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Wie gestaltet sich Rassismus nach Stuart Hall? Begleitet durch die Annahmen seiner Vordenker und im Vergleich zum heutigen Neo-Rassismus.
Art: Hausarbeiten
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genannten Werk beschriebenen Neo-Rassismus umreiße, werde ich einige Berührungspunkte zu Halls eher klassischen Rassismusbegriff herausarbeiten. Anschließend werde ich mich nach einer kritischen Stellungnahme zur Rassismus-Theorie Stuart Hall‘s auf eine Mikroebene begeben, um die Thematik meiner Hausarbeit abschließend anhand eines gesellschaftlichen Beispiels zu verdeutlichen, beziehe ich mich im vorletzten Kapitel auf „The Empire Strikes Back, Race and racism in 70s Britain“. Eines der zusammengetragenen Kapitel hat mich besonders inspiriert und soll daher näher diskutiert werden. Abschließend werde ich die ausgearbeiteten Ergebnisse zu meiner Leitfrage in einem Fazit zusammenfassen.
Nach dem britischen Soziologen Stuart Hall, ist Rassismus schwer zu definieren. In einem Zeitungsartikel schrieb er „‘Rasse‘ existiert nicht, aber Rassismus kann in sozialen Praxen produziert werden.“ (Hall 1989, S.913). Die hier erwähnten „sozialen Praxen“ dienen dazu, ausgewählte Bevölkerungsgruppen auf Grund ihrer physischen Merkmale zu klassifizieren. Innerhalb des rassistischen Diskurses entsteht somit ein „rassistisches Klassifikationssystem“ (Hall 1989, S.913), welches durch einen Diskurs der Differenz bestimmten Gruppen der Gesellschaft den Zugang zu materiellen oder symbolischen Ressourcen verweigert, auf Grund von sozialen, politischen oder ökonomischen Benachteiligungen (vgl. Hall 1989, S. 913 ff.). Aus der Funktion dieses Klassifikationssystems ergeben sich laut Hall rassistische Praxen bzw. Ausschließungspraxen, welche auf „rassischen“ Charakteristika beruhen. Stuart Hall unterstreicht, dass „alle ideologischen Praxen politische sowie ökonomische Existenzbedingungen, wie alle ökonomischen Praxen ideologisch mit bestimmt sind“ (Hall 1989, S.914), um den Glauben vieler Marxisten auszumerzen, das Ökonomische sei wichtiger als politische Praxen und den Rassismus als bloßes Fragment ökonomischer Praxen zu sehen. Wenn man, wie Stuart Hall, Rassismus als einen ideologischen Diskurs sieht, ergibt sich jedoch ein Ideologieproblem beziehungsweise eine ideologische Instanz: die Verknüpfung zwischen der Bedeutung und der Macht. Somit entstehen rassistische Ideologien, wenn die Bedeutungsproduktion mit Fragen der Macht verknüpft sind. Als den „inneren Raum des Rassismus“ (Hall 1989, S.919) beschreibt Stuart Hall nicht nur die Ausschließung von Gruppen von materiellen oder symbolischen Ressourcen, sondern
auch die Ausschließungspraxis in Hinsicht auf die Nation. Dies wird als „binäre Spaltung“ (Hall 1989, S.919) bezeichnet und gestattet der Gesellschaft sich in rassisch definierte Gegensätze einzuteilen. Durch die „Konstruktion des Anderen“ (Hall 1989, S.919) entwickeln sich Identitäten und der Identifikationsprozess wird in Gang gesetzt. Somit werden Charakteristika, die die eigene Bezugsgruppe nicht verkörpert, der ausgeschlossenen Gruppe automatisch zugeschrieben und dort fixiert. Nur im Gegensatz dazu, kann die Identitätsgemeinschaft ausmachen, welche Teile zu ihr gehören und welche der anderen sozial untergeordneten Gruppe zugeschrieben werden. Somit entsteht eine gegenseitige Abhängigkeit zwischen der Identitätsgemeinschaft und der ihr untergeordneten Gruppe, um eine klare Abgrenzung von ihr und den „konstruierten Anderen“ (Hall 1989, S.919) zu schaffen. Dabei ist aber zu beachten, dass die der anderen Gruppe zugeschriebenen Merkmale willkürlich gewählt werden (vgl. Hall 1989, S.919).
