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Prüfungsschema Freiheitsrecht: Schutzbereich (Persönlicher Schutzbereich und Sachlicher Schutzbereich), Eingriff, Verfassungsrechtliche Rechtfertigung (Einschränkbarkeit des Grundrechts, Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes, Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts)
Art: Leitfäden, Projektarbeiten und Recherchen
Hochgeladen am 09.04.2020
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A. Die Prüfung eines Freiheitsrechts
Die Prüfung eines Freiheitsrechts ist grds. dreistufig ausgestaltet.^1 Zunächst muss der Schutzbereich eröffnet sein (I). In diesen muss ferner durch eine staatliche Maßnahme eingegriffen worden sein (II). Zuletzt stellt sich die Frage, ob dieser Eingriff verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden kann (III).
I. Schutzbereich
Im Rahmen der Prüfung des Schutzbereiches ist weiter zwischen dem persönlichen (1) und dem sachlichen (2) Schutzbereich zu unterscheiden.
1. Persönlicher Schutzbereich
Im Rahmen der Prüfung des persönlichen Schutzbereichs ist zu klären, ob die betreffende Person Träger des jeweiligen Grundrechts ist. Dies ist dabei für jedes Grundrecht individuell zu bestimmen. Grundrechtsberechtigt sind grds. alle natürlichen Personen. Allerdings sind einzelne Grundrechte auf deutsche Staatsangehörige beschränkt. Ausländer können sich folglich auf diese „ Deutschengrundrechte “ nicht berufen.^2 Etwas anderes gilt indes wegen des in Art. 12 EG-Vertrag verankerten Diskriminierungsverbots für Bürger aus der Europäischen Gemeinschaft. Ihnen muss aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts^3 das gleiche Schutzniveau zugestanden werden wie den Deutschen. Dogmatisch lassen sich hier zwei Wege beschreiten: Entweder man gestattet es diesen Personen, sich ebenfalls auf die entsprechenden Deutschengrundrechte zu berufen,^4 oder man legt das Auffanggrundrecht des Art. 2 I GG so aus, dass dieses das gleiche Schutzniveau bietet.^5 In einer Klausur sind beide Wege gangbar.
Tipp : Es erscheint angesichts des klaren Wortlauts tatsächlich etwas gewagt, auch EU-Ausländern zu gestatten, sich auf Deutschengrundrechte zu berufen. Insbesondere für die Klausurbearbeitung bietet dieser (zulässige) Weg jedoch Vorteile. So kann bei dieser Lösung die jeweilige spezielle Grundrechtsdogmatik (etwa Drei-Stufen-Theorie bei Art. 12 I GG) wie üblich geprüft werden und muss nicht erst über Umwege in eine Prüfung des Art. 2 I GG integriert werden.
Neben den natürlichen Personen können nach Maßgabe des Art. 19 III GG auch inländische juristische Personen Grundrechtsträger einzelner Grundrechte sein. Der Begriff der juristischen Person ist weit zu verstehen und umfasst nicht nur die juristischen Personen des Privatrechts im formalen Sinne, sondern alle Personenmehrheiten, sofern sie zumindest teilrechtsfähig sind.^6 Inländisch ist eine solche juristische Person, wenn sie ihren Sitz im Bundesgebiet hat.^7 Allerdings ist für juristische Personen aus dem EU-Ausland eine Ausnahme zu machen. Aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts können diese sich ebenfalls auf Grundrechte berufen. Voraussetzung gemäß Art. 19 III GG ist jedoch, dass die entsprechenden Grundrechte ihrem Wesen nach auf juristische Personen anwendbar sind. Dies
(^1) Sodan/Ziekow , Grundkurs Öffentliches Recht, § 24 Rn 2; Jarass/Pieroth , Vorb. Art. 1 GG Rn 14; Ipsen ,
2 Staatsrecht II Rn 105. 3 Für diese bleibt jedoch Art. 2 I GG als „Auffanggrundrecht“. 4 Zu diesem Grundsatz^ Thiele , Grundriss Europarecht, § 12. 5 So^ Bleckmann , Europarecht Rn 1651. 6 So^ Epping , Grundrechte Rn 541 f.;^ Mannsen , Staatsrecht II Rn 598. 7 Schmidt , Grundrechte Rn 58;^ Ipsen , Staatsrecht II Rn 52. Mannsen , Staatsrecht II Rn 72, auch zu der Frage, ob eine juristische Person von Deutschen „beherrscht“ werden muss, um sich auf Deutschengrundrechte berufen zu können.
ist dabei der Fall, wenn sie auch kollektiv ausgeübt werden können, also nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen anknüpfen.^8
Zu beachten ist, dass die soeben dargestellten Grundsätze allein für juristische Personen des Privatrechts gelten. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind demgegenüber (als Teil des Staates) grds. keine Grundrechtsträger. Der Staat ist Grundrechtsadressat und nicht Grundrechtsberechtigter ( Konfusionsargument ). Etwas anders gilt nach der Rechtsprechung jedoch dann, wenn die betreffende juristische Person unmittelbar dem durch die Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet ist ( sog. grundrechtsdienende juristische Personen ).^9 Aufgrund ihrer Selbständigkeit befinden sich diese in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage , die eine Grundrechtsträgerschaft bzgl. der entsprechenden Grundrechte ausnahmsweise rechtfertigt. Dies betrifft insbesondere folgende juristische Personen:^10
Die Prozessgrundrechte gelten zudem für alle juristischen Personen (also auch für ausländische oder öffentlich-rechtliche).^11 Dies ist Ausdruck der „Waffengleichheit“ vor Gericht.
