar ein fehlerhaftes Erin- nern verursachen. Die Gedächtnisleistung ist also ein aktiver, formender Prozess (vgl. Bullerjahn 2001, S. 210). Eine permanente Wiederholung einer Musik im Zusammenhang mit einer Sache, kann eine besonders intensive Verknüpfung verursachen. Das sehen wir an bestimmten Wer- bungen, deren musikalische Kennung untrennbar mit dem Produkt verbunden ist, zum Beispiel der Telekom-Jingle oder der Maggi-Slogan. 3 (engl.: „Klumpen“) ähnliche Informationen werden gruppiert
tum zu verwandeln, mit dem wir Musik wahrnehmen. Das Auge nimmt mit einer Millio- nen Zellen wahr, die von 200 Milliarden Neuronen im Verhältnis von 1:200 000 bearbei- tet werden. Ein Blick auf die Zahlenverhältnisse verrät, dass dem Auge sehr viel weniger Nachbearbeitungspotential gegeben ist. Vermutlich aus diesem Grunde ist das Sehen nur eingeschränkt lernfähig und wesentlich unflexibler als das Hören (vgl. Altenmüller, S.329). Unterschiede sind auch bei der zeitlichen Verarbeitung festzustellen. Versuchsteilneh- mer reagieren auf auditive Signale bereits nach 7 ms, auf visuelle Reize erst nach 65 ms. In einem weiteren Versuch von Altenmüller gaben Versuchspersonen an, auf zeitlich organisierte visuelle Blitze erst dann reagiert zu haben, nachdem sie diese im Kopf in einen Rhythmus übersetzt hatten. Die audiovisuelle Verknüpfung findet vermutlich im Thalamus, auf der Vierhügelplatte des Mittelhirns, in der optische und akustische Reize verarbeitet werden und in Teilen des Großhirns statt (vgl. Altenmüller, S. 329f).
Lorenz Okens, deutscher Naturforscher und Philosoph des 19.Jhd, definierte den Unter- schied zwischen Hören und Sehen auf philosophische Weise. Wenn wir bewusst Sehen, konzentrieren wir uns hauptsächlich auf Aspekte der Außenwelt. Das Hören ist dagegen nach Innen gerichtet und emotionalisiert stärker als das Sehen. Auch die Musikwissen- schaftlerin Zofia Lissa erkannte dieses Phänomen.
Auf wissenschaftlichem Wege konnte die Tatsache, dass Hören ein höheres Potential zur Emotionalisierung bietet als das Sehen, leider noch nicht geklärt werden. Eindeutig belegt ist allerdings, dass im Gegensatz zu visuellen Reizen, Musik stärkere Auswirkungen auf unseren Körper beziehungsweise auf dessen vegetative Funktionen hat. Hier lässt sich ein Zusammenhang vermuten.
Musik hat direkten Einfluss auf unsere vegetativen Körperfunktionen. Das können wir an vielen Körperprozessen wie Atmung, Puls, Muskelkontraktion und Hautreaktionen able- sen. Unser Herzrhythmus zum Beispiel passt sich an das vorgegebene Tempo einer Musik an. Hektische Musik versetzt unser vegetatives System in Aufregung, während langsame Musik beruhigend wirkt (Hesse, S. 91). Abb. 3 Pulsfrequenzen einer Testperson im zeitlichen Verlauf, die beruhigende Musik hört. (Hesse, S. 30) Körperreaktionen werden über die Ausschüttung von Hormonen und Neurotransmittern gesteuert. Dieses System ist an das vegetative Nervensystem gekoppelt, das wiederum mit dem reizbewertenden limbischen System verknüpft ist (vgl. Hesse, S.33). Abb. 4 elektrischer Hautwiderstand zu Versionen des Films ‚Zwölf Uhr Mittags’ (de la Motte- haber 1985, S. 239)
Filter in graduellen Abstufungen vorstellen. Objekte, auf die wir unsere Aufmerksamkeit fokusieren, werden länger und gründlicher verarbeitet (vgl. Bullerjahn 2001, S. 161). Das erklärt allerdings noch nicht, wie es zu dem Fokus der Aufmerksamkeit kommt. Biologie und Psychologie sind an dieser Stelle kaum trennbar und arbeiten nach denselben Krite- rien. Wie in Punkt 2.1.3 beschrieben entscheidet die Relevanz einer Information über ihre weitere Verarbeitung. Ist eine Information interessant und können wir dadurch neue Zusammenhänge erkennen, dringt sie ins Bewusstsein. Auch wenn eine Information sehr emotionsgeladen ist, zieht sie starke Aufmerksamkeit auf sich, da persönliche Ein- stellungen, Interessen, Bedürfnisse und Wünsche sich darin widerspiegeln können. (vgl Bullerjahn 2001, S163). Allerdings entscheiden nicht immer nur interne Prozesse über unsere Wahrnehmung. Aufmerksamkeit kann in gewissem Rahmen von extern willkürlich gelenkt werden. Külpe führte ein Experiment durch, in dem Versuchspersonen die Aufgabe gestellt wurde, die räumliche Anordnung von Buchstaben auf einem Blatt zu erinnern. Gleichzeitig waren die Buchstaben einzeln eingefärbt. In der anschließenden Befragung konnten sich alle Personen gut an die Position der Buchstaben erinnern. Wurden sie nach der Farbe ge- fragt, mussten sie allerdings kapitulieren. Da mit der Aufgabenstellung die Aufmerksam- keit auf die Position der Buchstaben gelenkt wurde, drang die Farbe als Information nicht ins Bewusstsein (vgl. Internetquelle 5). Die Psychologie liefert verschiedene hypothetische Ansätze, die das Phänomen der se- lektiven Wahrnehmung behandeln, auf die ich im folgenden Abschnitt eingehen möchte.
Christian von Ehrenfels gilt Ende des 19. Jahrhunderts als Begründer der Gestalttheorie, zu der sich in verschiedenen Abweichungen zahlreiche Psychologen des anfänglichen
Die Beziehung der einzelnen Figuren auf dem Grund zueinander ist also das Entschei- dende für unsere Aufmerksamkeitsverteilung. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Ehrenfels spricht von Übersummativität. Er erklärt seine These damit, dass die Töne einer Melodie nicht absolut empfunden wer- den, also nicht jeder Ton für sich isoliert verarbeitet wird, sondern in Relation zueinander. Als Beweis bringt er an, dass Melodien in jede Tonlage transponiert und einfach wieder erkannt werden können. Die Kontur der Melodie ist das, was wir als Information spei- chern. Die These, dass die Grundmuster angeboren sind, wurde allerdings von zahlrei- chen Psychologen kritisiert (vgl. De La Motte Haber 1985, S.421). Zum besseren Verständnis sind hier die einfachsten der Gestaltgesetze aufgeführt, die aus Gründen der Einfachheit zwar visuell dargestellt werden, aber durchaus auch in au- ditiver Form ihre Gültigkeit haben.
Das auditive Äquivalent zu den visuellen Gestaltgesetzen (siehe Abb. 5) ist die subjekti- ve Rhythmisierung nach Meumann. Eine monotone Abfolge gleicher, auditiver Reize wird zu vermeintlichen Zweier- oder Dreiergruppen zusammengefasst (Hesse, S.145). Klopfen wir in zeitlich gleichen Abständen auf den Tisch, denken wir uns im Kopf auto- matisch die ‚Eins’ dazu.
Bruner und Postman erweiterten von Ehrenfels Theorie um die erfahrungsbasierte Kom- ponente und begründeten ihre Theorie der sozialen Wahrnehmung (oder Hypothesen-