Einer der einflussreichsten Vordenker Stuart Hall‘s war der italienische Schriftsteller, Journalist, Politiker und marxistischer Philosoph Antonio Gramsci. Gerade hinsichtlich marxistischer Theorien wurde Hall stark von ihm beeinflusst und beruft sich gern auf Gramsci, wie beispielsweise im Rahmen seines Werkes „Ideologie Kultur Rassismus, Ausgewählte Schriften 1“. Darin stellt Hall seine Abneigung gegenüber der Denkweise vieler Marxisten dar, die ökonomische Ebene der Gesellschaft als wichtigsten Faktor anzusehen. Dennoch stellt er sich nicht komplett gegen die ökonomischen Faktoren, sondern befürwortet eher eine Mischung aus ökonomischen und soziokulturellen Grundlagen. Um dieses Konzept greifbarer zu machen bezieht er sich in dem oben genannten Werk auf Gramscis Definition von Hegemonie.
Antonio Gramsci war einer der einflussreichsten marxistischen Theoretiker des 20. Jahrhunderts (vgl. Räthzel 2000, S. 66). Während seiner 20-jährigen Gefangenschaft, auf Grund seiner politischen Präsenz, schrieb er die „Gefängnishefte“ welche sich als Grundgedanken seiner Werke herausstellten. Gramsci schrieb keine allgemeingültigen Theorien, sondern befasste sich eher mit konkreten Problemen, wie beispielsweise mit dem
ein breites Spektrum an betroffenen Bereichen wie beispielsweise politische, ökonomische oder ideologische Bereiche. Um eine Führung aus allen drei Bereichen zu ermöglichen, muss die Hegemonie alle Berührungspunkte mit der menschlichen Aktivität implizieren. Das Ende einer Hegemonie wird meist durch eine aufkommende Krise eingeläutet. Abschließend fasst Hall Gramsci‘s Hegemoniebegriff in drei aufeinander aufbauenden Punkten zusammen. Erstens, wenn eine Hegemonie anfängt sich in einer Gesellschaft auszubreiten, gewinnen soziale und politische Strömungen an Ansehen, die nicht auf Homogenität beruhen, sondern von Komplexität zeugen. Zweitens, beruht der jeweilige Rang innerhalb des „Produktionsprozesses“ (Räthzel 2000, S. 73) nicht auf der vorherigen Klasse, sondern wird durch Vereinigungen neu bestimmt. Als letztes betont Hall die Wichtigkeit der Bündnisbildung innerhalb einer Hegemonie, denn trotz der prinzipiellen gesellschaftlichen Klassenstruktur, enthalten die Prozesse eine umfangreiche soziale Ebene (vgl. Räthzel 2000, S. 73 ff.).
Um das Verhältnis zwischen Rassismus und Nationalismus näher zu erläutern, gilt es mehrere Themenbereiche zu beleuchten und zu analysieren. Im folgenden Verlauf dieses Kapitels, werde ich mich begrenzungshalber auf den Leitfaden Etienne Balibar‘s in seiner gemeinschaftlichen Niederschrift „Rasse, Klasse, Nation Ambivalente Identitäten“ stützen. Der Franzose beschreibt die Beziehung zwischen Nationalismus und Rassismus als ein wechselseitiges Verhältnis zwischen einer „normalen Ideologie und Politik“ (Balibar et al. 1998, S. 60), welche für den Nationalismus stehen und einer „extremen Ideologie und einem extremen Verhalten“, (Balibar et al. 1998, S. 60) die den Rassismus ausweisen. Die Analyse dieses Wechselspiels ist dennoch ein schweres Unterfangen, da beide Ideologien Vielseitigkeit aufweisen und viele verschiedene Verkettungen möglich sind (vgl. Balibar et al. 1998, S.60 ff.). Um diese Verkettung so gut wie möglich zu veranschaulichen, werde ich zuerst die beiden Begriffe Rassismus und Nationalismus nach Balibar zur Diskussion stellen. Etienne Balibar schreibt dem Rassismus verschiedene Typologien zu. Eine dieser Typologien betrifft die Unterscheidung zwischen dem „theoretischen (oder doktrinären) Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 50) und dem „spontanen Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 50) welcher sich auf rassistischen Vorurteilen aufbaut. Die ideelle Unterscheidung zwischen dem „nach innen gerichteten Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 50) und dem „nach außen gerichteten Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 50) ist fast