2. Sachlicher Schutzbereich
Die Grundrechte schützen jeweils bestimmte Lebensbereiche und damit zusammenhängende Tätigkeiten. So schützt Art. 4 I, II GG den Bereich „Religion“, Art. 12 I GG den Bereich „Beruf“ und Art. 14 GG das Eigentum und das Erbrecht. Im Rahmen einer Klausur ist also zu untersuchen, ob sich die zu untersuchende Tätigkeit einem der geschützten Lebensbereiche zuordnen lässt. Ob dies der Fall ist, ist durch Auslegung zu ermitteln.^12
Hinweis : Im Rahmen einer Klausur müssen sie für diese Aufgabe die gängigen Definitionen der Tatbestandsmerkmale der einzelnen Grundrechte sicher beherrschen, um anschließend die jeweilige Tätigkeit hierunter subsumieren zu
Sollte sich dabei ergeben, dass keines der speziellen Grundrechte einschlägig ist, gilt es zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des BVerfG Art. 2 I GG als
(^8) Epping , Grundrechte Rn 161; Mannsen , Staatsrecht II Rn 73; Schmidt , Grundrechte Rn 59. (^9) BVerfGE 31, 314 (322). (^10) Siehe auch Mannsen , Staatsrecht II Rn 81 ff. (^11) Sachs , Verfassungsprozessrecht II, A 6 Rn 72. (^12) Schmidt , Grundrechte Rn 121; Sachs , Verfassungsrecht II, A 7 Rn 23 ff.
Sofern ein Eingriff in ein Grundrecht vorliegt, muss auf der dritten Stufe untersucht werden, ob dieser verfassungs-rechtlich gerechtfertigt werden kann.
1. Generelle Einschränkbarkeit des Grundrechts
In einer Gemeinschaft sind gewisse Grenzen der persönlichen Betätigungsfreiheit zwingend notwendig.^23 Viele Grundrechte sehen daher ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass sie durch ein formelles Gesetz eingeschränkt werden können ( sog. einfacher Gesetzesvorbehalt ).^24 So kann etwa die Versammlungsfreiheit für Versammlungen unter freiem Himmel gemäß Art. 8 II GG „durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden“. Weitere besondere Anforderungen an das Gesetz werden nicht aufgestellt. Andere Grundrechte hingegen erlauben eine Beschränkung nur zu bestimmten Zwecken oder mit bestimmten Mitteln ( qualifizierter Gesetzesvorbehalt ). Die Meinungsfreiheit kann gemäß Art. 5 II GG nur durch ein „allgemeines Gesetz“ eingeschränkt werden. Im Rahmen einer Klausur muss bei diesen Grundrechten daher untersucht werden, ob das einschränkende Gesetz diesen Anforderungen generell gerecht wird. Bei Art. 5 II GG wäre mithin zu untersuchen, ob es sich im konkreten Fall tatsächlich um ein solches „allgemeines Gesetz“ handelt. Bei einigen Grundrechten hingegen findet man keine entsprechende ausdrückliche Beschränkungsregelung ( sog. vorbehaltlos gewährleistete Grundrechte ).^25 Ein Beispiel ist die Kunst- und Wissenschaftsfreiheit in Art. 5 III 1 GG. Doch folgt aus der obigen Überlegung, dass auch diese Grundrechte in einer Gemeinschaft einschränkbar sein müssen. So könnte es offensichtlich nicht hingenommen werden, dass ein Künstler unter Berufung auf Art. 5 III 1 GG fremde Häuserfassaden mit seinen Werken „verschönern“ kann, ohne dass der Eigentümer dies untersagen könnte. Eine Lösung dieses Konflikts ergibt sich hier aus dem Grundsatz der Einheit der Verfassung : Diese vorbehaltlos gewährten Freiheiten können zum Schutz anderer Verfassungsgüter eingeschränkt werden.^26 Dies betrifft dabei insbesondere die Grundrechte Dritter , aber auch sonstige Staatszielbestimmungen (etwa Umwelt- und Tierschutz, Art. 20a GG). In einem solchen Fall müssen die kollidierenden Rechte im Wege der praktischen Konkordanz zu einem verfassungsmäßigen Ausgleich gebracht werden.^27 Dieses Prinzip verlangt, dass der Konflikt der kollidierenden Verfassungsgüter in einer Weise aufgelöst wird, die nach Möglichkeit beide Rechtsgüter optimal zur Geltung bringt.^28
Hinweis : Auch in den Fällen, in denen ein Gesetz den qualifizierten Schrankenbestimmungen eines Grundrechtes nicht genügt (wenn es sich also etwa
(^23) Sodan/Ziekow , Grundkurs Öffentliches Recht, § 24 Rn 14. (^24) Mannsen , Staatsrecht II Rn 149. (^25) Mannsen , Staatsrecht II Rn 150; (^26) BVerfGE 28, 243 (261). (^27) Hesse, Grundzüge des Verfassungsrechts Rn 317; Sodan/Ziekow , Grundkurs Öffentliches Recht, § 24 Rn 19 ff. (^28) Hesse , Grundzüge des Verfassungsrechts Rn 318; Schwerdtfeger , Öffentliches Recht in der Fallbearbeitung Rn
bei Art. 5 II GG nicht um ein „allgemeines Gesetz“ handelt), muss anschließend untersucht werden, ob eine Rechtfertigung nicht jedenfalls durch kollidierende Verfassungsgüter möglich ist. Dies folgt aus der Überlegung, dass ansonsten vorbehaltlos gewährte Grundrechte eventuell stärker einschränkbar wären, als solche, die von vornherein unter einem qualifizierten Gesetzesvorbehalt stünden.
