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Diese lautgetreue Schreibung wird durch die Anlauttabelle, das wichtigste. Medium dieser Methode, ermöglicht. Schründer-Lenzen stellt fest, dass diese ...
Art: Übungen
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Universität Duisburg-Essen Fakultät für Geisteswissenschaften Schriftspracherwerb: Erwerb der Schreibkompetenz Dr. Ulrike Behrens Sommersemester 2018
Exemplarische Analyse und Vergleich vorgelegt von: Sanja Scheidig Lehramt an Grundschulen (B.A.) Zeichenanzahl (incl. LZ): 25. Abgabe am: 19. 09. 2018
2.1. Hintergrund Der Zugang zur Schrift und die damit einhergehenden Kompetenzen können in den Grundschulen auf verschiedene Weisen erworben werden. Jürgen Reichen (1939-2009), ein ehemaliger Grundschullehrer aus der Schweiz, vertritt mit seinem Konzept ‚Lesen durch Schreiben‘ einen schreiborientierten Zugang zur Schriftsprache. Erstmals veröffentlicht wurden seine Ideen 1981 in einer Lehrerzeitschrift der Schweiz, bevor sie sich bald darauf auch in Deutschland verbreiteten (vgl. Schründer-Lenzen 2013, S. 211f.). Reichen sieht den Schriftspracherwerb dabei als einen natürlich ablaufenden Prozess, der lediglich durch eine entsprechende Umweltgestaltung angeregt und unterstützt werden sollte (vgl. Kirschhock 2004, S. 96). Den Kindern wird eine (An-)Lauttabelle (Reichen selbst bezeichnet sie als ‚Buchstabentabelle‘) zur Verfügung gestellt, mit der sie selbstständig das Schreiben, und dadurch automatisch auch das Lesen, lernen sollen (vgl. Reichen 2008, S. 21). Sein Konzept basiert dabei grundlegend auf drei Prinzipien:
ebd., S. 28). Das Prinzip des ‚Selbstgesteuerten Lernens‘ basiert auf einer zentralen Ansicht von Reichen: „Kinder lernen um so(!) mehr, je weniger sie belehrt werden.“ (ebd., S. 29). Die didaktischen Maßnahmen und Eingriffe seitens der Lehrkraft sollen demnach minimiert werden, sodass die SuS durch Eigenaktivität das Lesen und Schreiben durch innere Vorgänge selbst erwerben können. Der Lernprozess soll dadurch selbstständig, individuell und ohne Zwang ablaufen (vgl. ebd., S. 29). Durchgeführt wird die Methode ‚Lesen durch Schreiben‘ im sogenannten ‚Werkstattunterricht‘. Dieses fächerübergreifende Konzept fokussiert nicht das Lesen und Schreiben isoliert, sondern stellt eine ganzheitliche Förderung in den Vordergrund, die z.B. die Sprachkompetenz, die Wahrnehmungsfähigkeit und das Konzentrationsvermögen einschließt (vgl. ebd., S. 26f.). Die Kinder sollen dabei aus einem breit gefächerten Angebot von Aufgaben aus verschiedensten Fächern wählen und diese dann individuell bearbeiten (vgl. ebd., S. 30f.). Die Vorteile eines solchen Unterrichts liegen u.a. in der Förderung von Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen, sozialen Kompetenzen sowie einer erhöhten Motivation und der Möglichkeit, den eigenen Interessen nachzugehen (vgl. ebd., S. 168f.). Reichen selbst betont, dass seine Methode ‚Lesen durch Schreiben‘ ein Leselehrgang sei und durch die Nutzung der Schrift die Fähigkeit des Lesens als Ziel habe und nicht die orthographisch korrekte Schreibung. Diese solle sich ebenfalls von selbst entwickeln und nicht durch didaktische Eingriffe gestört werden. Er kritisiert außerdem die starke Fokussierung auf Rechtschreibung in unserer Gesellschaft und hält sie selbst nicht für übermäßig bedeutsam (vgl. Reichen 2008, S. 114-143). 2.2 Die (An-)Lauttabelle In Reichens Konzept zum Schriftspracherwerb stellt die (An-)Lauttabelle das wichtigste Medium des Unterrichts dar (vgl. Schründer-Lenzen 2013, S. 218), weshalb Funktion und Zielsetzung dieser noch einmal kurz erläutert werden sollen. Da jedoch die meisten (An-)Lauttabellen nicht ausschließlich Anlaute enthalten, wird das Präfix hier in Klammern gesetzt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass einige Laute des Deutschen nicht im Anlaut vorkommen und ansonsten nicht abgebildet werden könnten (vgl. Bredel/Fuhrhop/Noack
Topsch 2005, S. 71-73), da Phonemanalyse eine komplexe und schwierige Aufgabe ist. Die Phonem-Graphem-Korrespondenz kann mit der (An-)Lauttabelle allerdings gut eingeübt werden und auch das freie Schreiben wird gefördert (vgl. Jeuck/Schäfer 2017, S. 121).