selbsterklärend. Denn der „nach innen gerichtete Rassismus“ richtet sich gegen Minoritäten im nationalen Raum, der „nach außen gerichtete Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 50) hingegen entspricht meist einer extremen Abneigung Aller außerhalb des nationalen Raumes. Diese Annahme setzt jedoch bestehende nationale Grenzen voraus, um den genannten Raum abzustecken, solche sind aber beispielsweise nicht im postkolonialen Raum gegeben (vgl. Balibar et al. 1998, S. 51). Fortlaufend, unterscheidet Balibar zwischen dem „selbstbezogenen Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 51), in welchem der aktiv Handelnde physische und symbolische Gewalt ausübt und sich selbst als zugehörig zur überlegenen Rasse sieht, und dem „fremdbezogenen-“/ „hetero-phobischen Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 51). Diese Typologie eines Rassismus weist anhand des Rassierungsprozesses ausgewählten Mitgliedern der Gesellschaft minderwertige Rassen zu (vgl. Balibar et al. 1998, S. 51). Die Unterscheidung zwischen dem „institutionellen“ und dem „soziologischen Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 51) ähnelt der Beziehung zwischen dem „theoretischen“ und dem „spontanen Rassismus“, aufgrund der kollektiven Dynamik des Rassismusbegriffs (vgl. Balibar et al. 1998, S. 51). Balibar fügt an, „Jeder historische Rassismus ist gleichzeitig institutionell und soziologisch“ (Balibar et al. 1998, S. 52). Die letzte Unterscheidung bedient sich der Methoden des Rassismus. Einerseits gibt es den „ausschließenden“ Rassismus, der die Betroffenen eliminiert um die ausgewählte Gesellschaft homogen zu halten. Auf der anderen Seite steht der „einschließende“ Rassismus, welcher nicht versucht die Betroffenen loszuwerden, sondern durch Hierarchisierung, Machtausübung und Ausbeutung von der Gemeinschaft fernzuhalten. Der Nationalismus hingegen ist laut Etienne Balibar schwerer einzuordnen, da er Teil einer Verkettung von Begriffen ist, welche stetig erneuert und erweitert wird. Dennoch unterscheidet er zwischen einem positiven und einem negativen Rassismus (vgl. Balibar et al. 1998, S.52). Der positive Nationalismus ist in seinem Kern harmonisch gestaltet und legt sein Hauptaugenmerk auf eine auf Recht basierende Gemeinschaft. Auch gegenüber anderen Nationalismen reagiert er friedsam, rechtfertigt sie sogar. Der negative Nationalismus hingegen, orientiert sein Grundwesen an radikaleren Methoden. Er vollstreckt sich durch eine auf Hass gegründete Gemeinschaft, die ihre Macht aus Zerstörung und Unterdrückung zieht. Andere Nationalismen werden grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. Balibar et al. 1998). Um die historische, wechselseitige Verflechtung
Das folgende Kapitel konzentriert sich auf die Konstruktion der „Anderen“ bei der Ausübung von rassischen Praxen am Beispiel unserer Gesellschaft. Um dies näher zu erläutern, stütze ich mich auf eines der Werke von Birgit Rommelspacher „Was ist eigentlich Rassismus?“, die in ihrer Niederschrift ebenfalls den Rassismus-Begriff nach Stuart Hall zur Diskussion stellt. Rommelspacher umschreibt Rassismus nach Stuart Hall als eine Zuschreibung von Merkmalen die relevant sind, um sich von einer bestimmten Gruppe abzugrenzen, angenommen die Merkmals-Zuschreibungen sind dazu da um soziale, politische oder wirtschaftliche Verhaltensweisen zu rechtfertigen, die diesen bestimmtem Gruppen den Zugang zu materiellen und symbolischen Ressourcen verweigern. Die Identitätsgemeinschaft erhält dadurch eine bevorzugte Stellung im Hinblick auf diese Ressourcen. Die ausgewählten Zuschreibungen der untergeordneten Gruppe sind dabei willkürlich gewählt (vgl. Rommelspacher 2009). Für Rommelspacher gibt es jedoch verschiedene Arten von Rassismus, die sich aufgrund ihrer Entstehungsbedingungen, Erscheinungsform und Funktion anders auf jeweilige Gesellschaften ausüben. Bei der Analyse dreierlei Faktoren ist es wichtig zu überprüfen, ob dadurch „ökonomische, politische oder kulturelle Dominanzverhältnisse legitimiert“ (Rommelspacher 2009, S.27) werden. Um dies näher zu erläutern, interpretiert die Autorin den kolonialen Rassismus und den Antisemitismus nach den bereits genannten Kriterien. Der Vorgänger des Antisemitismus ist der sogenannte Antijudaismus. Im Gegensatz zum Antisemitismus, welcher sozial-kulturelle Differenzen zu biologischen Differenzen neutralisiert, entspringt der Antijudaismus einer religiösen Differenzierung, um Feindschaften zu begründen. Somit beruht der Antisemitismus in seiner Entstehungsbedingung auf verschiedenen Formen der Feindschaft. Dem kolonialen Rassismus liegt ebenfalls eine Feindschaft zugrunde, in der mithilfe von biologischen Merkmalen einer Gruppe soziale Differenzen zugeschrieben werden wie beispielsweise „unzivilisiertes“ oder „primitives Verhalten“ (Rommelspacher 2009, S.25). In der Erscheinungsform des jeweiligen Rassismus unterscheiden sich der koloniale Rassismus und der Antisemitismus nach Rommelspacher, denn der Antisemitismus vollstreckt sich psychoanalytisch gesehen, über „Über-Ich-Projektionen“. Somit werden dem „konstruierten Anderen“ (Rommelspacher 2009, S.26) Attribute wie beispielsweise Intelligenz, Reichtum oder Macht im Übermaß zugeschrieben. Der koloniale Rassismus zeichnet sich über „Es-Projektionen“ aus, die „Anderen“ spezifische Triebhaftigkeit, Sexualität und Aggressivität nachsagt. In der jeweiligen Funktion unterscheiden sich die beiden Arten von Rassismus ebenso.
Der koloniale Rassismus würde heutzutage den konstruierten Anderen den Zugang zu Bildung und Arbeit aufgrund ihrer Differenzen Verweigern, somit eine „ökonomische Ausbeutung“ (Rommelspacher 2009, S.27). Der Antisemitismus hingegen, praktiziert vielmehr einen „Kampf um symbolische Macht und kulturelle Dominanz“ (Rommelspacher 2009, S.27), die meist auf antisemitische Stereotypen zurück zu führen sind. Wie dieser Vergleich gezeigt hat, gibt es auf den Ebenen der Entstehungsbedingung, der Erscheinungsform und der Funktion wesentliche Unterschiede um Feindseligkeiten auszuüben. Rommelspacher versucht die Frage, ob Antisemitismus überhaupt als Rassismus gewertet werden kann, mit dieser Vorgehensweise zu bejahen, kommt dabei aber zu keiner abschließenden Entscheidung. Jedenfalls ist laut der Autorin die Differenzierung aufgrund von religiös-kulturellen Faktoren kein Argument dagegen (vgl. Rommelspacher 2009).
In der Praxis lassen sich die im vorherigen Kapitel beschriebenen Konstruktion der „Anderen“ meist außerhalb der eigenen Gesellschaft finden, jedoch wird Rassismus auch innerhalb der eigenen Reihen praktiziert. Rollen und Erwartungshaltungen spielen dabei meist keine geringe Rolle. Durch ihre tagtägliche Erprobung erscheinen sie den meisten Individuen als so alltägliche Handlungsrichtlinien, dass sie kaum hinterfragt werden. Birgit Rommelspacher beleuchtet hierzu ein historisches Beispiel, den Nationalsozialismus. Der Nationalsozialismus richtete sich gegen diejenigen in der Gesellschaft, die von den Anhängern des Nationalsozialismus als „minderwertig“ oder nicht „der arischen Rasse entsprechend“ gelten. Um die „arische Rasse“ (Rommelspacher 2009, S.28) von Eindringlingen fernzuhalten, bedienten sich die Nationalsozialisten Methoden der „Auslese und Ausmerze“ (Rommelspacher 2009, S.28). Methoden dieser Art richteten sich vor allem „gegen behinderte Menschen, gegen sozial Abweichende und Deklassierte“ (Rommelspacher 2009, S.28), um sie in ihre Rolle als Außenseiter zu drängen. Heutzutage werden solche Verhaltensweisen jedoch nicht mehr als eine Art von Rassismus angesehen, sondern vielmehr als Feindlichkeit gegenüber Menschen mit Behinderung gedeutet. Bereits zur Zeit des Aristoteles gab es solche Verhaltensmuster, denn während seiner Epoche wurden Sklaven aufgrund von körperlichen Defiziten ausgewählt und somit in die Randgruppe der Gesellschaft befördert. Der griechische Philosoph selbst unterstellte den