Für alle Fälle gilt, dass die Beschränkung auf einem formellen Gesetz beruhen muss (Gesetzesvorbehalt).^29
2. Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
a) Formelle Verfassungsmäßigkeit
Das einschränkende Gesetz muss zunächst formell verfassungsgemäß sein. Es müssen also Zuständigkeit, Verfahren und Form gewahrt sein. Darüber hinaus verlangt Art. 19 I 2 GG, dass das beschränkende Gesetz die betroffenen Grundrechte unter Angabe der jeweiligen Artikel nennt ( Zitiergebot ).^30
b) Materielle Verfassungsmäßigkeit
Zudem muss das Gesetz auch materiell verfassungsgemäß sein. Dies setzt voraus, dass es dem Verhältnismäßigkeitsprinzip genügt (aa) und auch keine sonstigen materiellen Verstöße vorliegen (bb).
aa) Verhältnismäßigkeit
Die Einschränkung des betroffenen Grundrechts muss verhältnismäßig sein. Dieser Grundsatz spielt im Rahmen einer Grundrechtsprüfung eine überragende Rolle. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit erfolgt dabei in fünf Schritten:
Der Staat muss zunächst ein legitimes Ziel verfolgen. Legitim ist das Ziel grds. dann, wenn es dem Allgemeinwohl dient. Bei der Prüfung vorbehaltlos gewährter Grundrechte ist zu beachten, dass eine Beeinträchtigung nur zum Schutz kollidierender Verfassungsgüter in Betracht kommt. In einer Klausur müssten also an dieser Stelle die betreffenden Verfassungsgüter herausgearbeitet werden. Auch das zur Erreichung des Ziels verwandte Mittel muss zulässig sein. So wäre wegen Art. 5 I 3 GG etwa das Mittel der Zensur unzulässig. Die Prüfung der Verhältnismäßigkeit wäre also in diesem Fall bereits an dieser Stelle beendet. Sind weder Ziel noch Mittel zu beanstanden, sind diese anschließend an der „ Gebotstrias “ (Geeignetheit, Erforderlichkeit, Angemessenheit) zu überprüfen.^31 Geeignet ist das Mittel dann, wenn es den angestrebten Zweck zumindest fördert. Das handelnde Organ ist also nicht gezwungen, das effektivste Mittel zu wählen. Insbesondere bei der Überprüfung von Gesetzen ist an dieser Stelle zudem der Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers zu beachten. An einer Eignung mangelt es in diesen Fällen allein dann, wenn sich das Mittel als evident untauglich darstellt,
(^29) Mannsen , Staatsrecht II Rn 157 ff. (^30) Allerdings bestehen nach der Rechtsprechung des BVerfG zahlreiche Ausnahmen vom Zitiergebot. Siehe
31^ Jarass/Pieroth , Art. 19 GG Rn 3 ff. Katz , Staatsrecht, 15. Auflage Rn 205.
kollidierenden Interessen im konkreten Fall in einen verhältnismäßigen Ausgleich bringt.^38
I. Schutzbereich
1. Persönlicher Schutzbereich - Natürliche Personen - Juristische Personen nach Art. 19 III GG 2. Sachlicher Schutzbereich Lässt sich die Tätigkeit einem geschützten Lebensbereich zuordnen (beachte auch Art. 2 I GG als Auffanggrundrecht)? II. Eingriff
III. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
1. Einschränkbarkeit des Grundrechts - Einfacher Gesetzesvorbehalt? - Qualifizierter Gesetzesvorbehalt? - Vorbehaltloses Grundrecht? 2. Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes a) formelle Verfassungsmäßigkeit b) materielle Verfassungsmäßigkeit - Verhältnismäßigkeit - Sonstige materielle Anforderungen (Bestimmtheit, Wesensgehalt, Einzelfallgesetz) 3. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts (sofern gegeben) insbesondere Verhältnismäßigkeit
(^38) Epping , Grundrechte Rn 58. Noch genauer zwischen Auslegung und Anwendung des Gesetzes differenzierend Schlaich/Korioth , Das Bundesverfassungsgericht Rn 288.