Bevor sich nun mit den beiden exemplarisch ausgewählten (An-)Lauttabellen befasst wird, sollen zunächst die Kriterien, die der Analyse zugrunde liegen, erläutert werden. Hierfür wird auf ein Kriterienraster zurückgegriffen, das von Susanne Riegler für eine sachgemäße Prüfung solcher Tabellen entwickelt wurde (2009, S. 16-19). Dieses umfasst vier Punkte:
1. Laut- statt Anlauttabelle Um den Phonembestand des Deutschen annähernd vollständig abbilden zu können, darf sich eine Lauttabelle nicht auf die Anlaute von Wörtern beschränken, da ansonsten wichtige Phoneme wie /ŋ/ (z.B. ‚Kla ng ‘) außen vor bleiben würden (vgl. ebd., S. 16). 2. Zuordnung von Phonemen zu Basisgraphemen Die Arbeit mit einer (An-)Lauttabelle soll den Kindern dabei helfen, die grundlegenden Phonem-Graphem-Zuordnungen zu erlernen. Hierfür ist es wichtig, dass jedes Phonem der Tabelle das Basisgraphem, also das Graphem, das dem Phonem statistisch gesehen am häufigsten zugeordnet wird (vgl. Thomé 2006, S. 370), repräsentiert. So stellt z.B. das
4. Systematische Ordnung der Laute Arbeitet ein Kind mit der (An-)Lauttabelle, so orientiert es sich an den Lauten und sucht entsprechend dieser die passenden Grapheme. Daraus folgt, dass die Tabelle nach Lauten strukturiert sein sollte, d.h. Einteilungen in Vokale, Diphthonge und Konsonanten vornehmen sollte. Letztere können dabei weiter nach ihrer Artikulation in Plosive (Verschlusslaute), Frikative (Reibelaute) und Nasale gegliedert werden (vgl. Riegler 2009, S. 17f.). Zusätzlich soll noch das Kriterium der Eindeutigkeit der Abbildungen mit aufgenommen werden, da sich auch die genutzten Bilder für die Phonemrepräsentation in (An-)Lauttabellen oft unterscheiden. Zwar gibt es kaum Bilder, bei denen eine Verwechslung bzw. Missinterpretation unmöglich ist, jedoch werden manche Abbildungen eher falsch verstanden als andere.
Die vorgestellten Kriterien sollen nun verwendet werden, um zuerst die (An-)Lauttabelle nach Jürgen Reichen (neue Version) und anschließend die der Fibel Tinto zu analysieren und damit einer qualitativen Überprüfung zu unterziehen. Als Orientierung wird dafür der Analysebogen für Lauttabellen nach Riegler (2009, S. 19) benutzt.^2 4.1. (An-)Lauttabelle Reichen (neue Version) Die Tabelle besteht grundlegend aus einem Torbogen und einem darunter befindlichen Rechteck. Insgesamt beinhaltet sie 36 Grapheme (siehe Anhang Abbildung 1). (^2) Anmerkung: die Autorin ordnet auf dem Analysebogen dem Phonem /s/ das Basisgraphem <ß> zu und bezieht sich dabei auf eine Tabelle von Thomé (1995, S. 303-305). In dieser Tabelle wird jedoch das als Basisgraphem für /s/ angeführt. Es scheint sich dabei um eine fehlerhafte Übernahme zu handeln, und da auch in einem neueren Beitrag von Thomé (2000, S. 13) das als Basisgraphem für /s/ angeführt wird, wird dies auch in dieser Arbeit so gehandhabt.