Der Neo-Rassismus hingegen, richtet sein Hauptaugenmerk auf die Sicherung der kulturellen Differenz. Daher wird er oft auch als „Rassismus ohne Rasse“ (Balibar et al. 1998, S. 28) bezeichnet, da die soziokulturelle Ebene, die Beibehaltung strikter kulturellen Grenzen im Fokus stehen. Die klare Abgrenzung zum „Anderen“ nennt Stuart Hall in seiner Theorie die „Konstruktion des Anderen“, indem die eigene Identität nur über die Differenzierungsmerkmale des Gegenüber definiert werden kann. Durch den Entstehungsprozess des Neo-Rassismus wurden signifikante Teile des vorherigen Rassismus an die Moderne angepasst. Etienne Balibar umschreibt diesen Vorgang durch zwei „Umstülpungseffekte“ (Balibar et al. 1998, S. 29). Die erste Umstülpung bezieht sich auf den Übergang von der biologischen Signifikante hin zur soziologischen Signifikante. Es gibt nun also nicht mehr nur den biologischen Naturalisierungsprozess, sondern auch einen durch Kultur bestimmten (Balibar et al. 1998, S. 30). Wenn ein kultureller Naturalismus praktiziert wird, sind Kulturgrenzen jedoch von großer Bedeutung. Wenn es aber zu einer Vermischung dieser Grenzen kommt, werden Abwehrreaktionen wie beispielsweise Aggressivität oder ein „interethischer Konflikt“ (Balibar et al. 1998, S. 30) provoziert, welche der zweite „Umstülpungseffekt“ (Balibar et al. 1998, S. 29) umschreibt. Der Neo-Rassismus wird in seinem Wesen als „differentialistischer Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 30) aufgefasst. Denn hier nehmen wir nochmal den ersten Effekt genauer in Betrachtung, der besagt, dass innerhalb des Neo-Rassismus eher ein kultureller Naturalisierungsprozess zu tragen kommt, womit „race-relations“ (Balibar et al. 1998, S. 30) in Betracht gezogen werden und rassistisches Verhalten als natürlicher Faktor gilt (vgl. Balibar et al. 1998). Um den Rassismus in einer Gesellschaft zu vermindern, werden oft politisch organisierte Antirassistische Strömungen ins Leben gerufen. Solche dienen dazu, auf rassische Praxen in einer Gemeinschaft aufmerksam zu machen und untergeordnete Gruppen aus ihrer Misere zu verhelfen. Jedoch durch die gewollte Visualisierung der Differenz von einzelnen Gruppen, wird ihr Gemeinschaftsgefühl durchaus in Frage gestellt. Diese Provokation vermindert also nicht den Rassismus, worin die eigentliche Aufgabe des Anti- Rassismus besteht, sondern treibt ihn durch Schüren von Aggressivität voran. Der französische Soziologe Etienne Balibar beschreibt den „differentialistischen Rassismus“ daher auch als „Meta-Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 30) und führt als Beispiel den Antisemitismus an. Denn gerade dem Antisemitismus lässt sich eine Differenz aufgrund von kulturellen Faktoren nachsagen. Dennoch tragen biologische Merkmale auch zur
Differenzierung bei, werden aber auf einer psychologischen Ebene gewertet (Balibar et al. 1998). Stuart Hall führt in seiner Theorie zur „Konstruktion des Anderen“ ebenfalls das Beispiels des Antisemitismus auf. Nach Hall werden dabei „Über-Ich-Projektionen“ genutzt, um bestimmten Gruppen, um im Beispiel zu bleiben: Juden, positive Attribute die im Übermaß als negativ gewertet werden können oder gar negative Attribute zu zuschreiben. Dieser Prozess dient der Konstruktion des Selbst durch die Abgrenzung zum jeweiligen Gegenüber. Um den „kulturellen Rassismus“ auf ein aktuelles Thema herunterzubrechen, nehme man beispielsweise die Abneigung Vieler gegenüber Flüchtlingen. Auch sie werden, aufgrund angeblicher kultureller Bräuche oder Verhaltensweisen, als andersartig oder fremd angesehen. Zuschreibungen wie „Flüchtlinge seien zu aggressiv“ oder „Sie wissen nicht wie man sich in Deutschland verhält“ sind dabei nur die häufigsten Beispiele solcher Ausgrenzungen und werden automatisch auf die Gesamtheit der Flüchtlinge bezogen. Eine Folge der kulturellen Differenzierung bezieht sie wie bereits im zweiten „Umstülpungseffekt“ (Balibar et al. 1998, S. 29) erwähnt, auf die durch Provokation entstehende Aggressivität, welche auf der biologischen Ebene anzusiedeln ist. Animalisch gesehen will der Mensch somit nur sein eigenes Territorium durch Abgrenzung zu Anderen schützen. Abschließend lässt sich der Neo-Rassismus als „differentialistischer Rassismus“ (Balibar et al. 1998, S. 30) beschreiben, welcher sich über die kulturelle Differenzierung und somit über kulturelle Grenzen definiert. Anders als beim Rassismusbegriff Stuart Halls steht der Biologismus nicht mehr im Vordergrund, somit wird auch keine symbolische oder materielle Benachteiligung aufgrund physischer Zuschreibungen vollzogen. Biologische Instanzen bedienen sich im Neo-Rassismus anderer Ausdrucksweisen. Aufkommende Aggressivität, durch die Umstülpung des vermeintlichen Anti-Rassismus erweist sich beispielsweise als eine Verschiebung biologischer Differenzierung. Als Resultat lässt sich eine Verschiebung der gesamten Problematik des Rassismus feststellen. Die eigene Kultur als Ganzes gilt es von nun an zu verteidigen, nicht mehr nur das physische Selbst (vgl. Balibar et al. 1998, S.30 ff.).
Stuart Hall‘s Niederschriften sind dank seines hohen Ansehens in der Wissenschaft und seiner breit gefächerten Thematik weit verbreitet. Gerade seine Theorien zur Identitätsausbildung
werden also Stempel mit beispielsweise „illegal immigrants“ (CCCS und Hutchinson 1983, S.
Rassismus ist trotz vieler Aufklärung und bestehender Theorien weiterhin ein dunkler Bestandteil vieler Gesellschaften. Stuart Hall erläutert in seiner Theorie nicht nur den Aspekt, dass Rassismus die Klassifizierung aufgrund von biologischen Merkmalen beinhaltet. Sondern auch das eine wechselseitige Beziehung zwischen ausgrenzender und ausgegrenzter Partei entsteht, wodurch die ausgrenzende Partei ihre Merkmale definiert. Jedoch ist hierbei laut Hall zu beachten, dass die ausgrenzende Partei den „Anderen“ dabei willkürlich Merkmale zuschreibt. Definiert werden diese Merkmale lediglich darüber, dass sie nicht von der Identitätsgemeinschaft verkörpert werden (vgl. Hall 1989, S.919). Vergleicht man den Rassismus-Begriff nach Stuart Hall mit dem nach Etienne Balibar definierten Begriff des Neo-Rassismus, lassen sich verschiedene, gravierende Unterschiede feststellen. Es hat eine Verschiebung der Ausgrenzung stattgefunden. Denn Hall‘s Begriff des Rassismus grenzt Teile der Gesellschaft aufgrund von biologischen Aspekten von beispielsweise materiellen Gütern aus und es entsteht eine Klassifizierung. Der Neo- Rassismus nach Balibar bedient sich bei der Ausgrenzung der Kultur und nicht mehr der physischen Gegebenheiten des Individuums. Dadurch werden kulturelle Grenzen in Gesellschaften gezogen und Zuschreibungen wie beispielsweise Aggressivität getätigt (vgl. Balibar et al. 1998, S. 29 ff.). Abschließend lässt sich sagen, dass obwohl die hier aufgeführten Theorien in einem anderen Zeitalter entstanden sind, wohl momentan aktueller denn je sind. Sie diskutieren Themen und ordnen Situationen ein, die damals in anderer Form bestanden und dennoch besteht in vielen Gesellschaften Ausgrenzung und Rassismus aufgrund von biologischen oder kulturellen Merkmalen.