Verwirrung bei den Kindern führen kann. Um dies zu vermeiden sollten
4. Systematische Ordnung der Laute Der Torbogen der Tabelle teilt die Laute in Vokale und Umlaute (oberer Teil) und in Konsonanten (die beiden Säulen des Bogens). Die Diphthonge /ai/ (‚ Ei chhörnchen‘) und /au/ (‚ Au to‘) stehen dabei direkt unter den Vokalen, /ɔy/ (‚ Eu le‘) jedoch befindet sich abseits in dem unten stehenden Rechteck. Auch das <ä> (‚ Ä pfel‘) befindet sich abseits der anderen Umlaute, was jedoch damit begründet werden könnte, dass es in diesem Fall die Ausnahme für das Phonem /ɛ/ bildet. Logischer wäre es, dieses als Repräsentation von /ɛ:/ zu den anderen Umlauten hinzuzufügen. Die Plosive dagegen sind vollständig in Gruppen geordnet, wobei sich die stimmhaften (/d/, /g/, /b/) und die stimmlosen (/t/, /k/, /p/) gegenüberstehen. Auch die Nasale /m/, /n/ und /ŋ/ stehen in der Tabelle untereinander. Lediglich die Frikative (wie /f/, /ʃ/ oder /v/) scheinen willkürlich verteilt zu sein. Im Rechteck unter dem Torbogen befinden sich die Ausnahmeschreibungen
Umlaut /ʏ/ (wie in ‚M ü tze‘) sowie der Schwa-Laut /ə/ (wie in ‚Rab e ‘). Letzterer könnte zwar auch hier durch die ‚Ent e ‘ repräsentiert werden, diese dient aber wahrscheinlich, wie auch bei Reichen, zur Repräsentation des Anlauts /ɛ/.
2. Zuordnung von Phonemen zu Basisgraphemen Bei diesem Punkt lässt sich erneut das Problem des ‚Igels‘ feststellen. Das /i:/ wird erneut dem zugeordnet, welches jedoch nicht das Basisgraphem ist. Gleichzeitig wird ganz unten in der Tabelle das /i:/ durch ‚Kn ie ‘, und damit durch das Basisgraphem (‚Bu s ‘) sowie bei
mit nur zwei fehlenden Lauten (/ʏ/, /ə/) wesentlich geringer als bei der Version von Reichen. Das Graphem
Nach durchgeführter Analyse der Lauttabelle nach Reichen und der Version aus Tinto, zeigen die vorliegenden Ergebnisse durchaus qualitative Unterschiede zwischen den beiden sowie auch einige Schwachstellen. Hartnäckig hält sich dabei vor allem die nicht sinnvolle Zuordnung von /i:/ zu durch den Igel sowie /ɛ/ zu <ä> durch die Äpfel. Auch enthält Tinto durch die Aufnahme von insgesamt sechs weiteren Graphemen viele im Deutschen nicht als Basisgrapheme vorkommende Grapheme. Vor allem zu Beginn sollte deshalb eine gekürzte Version von Tinto eingesetzt werden, um die SuS nicht zu überfordern und zu verunsichern. Welche von den beiden untersuchten Versionen aber tatsächlich geeigneter ist, lässt sich nicht eindeutig sagen, da beide sowohl Vor- als auch Nachteile aufweisen. Dies ließe sich nur durch den konkreten Einsatz beider Tabellen im Unterricht und anschließender Beobachtung und Befragung der SuS feststellen, was aber im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich ist und somit auf weitere Forschung angewiesen ist.
Thomé, Günther (1995): Über die Konzeption von Anlauttabellen. Oder: Schreiben wir mit Buchstaben? In: Brügelmann, Hans/Balhorn, Heiko/Füssenich, Iris (Hrsg.): Am Rande der Schrift. Zwischen Sprachenvielfalt und Analphabetismus. Lengwil: Libelle, S. 299-305. Thomé, Günther (2000): Linguistische und psycholinguistische Grundlagen der Orthografie. In: Valtin, Renate (Hrsg.): Rechtschreiben lernen in den Klassen 1-6. Grundschulverband - Arbeitskreis Grundschule, S. 12-16. Thomé, Günther (2006): Entwicklung der basalen Rechtschreibkenntnisse. In: Bredel, Ur- sula/Günther, Hartmut/Klotz, Peter/Ossner, Jakob/Siebert-Ott, Gesa (Hrsg.): Didak- tik der deutschen Sprache. Ein Handbuch. 1. Teilband. Paderborn: Schöningh, S. 369-
Topsch, Wilhelm (2005): Grundkompetenz Schriftspracherwerb. Methoden und handlungs- orientierte Praxisanregungen. 2., überarb. und erw. Aufl. Weinheim und Basel: Beltz. Von Bredow, Rafaela/Hackenbroch, Veronika (2013): Die neue Schlechtschreibung. Online verfügbar unter http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-98091072.html (Abruf: 16.
Abbildung 1: Lauttabelle Reichen (neue Version) Online verfügbar unter https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.rechtschreibung-filen- eltern-sten-die-hare-zu-berge-page1.b2e704cc-8dbc-4cd2-b5ad-b3a406191b6e.html (Abruf: 16. 09. 2018).